Demokratie und Extremismus - beide Begriffe sind politisch und wissenschaftlich umstritten. Dem politischen Extremismus werden vor allem das Links-Rechts-Spektrum sowie der Islamismus in seiner gewaltbereiten, terroristischen Variante zugeordnet.
Beide Begriffe sind politisch und wissenschaftlich umstritten. Als extremistisch bezeichnet der Verfassungsschutz Bestrebungen, die die demokratische Grundordnung ablehnen und beseitigen wollen. Diesem politischen Extremismus werden vor allem das Links-Rechts-Spektrum sowie der Islamismus in seiner gewaltbereiten, terroristischen Variante zugeordnet.
Damit wird Extremismus jedoch nur als Randerscheinung begriffen und in der Öffentlichkeit auch entsprechend wahrgenommen. Staatliche Behörden hingegen geraten ebenso wie die Mitte der Gesellschaft, das heißt die Mehrheit der Bevölkerung, aus dem Blickfeld.
Eben das könnte insbesondere in Krisenzeiten zur Gefahr für die Demokratie werden. Der Aufstieg der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik ist ein einprägsames Beispiel dafür, aber auch die Welle rechter Gewalt, die zu Beginn der 1990er Jahre die neuen Bundesländer erschütterte, gerade als diese den Übergang von der Diktatur in die Demokratie zu bewältigen hatten - mit all seinen wirtschaftlichen, politischen und nicht zuletzt mentalen Begleiterscheinungen.
Die enthemmte Mitte
Extremistische Einstellungen sind laut einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung (2016) weit verbreitet. Zu beobachten sei eine Spaltung und Radikalisierung der Gesellschaft in Deutschland. Intoleranz und Ablehnung wachse insbesondere gegenüber Muslimen und Asylbewerbern.
Rechtsextremismus
Diese Form zählt in Deutschland zu den gefährlichsten Ausprägungen des Extremismus. Sie bildet zwar keine Massenbewegung, besitzt aber das Potential, durch Gewalt Angst und Verunsicherung zu erzeugen. Darüber hinaus gelingt es rechtsextremer Propaganda, Wählerinnen und Wähler anzusprechen, die in der Regel gar nicht zu Wahlen gehen, weil sie von den etablierten Parteien enttäuscht oder politisch desinteressiert sind. Umfragen zeigen, dass große Teile der deutschen Bevölkerung antisemitischen, fremdenfeindlichen und rassistischen Einschätzungen zustimmen. Das macht sie nicht zugleich zu Neonazis. Aber die Ergebnisse verdeutlichen Schnittstellen, an denen sich die Mitte der Gesellschaft mit Einstellungen und Gedanken trifft, die auch Rechtsextreme vertreten.
Linksextremismus
Im Vergleich zur rechtsextremen Parteien- und Verbandsszene steht die extreme Linke weit weniger in der öffentlichen Aufmerksamkeit. Auch Politik, Forschung und politische Bildung beschäftigen sich erst seit einigen Jahren wieder stärker mit dem Thema. Dies ist vor allem auf die gestiegene Gewalt "autonomer" Gruppen zurückzuführen, die amtliche Stellen verzeichnen.
Interview
Links- und Rechtsextremismus werden zunehmend gleich behandelt. Völlig zu unrecht, wie der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer meint. Im Interview mit vorwärts.de erklärt er die Unterschiede.
Kritiker warnen jedoch davor, rechts- und linksextreme Positionen gleichzusetzen. Während die Ziele des Rechtsextremismus grundsätzlich antidemokratisch sind, gibt es Zweifel, ob zum Beispiel die Kritik des Kapitalismus von links als extremistischer Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu werten ist oder nicht.
Islamismus
Der Islamismus (nicht der Islam) lehnt westliche demokratische Grundprinzipien in militanter Weise ab. Anders als links- und rechtsextreme Vorstellungen betont er die Rolle von Religion. Ziel ist die Schaffung eines Gottesstaates, in der die Religion des Islams alle staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche durchdringt. Als besondere Form des politischen Extremismus gilt der islamistische Terrorismus. Verfassungsschutzberichte bezeichnen Muslime und deren Gemeinden häufig als "islamistisch". Dies stelle sie unter einen Generalverdacht, der weder bewiesen noch widerlegt werden kann, meinen Kritiker wie etwa der Journalist Eren Güvercin. Denn so, wie der Begriff "islamistisch", gebraucht werde, bezeichne er nicht islamisches oder religiöses, sondern kriminelles Verhalten.
Gegenwärtig steigen nach Angabe des Bundesverfassungsschutzes in allen Bereichen des politische Extremismus die Gewaltzahlen. Politischer Extremismus stellt damit eine ernstzunehmende Bedrohung für das demokratische System in der Bundesrepublik dar.
Rechtsstaatliche Demokratie
Die Bundesrepublik ist ein demokratischer Rechtsstaat. Ihre Ordnung beruht auf einem Grundkonsens, einer grundlegenden Übereinstimmung der Mehrheit, der zugleich Minderheiten schützt. Dies läuft in der politischen Praxis - nicht anders als im privaten Leben - oft auf einen Kompromiss nach ausgetragenen Kontroversen hinaus. Der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber meint, die Einstellung zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat seien grundlegende Orientierungspunkte, um extremistische Positionen zu bestimmen und sie voneinander zu unterscheiden.
Was wird getan?
Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, extremistische Einstellungen und Haltung gar nicht erst entstehen zu lassen. Sie setzt auf eine Bündelung aller Kräfte und unterstützt Engagement vor Ort: in den Kommunen und Landkreisen, in Institutionen, Vereinen und Verbänden, an Schulen und überall, wo sich Menschen für die Stärkung der Demokratie und die Verteidigung der Menschen- und Freiheitsrechte einsetzen. Dafür gibt es verschiedene Förderprogramme. Das umfangreichste unter ihnen ist das Bundesprogramm "Demokratie leben".
BLPB, August 2012 (zuletzt bearbeitet: März 2020)
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