Linksextremismus ist ein Oberbegriff für politische Strömungen, die eine klassenlose Gesellschaft anstreben. Die Idee von der absoluten Gleichheit ist dabei ein wesentliches Merkmal im linksextremistischen Weltbild, die zur Gefahr für die demokratische Gesellschaft werden kann.
Der Sammelbegriff „Extremismus“ bezeichnet politische Bestrebungen, die sich gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen Demokratie wie Menschenrechte und Gewaltenteilung richten. Im Unterschied dazu handelt es sich beim (Links-)Populismus um einen Politikstil, der einen Gegensatz von Volk („die kleinen Leute“) und Elite („die da oben“) herausstellt. Dies kann, muss aber nicht extremistisch sein.
Zwar sind sich verschiedene Extremismen in ihrer Feindschaft zur Demokratie einig, allerdings unterscheiden sich ihre ideologischen Hauptströmungen grundsätzlich. Während der Rechtsextremismus den Gedanken universeller Gleichheit strikt ablehnt mit dem Ziel, einen ethnisch homogenen Nationalstaat zu schaffen, übersteigert der Linksextremismus die Idee der Gleichheit und bedroht somit das demokratische Freiheitsprinzip.
Die Gegenüberstellung von Rechts- und Linksextremismus ist in Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft umstritten. Kritiker bemängeln zum einen, dass durch die Gleichsetzung von rechts und links der Rechtsextremismus verharmlost, linkes Gedankengut dagegen dämonisiert würde. Zum anderen wird grundlegend in Frage gestellt, ob das Ziel weitreichender sozialer Gerechtigkeit, welches das linke Spektrum für sich beansprucht, überhaupt als extremistisch zu gelten hat oder es sich nicht vielmehr um ein grunddemokratisches Anliegen handelt.
Diesen Einwänden wird wiederum entgegengehalten: Wer rechts und links vergleicht, setzt sie nicht gleich, sondern zielt sowohl auf Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ab. Und nicht das Eintreten für soziale Gerechtigkeit oder der Kampf der Antifa gegen den Rechtsextremismus seien als linksextremistisch aufzufassen, sondern die Tatsache, dass im Zusammenhang dieser Ziele das staatliche Gewaltmonopol und die Spielregeln der konstitutionellen Demokratie infrage gestellt werden. Solche, in der öffentlichen Debatte mitunter mangelnden Differenzierungen, sind für eine angemessene Befassung mit dem Thema Linksextremismus unerlässlich.
Ein klar erkennbares Motiv zum Anschluss an die linksextreme Szene stellt oft die Suche nach Anerkennung und Identifikation dar. Die Szene übernimmt die Funktion von Familie und Freundeskreis.
Klassenlose Gesellschaft als Ziel
Entsprechend wird hier die Bezeichnung Linksextremismus als Oberbegriff für diejenigen politischen Strömungen verwendet, die eine klassenlose Gesellschaft anstreben. Aus den Absolutheitsforderungen nach allumfassender Gleichheit als „wahre Demokratie“ leiten Linksextremisten das Privileg ab, ihre Gesellschaftsvision bedingungslos durchzusetzen – sei es in Form einer kommunistischen Diktatur, sei es in Form der Anarchie. Die Verwirklichung der linksextremen Utopien liefe in der Praxis auf die Missachtung grundlegender demokratischer Prinzipien hinaus, zum Beispiel die Ablehnung von Eigentum und Besitz, politischem Pluralismus und Meinungsfreiheit.
Faktenbox:
- Mit Linksextremismus werden extremistische Strömungen beschrieben, die anstelle des demokratischen Systems eine klassenlose Gesellschaft anstreben.
- Der Linksextremismus verabsolutiert die Idee der Gleichheit und überlagert damit das Prinzip der Freiheit.
- Der Begriff des Linksextremismus ist umstritten. Der antidemokratische Charakter linker Positionen und die Gegenüberstellung mit dem Rechtsextremismus werden häufig in Frage gestellt.
- Nicht Forderungen nach umfassender sozialer Gleichheit sind als linksextremistisch aufzufassen, sondern maßgeblich für eine solche Einordnung ist, ob deren Erreichen mit den demokratischen Grundregeln vereinbar sind.
Das Spektrum linksextremer Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland ist vielfältig. Es reicht von zumeist kommunistisch geprägten Parteien wie der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Marxistisch-Leninistischen Partei (MLPD) bis zur eher anarchistisch geprägten linksextremen Szene (Autonome); von der Beteiligung linksextremer Milieus an breiten gesellschaftlichen Protestbewegungen bis hin zu abgeschotteten linksterroristischen Zellen; von einer jugendlichen Subkultur bis hin zu intellektuellen Zirkeln.
Aus dieser Verschiedenheit resultieren entsprechend verschiedene Gefahrenpotenziale: Die Gewaltbereitschaft der linken Szene stellt eine Bedrohung für die innere Sicherheit dar. Sie greift die Grundrechte auf Unversehrtheit der Person und des Eigentums an, zum Beispiel durch Angriffe auf Einrichtungen und Repräsentanten des Staates wie die Polizei, aber auch auf Baufirmen sowie auf tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten.
- Zahlen und Fakten aus Brandenburg
-
-
- Der Verfassungsschutz ordnet 650 Personen dem linksextremistischen Spektrum zu. Das ist der höchste Wert seit 2004.
- In vierzehn Kommunen beziehungsweise Regionen sind gewaltorientierte Autonome aktiv. Ihre Zahl wird mit 240 angegeben.
- Erneut gewachsen ist der „Rote Hilfe e.V.“ Er zählte im Jahr 2019 insgesamt 360 Mitglieder (+55). Das ist die höchste, jemals in Brandenburg festgestellte Mitgliederzahl. Innerhalb des Linksextremismus behauptet die „Rote Hilfe“ ihre Rolle als vermittelnde Konsensorganisation zwischen allen Strömungen und kümmert sich unter anderem um den Rechtsbeistand für politisch motivierte Straftäter. Der Verein selbst tritt nicht gewalttätig auf.
- Die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP) wird vom Verfassungsschutz mit ihren 50 Mitgliedern als praktisch handlungsunfähig eingeschätzt.
- Der organisierte Linksextremismus in Brandenburg beschränkt sich im Wesentlichen auf gewaltorientierte Autonome und den gewaltunterstützenden Verein ‚Rote Hilfe‘.“
- Der Verfassungsschutz ordnet 650 Personen dem linksextremistischen Spektrum zu. Das ist der höchste Wert seit 2004.
Eine Gefahr für das demokratische System erwächst zudem aus der Anschlussfähigkeit linksextremer Positionen, zum Beispiel beim Kampf gegen Rechtsextremismus, Armut und Ungerechtigkeit. Sie finden Gehör und Akzeptanz in Teilen der demokratischen Gesellschaft. So verschiebt sich die Wahrnehmung dessen, welche Akteure, welche Positionen und welche Mittel der demokratische Konsens noch duldet und welche nicht.
Prof. Dr. Tom Thieme, März 2022. Der Autor ist Professor für Gesellschaftspolitische Bildung an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) in Rothenburg/O.L.
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen