
Seit Jahren schon beunruhigt die politische Entwicklung Ungarns weite Teile der europäischen Öffentlichkeit. Mit dem erdrutschartigen Wahlsieg Viktor Orbáns und seiner nationalkonservativen Partei Fidesz im Jahr 2010 haben Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit Einzug gehalten.
Orbán wendet sich bewusst von Europa ab und wettert gegen Bürokraten in Brüssel, denen er vorwirft, das Land seiner Souveränität berauben zu wollen. Längst wurden wichtige Posten in Kultur, Verwaltung und öffentlich-rechtlichen Medien mit Regierungsanhängern besetzt. Eine neue Verfassung stärkt Fidesz den Rücken, und eine schlagkräftige Opposition, die Fidesz noch etwas entgegenzusetzen vermag, ist nicht in Sicht.
Nun ist seit kurzem unter dem Namen Momentum in Ungarn eine neue politische Bewegung junger Intellektueller aktiv. „Wir wollen nicht nur Premier Viktor Orbán ablösen, sondern die ganze politische Elite“, erklärte Andras Fekete-Györ, Vorsitzender der vor kurzem gegründeten Bewegung. „Wir wollen nicht emigrieren, das Land nicht verlassen, sondern bleiben und alles für die Erneuerung der politischen Kultur unternehmen“. Momentum kämpft für ein europafreundliches, demokratisches Ungarn und hofft hierfür insbesondere auf die Unterstützung der jüngeren Generation.
Gäste:
- Gábor Kerpel-Fronius, Blogger
- András Fekete-Györ, Jurist, Aktivist und Gründer von MoMo
- Dániel Hegedüs, research consultant bei Freedom House
Moderation: Frauke Havekost
Die Veranstaltung ist teilweise in ungarischer Sprache mit Konsekutivübersetzung.
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Kommentare
KommentierenGibt es noch Hoffnung? Ja!
Die BesucherInnen der Veranstaltung mussten am Ende doch lachen, nachdem der Vortrag von Dániel Hegedüs ein sehr ernstes Bild vom Zustand der demokratischen Gesellschaft in Ungarn gezeichnet hatte. Staatlich geplante und gesteuerte Korruption, Rechtsbeugung, Abbau demokratischer Strukturen - all das habe Ungarn in eine tiefe Demokratiekrise geführt.
András Fekete-Györ, Jurist, Aktivist und Gründer von Momentum, sorgte danach für ein fast aufatmendes Lachen im Publikum, als er seinen Vortrag mit einem klaren Ja begann. "Ja, - es gibt Hoffnung für die Demokratie in Ungarn". Er hat mit Momentum eine Bewegung ins Leben gerufen, die seit einem Jahr enormen Zulauf erhält und praktisch im Alleingang die Olympiabewerbung Ungarns zu Fall gebracht hat, ein Prestigeprojekt von Ministerpräsident Viktor Orbán. Momentum konnte Hunderttausende Gegenunterschriften sammeln.
In der Diskussion mit den Teilnehmenden, unter ihnen auch Deutsch-Ungarn sowie Studenten aus Deutschland, die in Ungarn an Demonstrationen teilgenommen hatten, war dennoch die Sorge zu spüren, Ungarn könnte den autoritären Weg zu Ende gehen und am Ende vielleicht sogar aus der EU ausscheiden.
Viel würde von der Politik der EU gegenüber Orbán abhängen, darin waren sich die Referenten einig. András Fekete-Gyor schloss unverdrossen optimistisch mit den Worten "Ich bin Europäer".
Wir auch.
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