Charakteristisch für die parteipolitische Struktur Brandenburgs war seit 1990 die herausragende Stellung der SPD in einem Parteiensystem, das von zwei weiteren großen sowie kleineren Parteien geprägt wurde. Dies hat sich in den letzten Jahren verändert.
Das demokratische Parteiensystem im Land Brandenburg ist historisch gesehen noch jung - es entwickelte sich während und nach der Friedlichen Revolution von 1989/90. SPD, CDU und Die Linke waren rund 25 Jahre am deutlichsten im Land verankert.
Dies hat sich jedoch verändert. Schon zu den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen im Jahr 2019 wurde deutlich, dass die drei Parteien erheblich an Zustimmung eingebüßt haben, während die AfD und Bündnis 90/Die Grünen deutlich gestärkt wurden.
Bei den Kommunalwahlen 2024 erhielt die AfD in 16 der 18 Landkreise und kreisfreien Städte die Mehrheit der Stimmen. Die SPD wurde in Potsdam stärkste Kraft, die CDU in Potsdam-Mittelmark.
Auf Landesebene stellt die SPD seit der Neugründung des Landes Brandenburg im Jahr 1990 den Ministerpräsidenten.
Vergleichsweise geringe Mitgliederzahlen in allen Parteien
Die nachstehenden Grafiken zeigen die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Parteien, die in den verschiedenen Legislaturperioden im Landtag Brandenburg vertreten waren.
Stabile Veränderung
Die Parteienlandschaft in Brandenburg ist relativ stabil, wenn man auf die Parteien in Regierungsverantwortung schaut. Diese Beobachtung wird auch durch wechselnde Bündnisse nicht grundlegend in Frage gestellt. Die bemerkenswerteste parteipolitische Veränderung ist in der Stärkung von Bündnis90/Die Grünen und der AfD zu sehen.
Die Linke ging als PDS aus der DDR-Einheitspartei, der SED, hervor. Von 2009 bis 2014 bildete sie als Juniorpartner zusammen mit der SPD die Regierungskoalition. Seit der Landtagswahl 2019 ist sie im Landtag Brandenburg als zweitstärkste Oppositionspartei vertreten.
Die CDU war von 1999 bis 2009 an der Koalitionsregierung mit den Sozialdemokraten beteiligt. Nach der Landtagswahl 2019 wurde sie neben Bündnis90/Die Grünen erneut Koalitionspartner in der SPD-geführten Regierung.
Bündnis 90/ Die Grünen zählen in der brandenburgischen Parteienlandschaft zu den kleineren Parteien. Ihr Wählerpotential ist vergleichsweise gering und damit typisch für die Partei in allen ostdeutschen Ländern. Die Wahlbasis ist jedoch stabil, so dass die Grünen seit 2009 im Landtag Brandenburg kontinuierlich vertreten sind. Seit 2019 bilden sie zusammen mit der SPD und CDU die Regierungskoalition.
Die FDP gehört in Brandenburg ebenfalls zu den kleineren Parteien mit einem eher geringen Wählerpotential. Die Partei schaffte den Wiedereinzug in den Landtag 2014 und 2019 nicht.
Die Alternative für Deutschland (AfD) gilt als wichtigste Neugründung der letzten Jahre. Der Landesverband Brandenburg wurde im Herbst 2013 gegründet und schaffte zu den Landtagswahlen 2014 aus dem Stand den Einzug ins Landesparlament. Zur Bundestagswahl 2017 erhielt sie in Brandenburg die meisten Stimmen nach der CDU, zur Europawahl 2019 wurde sie stärkste Kraft im Land und landete zur Landtagswahl mit knappem Abstand auf Platz 2 hinter der SPD. Sie ist die stärkste Oppositionsfraktion im Landtag Brandenburg.
Als größte unabhängige Wählervereinigung ist seit 2008 die Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen /Freie Wähler (BVB/Freie Wähler) aktiv. Sie bündelt verschiedene freie Wählergruppen und Bürgerinitiativen. Nach Erfolgen auf der kommunalen Ebene gelang es ihr 2014 auch auf der Landesebene Fuß zu fassen. Eine Sonderregelung in der Brandenburger Verfassung ermöglichte den Einzug in den Landtag über ein Direktmandat. Zur Landtagswahl 2019 erreichte sie erstmals die 5 Prozent-Hürde und ist damit erneut im Landtag vertreten. Durch den Übertritt eines ihrer Abgeordneten zur AfD im November 2023 verloren die BVB/Freie Wähler ihren Status als Fraktion im Landtag und sind seitdem dort als Gruppe mit vier Abgeordenten vertreten.
Zur Landtagswahl am 1. September 2019 haben sechs Parteien den Einzug in den Landtag geschafft. Bis zur nächsten Landtagswahl 2024 bestimmen ihre Fraktionen und Abgeordneten wesentlich die Politik des Landes.
Wahlbeteiligung von unter 50 bis unter 70 Prozent
Die nachstehende Grafik zeigt die Wahlbeteiligung zu den Landtagswahlen in Brandenburg seit 1990. Die Wahlbeteiligung und die dahinter stehende politische Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist in westlichen Demokratien ein wichtiger Hinweis auf die Rechtmäßigkeit des politischen Systems.
Die gesellschaftlichen Veränderungen seit der Wiedervereinigung haben auch die brandenburgische Parteienlandschaft geprägt. Typisch ist das Fehlen eines stabilen, ausreichend großen und politisch aktiven jungen Wählerpotentials. Durch die Abwanderung vieler junger Menschen wird diese Entwicklung noch verstärkt. Darüber hinaus ist die Mitgliederbasis vergleichsweise dünn. Die Parteien in Brandenburg haben bei 2,5 Mio. Einwohnern rund 23.000 Mitglieder. Damit sind noch nicht einmal ein Prozent aller Einwohner Mitglied einer politischen Partei. Die AfD sowie Bündnis 90/Die Grünen haben zuletzt einen größeren Mitgliederzuwachs verzeichnen können, der jedoch am Gesamtbild nichts ändert.
In der Fläche des Landes sind die Parteien vergleichsweise schlecht vertreten. Das sieht man besonders deutlich bei den Kommunalwahlen. Zu den Wahlen 2024 errang die AfD so viele Stimmen, dass sie personell nicht alle ihr zustehenden Sitze in den Gemeindevertretungen besetzen konnten. Die unbesetzten Sitze bleiben nun bis zur nächsten Wahl frei.
Auf kommunaler Ebene treten zudem zunehmend Kandidatinnen und Kandidaten von Bürgerinitiativen sowie Parteilose an. Alle Organisationen brauchen dringend neue, möglichst junge Mitglieder, die sich für Demokratie und Gemeinwesen engagieren.
Anzahl der Parteien zu Landtagswahlen vielfältig und stabil
Die nachstehende Grafik zeigt, wie viele Parteien an den Landtagswahlen in Brandenburg seit 1990 teilgenommen haben. Die Anzahl der Parteien ist dabei relativ stabil.
Politische Parteien bilden das Rückgrat der parlamentarischen Demokratie und sind als solche unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung legal und von besonderen Privilegien geschützt und unterstützt. Das führt zum Paradox, dass die Demokratie auch mit legalen Mitteln des demokratischen Parteienwettbewerbs beschädigt werden kann.
BLPB, Juli 2024 (erstmals veröffentlicht: Mai 2016)
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Gut erklärt.Hilfreich für die Wahl 21
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