Shpresa Matoshi möchte mehr Chancen für Menschen mit Behinderung. Sie arbeitet in einem Jobcenter als Büro-Praktikerin und sie ist Prüferin für Leichte Sprache. Sie bildet andere Prüfer mit aus - auch in Brandenburg. Uns erzählt sie vom Leben und Arbeiten mit Leichter Sprache und was ihr größter Wunsch ist.
Leichte Sprache: Gespräch mit Shpresa Matoshi
Frage: Guten Tag Frau Matoshi, wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut, aber ich mache mir auch Sorgen. Es ist Krieg in der Ukraine. Auf dem Weg zur Arbeit sehe ich jeden Tag viele Menschen aus der Ukraine. Diese Menschen haben nichts mehr. Das tut mir sehr leid.
Frage: Wo arbeiten Sie?
Ich arbeite in einem Jobcenter in der Stadt Osnabrück.
Frage: Was machen Sie in dem Jobcenter?
Ich bin Büro-Praktikerin für Leichte Sprache. Ich mache viele Dinge, zum Beispiel das Datum von einem Bescheid prüfen. Ich erkläre mal kurz, was ein Bescheid ist. Das Interview ist ja in Leichter Sprache und viele Menschen kennen das Wort Bescheid nicht. Ein Bescheid ist ein Brief vom Jobcenter. In dem Brief steht, dass eine Person Geld vom Staat bekommt, zum Beispiel für die Wohnung und für Essen und Trinken. Jeder Bescheid kommt in eine Akte. In einer Akte sind alle Dokumente von einem Kunden. Ich ordne die Akten auch.
Das ist Shpresa Matoshi:
- Prüferin für Leichte Sprache.
- Büro-Praktikerin in einem Jobcenter in Osnabrück.
Sie möchte mehr Chancen für Menschen mit Behinderung. Diese Menschen arbeiten sehr oft in besonderen Werkstätten. Viele von ihnen möchten eine andere Arbeitsstelle finden. Die Chancen sind jedoch sehr schlecht.
Frage: Warum ist Leichte Sprache in dem Jobcenter wichtig?
Viele Kunden kommen in das Jobcenter und manche Kunden verstehen Deutsch nicht gut oder sie können nicht gut lesen. Dann hilft Leichte Sprache. Leichte Sprache erklärt viele Dinge einfach. Die Kollegen fragen mich, weil ich Leichte Sprache sprechen kann. Die Kunden verstehen mich dann gut.
Frage: Wie viele Kollegen haben Sie?
Wir sind 4 Kollegen. Ich arbeite mit 1 Kollegin zusammen.
Frage: Wie arbeiten Sie zusammen?
Also, wir sitzen uns gegenüber. Moment bitte. Jetzt kommt ein schweres Wort: Digi-tali-sierung. Das bedeutet, ich schreibe jede Akte in den Computer. Das Wort dafür ist E-Akte. Das E bedeutet Elektronische Akte. Die Kollegin hilft mir mit der E-Akte.
Aber ganz ehrlich, ich bin ein Fan von Papier. Wirklich, ich mag Papier sehr gern.
Frage: Sie haben zwei Jobs. Sie haben noch eine Arbeit in einem Büro für Leichte Sprache. Was machen Sie dort?
Ich prüfe Texte. Wenn ich etwas nicht verstehe, schreibe ich es in den Text.
Frage: Welches Thema prüfen Sie?
Das Thema ist immer anders, zum Beispiel Wahlprogramme, Gesundheit, Datenschutz, Klimaschutz.
Frage: Prüfen Sie ein Thema besonders gern?
Mal überlegen... Super war der Text für die Tickets in Osnabrück. Da haben wir in Leichter Sprache erklärt, wieviel ein Ticket für Bus und Bahn kostet und welche Tickets es gibt. Das ist sehr gut für den Alltag von vielen Menschen.
Frage: Was prüfen Sie nicht gern?
Ich muss überlegen. Texte über NS-Geschichte sind schwierig für mich. Die sind sehr emotional für mich, sehr schwer.
Frage: Wie sind Sie Prüferin geworden?
Oh. Das ist sehr lange her. Ich habe noch in der Werkstatt gearbeitet und meine Gruppen-Leiterin hat mich gefragt. Sie sagte, dass ein Büro Prüfer für Leichte Sprache sucht. Ich habe das drei Tage probiert und jetzt arbeite ich schon elf Jahre in dem Büro.
Frage: Viele Menschen sagen: Leichte Sprache ist für Kinder. Was sagen Sie?
Das höre ich sehr oft, leider. Aber ich bin kein Kind, ich bin ein erwachsener Mensch und mir helfen Infos in Leichter Sprache. Ich mache viel Aufklärung, das ist mir wichtig. Zum Beispiel habe ich immer eine Info-Broschüre dabei. Die gebe ich den Leuten. Viele Menschen wollen Leichte Sprache nicht, das verstehe ich nicht. Es ist ja nicht verboten, in der Alltags-Sprache zu lesen. Aber viele Menschen können das eben nicht lesen. Leichte Sprache ist noch wenig bekannt und das macht es schwer.
Nur ein Prozent der Menschen in den Werkstätten findet eine andere Arbeitsstelle. Shpresa Matoshi hat viele Jahre in einer Werkstatt gearbeitet. Dann wechselte sie in ein Büro für Leichte Sprache und wurde Prüferin für Leichte Sprache. Vor kurzem nahm sie an einem Pilotprojekt teil und arbeitet nun auch noch als Büro-Praktikerin in einem Jobcenter in Osnabrück. Beide Jobs sind sozialversicherungspflichtig. Das ist für Shpresa Matoshi sehr wichtig zu betonen. Sie möchte für sich selbst sorgen und anderen Menschen helfen.
Frage: Sie arbeiten sehr viel. Was machen Sie gern in Ihrer freien Zeit?
Oh, das ist eine gute Frage. Im Moment habe ich wenig freie Zeit. Ich bilde Prüfer und Übersetzer für Leichte Sprache aus, übrigens auch in Brandenburg. Ich bin gern im Wald mit meinen Neffen und Nichten. Und ich sehe auch meine Freunde, aber wegen Corona nicht so oft. Ich rede viel mit meinem Bruder, was wir am Tag erleben und so.
Frage: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir mehr Offenheit für Menschen mit Behinderungen. Mehr Betriebe sollen sich trauen, sie sollen Menschen mit Behinderungen eine feste Arbeit geben. Das ist ein großer Wunsch von mir. Wirklich, ich wünsche mir mehr Offenheit von den Betrieben. Traut euch.
Vielen Dank für das Gespräch.
Anmerkung: Das Gespräch steht auch in Leichter Sprache zur Verfügung. Nutzen Sie für die geprüfte Fassung das PDF unten im Download-Bereich oder den Leichte Sprache-Link ganz oben am Anfang dieser Seite.
BLPB, April 2022
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