Es ist angerichtet!

Karikaturen rund um die Ernährung

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Mit Karikaturen von Harm Bengen, Martin Erl, Barbara Henniger, HOGLI, Frank Hoppmann, Rudi Hurzlmeier, Wolf-Rüdiger Marunde, Til Mette, NEL, Heiko Sakurai, Klaus Stuttmann und Miriam Wurster

Der Mensch muss essen und trinken, um zu leben. In Mitteleuropa herrscht kein Mangel an Lebensmitteln. Im Gegenteil, das Angebot in Supermärkten ist riesig und lockt täglich potentielle Käufer. Doch ist das Haltbarkeitsdatum abgelaufen, müssen die Lebensmittel weggeworfen werden, egal, ob sie noch zu verwenden wären oder nicht. Auch in privaten Haushalten nimmt die Menge der Lebensmittel zu, die verderben und weggeworfen werden. Inzwischen wird rund ein Drittel aller produzierten Nahrungsmittel entsorgt – eine gigantische Verschwendung, die angesichts der weltweiten Hungersnöte kaum zu rechtfertigen ist.

Trotz des Überangebots fehlt in vielen Familien das Geld, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Auch hat sich in den letzten 50 Jahren das Essverhalten drastisch geändert. Es wird zu viel, zu fett und zu süß/salzig gegessen. Auf dem Speiseplan der Deutschen steht zu oft Fleisch und zu selten Gemüse. Um Zeit zu sparen, wird weniger selbst gekocht, sondern oft Fertiggerichten der Vorzug gegeben.

Andererseits wächst das Bewusstsein, sich für die Herkunft der Lebensmittel zu interessieren und gegen dioxinbelastete Eier oder Rückstände von Glyphosat in Pflanzen zu protestieren. „Bio“ ist als Gütesiegel für gesunde Nahrungsmittel anerkannt, die Zahl der Vegetarier nimmt zu, die der Veganer holt auf.
 

Von Verbraucher bis Verschwendung

Zwölf namhafte Karikaturisten und Karikaturistinnen nehmen sich in der Ausstellung des Themas an und schlagen einen Bogen vom Erzeuger bis zum Konsumenten. Ob Lebensmittelskandal oder Essverhalten, Massentierhaltung oder Bienensterben – nichts ist sicher vor der ironischen Überhöhung und satirischen Kommentierung.

24 Stichworte sind in der Ausstellung zu finden, hier gibt es einen Auszug:

Verbraucher

Die Kroaten geben in Europa mit rund 30 Prozent ihres Einkommens am meisten für Nahrungsmittel aus. Ähnlich hoch waren die Ausgaben im Zuge der Euro-Krise in Portugal und Griechenland. Hier ist inzwischen wieder ein durchschnittlicher Wert von 18 Prozent erreicht. Am wenigsten geben mit nur 8,2 Prozent die Engländer für Nahrungsmittel aus.

Die Deutschen verwenden rund 10 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel. Das sind im Durchschnitt 350 Euro, die monatlich pro Haushalt für Essen und Trinken bezahlt werden und damit 50 Euro mehr als noch 2003. Dabei wird am meisten für Fleisch und Fisch ausgegeben, erst an zweiter Stelle stehen Obst und Gemüse, gefolgt von Brot, Eiern und Milchprodukten. Die Ausgaben für Alkohol und Tabak gehen seit Jahren zurück und betrugen zuletzt durchschnittlich 42 Euro im Monat.

Im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern gelten die deutschen Verbraucher als sparsam. Auch profitieren sie von dem harten Wettbewerb der Supermärkte und Discounter und von den stabilen Preisen für Grundnahrungsmittel in Deutschland. Dennoch ist das Bewusstsein für eine bessere Qualität der Lebensmittel
gewachsen. Besonders  junge Konsumenten achten auf Nachhaltigkeit, biologischen Anbau und die artgerechte Haltung von Nutztieren und sind bereit, dafür höhere Preise zu zahlen.

Durch zahlreiche Lebensmittelskandale ist das Informationsbedürfnis der Kunden in den letzten Jahren stark gewachsen. Hersteller und Verkäufer sind bemüht, das Vertrauen durch bessere Kennzeichnung und umfassende Produktinformationen wieder herzustellen.
 

Bienensterben

Bereits 2013 belegte eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit den massenhaften Rückgang von Insekten, verursacht durch den Einsatz von sogenannten Neonicotinoiden. Mit diesen Insektengiften wird bereits das Saatgut gebeizt, um die Nutzpflanze vor Schädlingsbefall zu schützen. Ende 2013 wurde der Einsatz vieler Gifte in Europa beschränkt, bestimmte Verbote aber durch Sondergenehmigungen wieder aufgehoben.


Eine neue Studie von 2018 zeigt trotz der Einschränkungen einen weiteren Rückgang der Insektenpopulation, die wiederum einen Rückgang der Vögel zur Folge hat. Natur- und Umweltschützer fordern deshalb von der EU ein Komplettverbot aller Insektizide. Nur so kann auch das Aussterben der Biene verhindert werden. In China sind die Folgen bereits zu beobachten. Dort müssen in einigen Regionen die Blüten der Obstbäume durch Tagelöhner per Hand bestäubt werden. Dafür werden täglich frische Blüten gesammelt, aus denen in einem aufwändigen Verfahren die zur Bestäubung notwendigen Pollen gewonnen werden. Ein Bienenvolk bestäubt am Tag 300 Millionen Blüten. Zur Erbringung derselben Leistung wären etwa 1.500 „menschliche Bienen“ notwendig.

Neben den Insektiziden und den Varroa-Milben sind es auch milde Winter, die den Bienen zu schaffen machen. Seit April 2018 gilt das Freilandverbot von drei besonders bienenschädlichen Neonicotinoiden. Der EuGH bestätigte damit einen EU-Beschluss, gegen den ein Chemiekonzern geklagt hatte. In Gewächshäusern dürfen die Insektizide jedoch weiterhin angewendet werden.

Der Schutz der Biene ist auch in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung aufgenommen worden.


Pestizide

Mit der Entwicklung und dem Einsatz von chemischen Substanzen gelang es den Bauern seit Ende des 19. Jahrhunderts, die Ernteerträge mit weniger körperlichem Einsatz deutlich zu steigern. Neben dem Dünger für ein besseres Pflanzenwachstum wurden auch chemische Substanzen entwickelt, die unerwünschte und als Schädlinge eingestufte Tiere und Pflanzen in der Landwirtschaft bekämpfen.

Die sogenannten Pestizide gliedern sich in viele Untergruppen, von denen am bekanntesten die Mittel zur Bekämpfung von Insekten (Insektizide) und zur Vernichtung bzw. Wachstumshemmung von Unkräutern (Herbizide) sind. Auch das inzwischen hochumstrittene Glyphosat gehört zu der Gruppe der Pestizide.

Seit Einführung ist die Effektivität der Mittel ständig verbessert worden. Als positiv und wünschenswert wurde besonders nach dem Zweiten Weltkrieg der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln anerkannt. Galt es doch, den Böden maximale Erträge abzuringen, um den Hunger zu bekämpfen.


Inzwischen sind die Umsätze zu einem Milliardengeschäft geworden. Allein in Deutschland werden für Pestizide jährlich mehr als 1,23 Milliarden Euro ausgegeben, europaweit sind es etwa sechs Milliarden Euro.

Längst hat sich die allgemeine Zustimmung zu einer kritischen Haltung gewandelt. Mit Sorge wird beobachtet, dass mit der Beseitigung sogenannter Unkräuter Pflanzen verschwinden, die als Bienen-Nahrung notwendig sind. Die Nahrungskette ist bereits empfindlich aus dem Gleichgewicht geraten. Um das weitere Aussterben von Pflanzen, Insekten und Vögeln zu stoppen,  plädieren Umweltschutzorganisationen für einen nachhaltigen, umweltschonenden landwirtschaftlichen Anbau und ein Totalverbot von Pestiziden.
 

Bio-Produkte

Ein gestiegenes Umweltbewusstsein, mehr Wissen über die Herkunft und Produktion unserer Nahrungsmittel aber auch Berichte über darin enthaltene Schadstoffe und Lebensmittelskandale veranlassen immer mehr Deutsche, zu Bio-Produkten zu greifen. Der Anteil an Bio-Lebensmitteln liegt aktuell bei 5 Prozent.

Seit 1993 schreibt eine EG-Öko-Verordnung vor, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um Lebensmittel mit dem Bio-Siegel kennzeichnen zu dürfen. Tiere müssen artgerecht gehalten werden und dürfen nur ökologisch angebautes Futter bekommen. Beim Gemüse- und Obstanbau dürfen keine künstlich hergestellten Pflanzenschutzmittel und kein Kunstdünger benutzt werden, ebenso ist der Einsatz von Gentechnik untersagt. Bei verarbeiteten Produkten müssen mindestens 95 Prozent der landwirtschaftlichen Zutaten aus ökologischem Landbau stammen, sonst darf das Bio-Siegel nicht verwendet werden.

Aktuell werden 7,5 Prozent der Ackerflächen und damit 1,25 Millionen Hektar in Deutschland ökologisch bewirtschaftet. Im Land Brandenburg ist der Anteil prozentual noch höher: Von der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche werden 137.600 Hektar und damit 10,5 Prozent ökologisch bewirtschaftet.

Ziel der Bundesregierung ist, den Anteil ökologischer Landwirtschaft auf 20 Prozent zu steigern. Allerdings warnen Fachleute davor, die biologische und die konventionelle Landwirtschaft gegeneinander auszuspielen. Sie weisen darauf hin, dass „biologisch“ nicht automatisch gesünder bedeutet. Auch wird für die umweltschonende Herstellung mehr Fläche benötigt und damit geht Lebensraum für Pflanzen und Tiere verloren. Empfohlen wird, dass beide Seiten aufeinander zugehen und voneinander lernen sollen.

 

Fleischverbrauch 

Ungefähr 60 Kilogramm Fleisch verzehrt jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr, die Hälfte davon in verarbeiteter Form als Wurst, Schinken und in Fertiggerichten. Der Anteil von Schweinefleisch ist mit 36 Prozent am höchsten, gefolgt von Rindfleisch und Geflügel. Allerdings nimmt der Verbrauch von Schweinefleisch stetig ab, zwischen 1996 und 2016 wurden 20 Kilogramm weniger gegessen. Der Verbrauch von Rind und Geflügel stieg dafür etwas an.

Die Ursachen für den leichten Rückgang des Fleischverzehrs sind die älter werdende Gesellschaft (alte Menschen essen weniger), der Trend zu Fertigprodukten und das wachsende Gesundheitsbewusstsein. Dennoch wird in Deutschland deutlich mehr Fleisch gegessen als von Ernährungsexperten empfohlen. Mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche sollte man nicht essen; das entspräche einer Menge von 16 bis 31 Kilogramm pro Jahr.

Neuesten Studien zufolge stehen heute anderthalb Milliarden Rinder auf der Weide. Das bei der Verdauung ausgestoßene Methan heizt das Weltklima 25 Mal stärker auf als Kohlendioxid. Eine Reduzierung des Fleischverbrauchs würde nicht nur eine gesunde Ernährung fördern, sondern auch die Massentierhaltung reduzieren und die Umwelt schonen.

Die 2015 von der Weltgesundheitsorganisation WHO herausgegebene Warnung vor dem Verzehr von rotem Fleisch musste inzwischen zurück genommen werden. Es gibt keine Beweise, dass der Genuss von Fleisch – egal welcher Farbe – zu Krebs führt.

Vegetarisch – vegan

Der Anteil der Vegetarier in Deutschland ist in den letzten Jahren gestiegen. Die Angaben schwanken je nach untersuchendem Institut zwischen 4 Prozent (Robert-Koch-Institut) und 10 Prozent (Institut für Demoskopie Allensbach) der Deutschen im Erwachsenenalter. Unstrittig ist, dass sich mehr Frauen als Männer fleischlos ernähren und die meisten Vegetarier zwischen 18 und 29 Jahre alt sind.

Veganer gehen noch weiter als Vegetarier und verzichten komplett auf Lebensmittel tierischen Ursprungs. Das heißt, sie essen auch keine Eier und Milchprodukte. Die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, hat oft weltanschauliche und ethische Gründe. Auch Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten können durch eine rein pflanzliche Ernährung verbessert werden. Es gibt vegane Restaurants und eine ständig wachsende Zahl von Kochbüchern und Ratgebern. In den letzten Jahren wurde viel bei der Herstellung von fleischloser Wurst experimentiert. Inzwischen ist der Umsatz von Fleischersatzprodukten wieder rückläufig, der Geschmack konnte den Verbraucher nicht überzeugen.


Studien zeigen, dass Veganer seltener unter Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht leiden. Allerdings warnen Ernährungswissenschaftler vor einem Mangel an bestimmten Vitaminen und Nährstoffen und raten Kleinkindern, Schwangeren, stillenden Müttern und alten Menschen von einer veganen Ernährung ab.

In Bremen wurde 2010 der „fleischlose Donnerstag“, der sog. Veggieday, für Großküchen und Kantinen eingeführt. Der im Wahlkampf 2013 von den Grünen bundesweit geforderte Veggieday konnte sich dagegen nicht durchsetzen.

Verschwendung

Die Zahlen sind alarmierend: Rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel wird verschwendet – sie werden weggeworfen, vernichtet oder gelangen gar nicht in den Handel. Das kann Obst und Gemüse betreffen, dessen Aussehen keiner bestimmten Norm entspricht, oder Nahrungsmittel, die bei der Herstellung oder auf dem Transport beschädigt werden und nicht bis zum Verbraucher gelangen. Dabei ist der Anteil der Lebensmittel, die jährlich in privaten Haushalten in Deutschland verderben und weggeworfen werden, mit sechs bis sieben Millionen Tonnen enorm hoch: pro Kopf rund 82 Kilogramm im Wert von 235 Euro.

In den letzten Jahren ist das Problembewusstsein gewachsen. So gibt z. B. das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Initiative „zu gut für die Tonne“ Tipps, wie die Lebensmittel-Verschwendung verringert werden kann. Einige Handelsketten werben mit dem Kauf von „krummen Dingern“ und haben Obst und Gemüse mit „Schönheitsfehlern“ in ihr Sortiment aufgenommen.


Viele Initiativen und Lebensmittel-Retter-Vereine gehen ebenfalls gegen die Verschwendung vor. Über soziale Netzwerke wird bekannt gegeben, wer Essen zu verschenken hat. Auch Restaurants beteiligen sich inzwischen an der Lebensmittel-Rettung und geben kurz vor Schließung preiswert nicht verkauftes Essen ab.

Food-Aktivisten geht das nicht weit genug. Sie fordern, dass auch in der Landwirtschaft und in der weiterverarbeitenden Industrie ein Umdenken erfolgen muss und ein Gesetz zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in der Lebensmittelwirtschaft verabschiedet werden soll.

Bitte beachten Sie: Die Karikaturen sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht ohne Genehmigung des jeweiligen Künstlers verwendet werden. Bei Fragen wenden Sie sich an info@blzpb.brandenburg.de

Die Karikaturen stammen (von oben): Heiko Sakurei, Til Mette, NEL, Klaus Stuttmann, Miriam Wurster, Rudi Hurzlmeier und HOGLI.
 

BLPB, Juni 2018

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Kommentare

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Wow! Ich möchte die Lpb ausdrücklich dafür loben mit diesem brandaktuellen, polarisierenden und doch unterrepräsentierten Themenkomplex einmal mehr Dinge in den Fokus zu nehmen, die vor allem viele meiner Freundinnen, meine Familie und mich schon seit etlichen Jahren umtreiben. Gerade in Brandenburg haben wir mit nitratverseuchtem Wasser, riesigen illegalen Ekel-Mastanlagen und der Nähe zum diversen Berlin eine Vielzahl an Bezugspunkten, wenn es um die Wurst geht - oder eben einmal die Alternativen, gerade die ökologischen! Ich freue mich sehr

[...]"Zwei Dinge braucht es für diese zauberhafte kleine Ausstellung: Man sollte nicht hungrig sein, denn es könnte einem die Lust auf Fleisch, Milch, Eier, Tofu-Schnitte oder schrumpelige Bio-Äpfel vergehen; und man sollte über sich selbst lachen können. Denn neben gierigen Großkonzernen, Lebensmittelskandalen und skrupellosen Massentierhaltern geht es vor allem um den Verbraucher, sagt Kuratorin Martina Schellhorn. Es ist bereits die 20. Karikaturenausstellung des Hauses – eine schöne Tradition und Schellhorn hat 12 namhafte Karikaturisten gewinnen können, von denen sie 130 Werke zeigt: teilweise bitterböse Satire, bei der man sich kurz umschaut, ob auch niemand sieht dass man doch lachen muss." [...]

Aus der Ausstellungskritik von Dominik Lenz im INFOradio vom 26.06.2018

Die Umweltbelastung durch Tierhaltung wäre geringer, wenn Hühner regionaler und wohnortnäher gehalten würden - früher hat man doch häusliche Lebensmittelabfälle an die Tiere verfüttert; der Hahn auf dem Misthaufen ist so eine Art Ur-Bild, aber quasi ausgestorben. Geflügel braucht auch weniger Futter-Kalorien pro Gewichtseinheit Fleisch.
Die Karrikaturen haben mir übrigens alle gefallen!

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