Jeder achte Deutsche ist direkt mit jemandem verwandt, der Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsprogramme gegen psychisch Kranke oder geistig und körperlich Behinderte wurde. Auch Sigrid Falkenstein gehört dazu. Durch Zufall erfuhr sie vom Schicksal ihrer Tante Anna und beschäftigt sich seither eingehend mit dem Thema Euthanasie. Mehr als 300.000 Menschen wurden von den Nationalsozialisten im Sinne ihrer Rassen- und Erbhygiene ermordet. Sie galten als „minderwertig und lebensunwert“.
Die Verbrechen wurden lange vertuscht, viele Familien verdrängten die Erinnerung und verschwiegen das Schicksal betroffener Angehöriger. Die Autorin gibt ihnen wieder ein Gesicht. Ausgehend von ihrer eigenen Familiengeschichte berichtet sie von dem Vernichtungsfeldzug gegen diejenigen, die aus Sicht der Nationalsozialisen nicht der „Norm“ entsprachen. Die Schatten der Vergangenheit reichen bis heute und prägen unseren Umgang mit Behinderten sowie den Themen Sterbehilfe und Präimplantationsdiagnostik.
Sigrid Falkenstein, geboren 1946, wuchs im Ruhrgebiet auf, bevor sie 1971 nach Berlin zog, wo sie als Lehrerin arbeitete. Mit großem Engagement setzt sie sich u. a. in Zusammenarbeit mit der Stiftung Topographie des Terrors für das Gedenken der Opfer der NS-„Euthanasie“ ein.
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Kommentare
KommentierenSensibler Umgang...
...mit einem sensiblen Thema. Ich denke, gerade der persönliche Bezug von Frau Falkenstein hat einen ganz besonderen, einfachen Zugang zu diesem Thema ermöglicht. Nackte Statistiken nützen dem historisch-politisch interessierten Laien wenig, die Beschreibung einer Spurensuche hingegen macht Unfassbares ein bisschen greifbarer. Die Fragen aus dem Publikum waren auch vornehmlich auf die Erfahrungen von Frau Falkenstein bezogen - was meine These des erfolgreichen Zugangs untermauert.
Anna hat an diesem Abend ihren Namen und ihre Geschichte zurückbekommen, wenn auch nur in kleinem Kreis.
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