Unsere Demokratie lebt vom Wettstreit der Interessen und zugleich auch von der vielfältigen Expertise gesellschaftlicher Stakeholder. Fachlich kompetente Beratung ist eine der unabdingbaren Grundlagen für parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Die Politik muss auf unabhängige Expertise zurückgreifen können.
Jedoch ohne das praktische Erfahrungswissen aus den Unternehmen, den Sozialverwaltungen und anderen Bereichen der Gesellschaft wären Politikerinnen und Politiker kaum in der Lage, Auswirkungen parlamentarischer Entscheidungen realistisch einschätzen zu können. Freilich sollten Einflussnahmen insbesondere aus dem Raum der Wirtschaft mit offenem Visier erfolgen.
Wählerinnen und Wähler als der demokratische Souverän brauchen diese Transparenz vor dem Urnengang. Die in der Demokratie zugewiesene Macht und ihre Legitimation gründen auf Vertrauen, das durch Transparenz gestützt werden muss. Wählerinnen und Wähler müssen wissen können, wer wen mit welchem Aufwand berät und wie viele Spenden an welche Partei fließen.
Das Handeln von Politikern wird gerade durch Transparenz vom Verdacht der Manipulation entlastbar. Im Verborgenen wirkende Machtsphären bedrohen die Legitimität von Regierung, Parlament und Parteien. Nach evangelischem Verständnis gibt es einen konstitutiven Zusammenhang von freiheitlichen Ordnungen einerseits und verantwortlichem Handeln, dessen Träger für die Folgen ihrer Entscheidungen auch zu haften bereit sind, andererseits.
Moderne Lobbyarbeit unterscheidet sich von der verbandlichen Interessenvertretung vergangener Jahrzehnte. Damals galt zuerst der Anspruch einer pluralistischen Demokratie, Interessenkonflikte im gesellschaftlichen Vorfeld zu entschärfen. Interessengruppen waren zudem so breit aufgestellt, dass sie zugleich breitere Anliegen der Gesellschaft zu vertreten hatten.
Das moderne Lobbying hat sich mit der Zeit immer stärker spezialisiert. Politikberatung erfolgt inzwischen punktueller, situationsbezogener und unabhängiger von größeren Verbänden. Berlin und Brüssel weisen eine vielgestaltige Beratungslandschaft auf, in der zahlreiche einzelne Unternehmen Verbindungsbüros zur Exekutive unterhalten.
Im Fokus der Tagung wird unter anderem die Bewältigung der Bankenkrise ab Herbst 2008 stehen. Dabei soll diskutiert werden, ob die neuen und vielgestaltigen Formen der Politikberatung über genügend Checks and Balances verfügen, die demokratische Beteiligung und letztlich den Interessenausgleich gewährleisten und dem Gemeinwohl dienen.
Programm:
Donnerstag, den 17. November 2011
12.30 Uhr Anmeldung
13:45 Uhr Begrüßung und Einführung
14.00 Uhr Die offene Gesellschaft und ihre Freunde
- Bernd Ziesemer, Geschäftsführer Corporate Publishing, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
15.00 Uhr Kaffeepause
15.30 Uhr Panel: Die neuen Spielarten des Lobbyismus
- Prof. Dr. Peter Lösche, Seminar für Politikwissenschaft, Georg-August Universität Göttingen
- Prof. Dr. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland e.V.
- Peter Kurth, Präsident, Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V., Berlin
- Bernd Ziesemer
17.30 Uhr Pause
18.00 Uhr Panel: Seitenwechsel als Konflikte und Chancen
- Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin, Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V., Berlin
- Hildegard Müller, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, Berlin
19.30 Uhr Tagesausklang
Freitag, den 18. November 2011
9.30 Uhr Einlass
10.00 Uhr Die Bedeutung des Interessenausgleichs in der Finanzkrise
- Dr. Hans-Dieter Holtzmann
- Direktor, Deutsche Bank AG
- Prof. Dr. Jörg Hübner
Evangelisch-Theologische Fakultät, Ruhr-Universität Bochum
11.30 Kaffeepause
12.00 Uhr Beobachtungen und Resümee
- Antje Schneeweiß, Südwind Institut, Siegburg
12.30 Uhr Diskussion im Plenum
13:00 Uhr Ausklang der Tagung
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