Sollte die NPD morgen verboten werden oder politisch scheitern, so steht ein stabiles Netzwerk zur Verfügung, das den Fortbestand einer rechtsextremen Bewegung sichern würde. Zu diesem Ergebnis kommt Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam in seinem jüngsten Buch.
Doppelhelix in der Gesellschaft
Seit Jahrzehnten drehe sich die extreme Rechte in der Bundesrepublik wie eine Art Doppelhelix, eine zweifache Spirale aus politischer Bewegung und lebensweltlichem Milieu. Die Bewegung umfasst alle Generationen.
Im Alltag ist sie unter anderem verankert in so genannten Kulturgemeinschaften und Traditionszirkeln, die ideologische Indoktrination mit Gemeinschaftserlebnissen verbinden – oft in der Natur und mit Musik.
Große Aufmerksamkeit gilt dem Nachwuchs, der Kampf- und Waffentrainings erhält. Das alles wird flankiert von einer eigenen Presse-, Verlags- und Medienlandschaft.
Alltagsverankerung als Überlebensstrategie
Interessant ist, dass eben diese Alltagsverankerung dazu geführt hat, dass es die extreme Rechte überhaupt noch gibt. Der Mechanismus funktioniert dabei so: Scheitert die extreme Rechte politisch, d.h., schafft sie es nicht, Wahlen zu gewinnen, ziehen sich die Aktivisten in ihr Basismilieu zurück. Ins öffentliche Bewusstsein treten sie dann zum Beispiel mit „rechtsextremen Ereignisketten“, die mit neonazistischem Terror und Umstrukturierungen im eigenen Milieu verbunden sind. Ob der NSU-Terror der „Zwickauer Zelle“ eine solche neue Ereigniskette auslösen wird, lässt sich noch nicht sagen.
Extreme Rechte ist Teil der Demokratie
Tatsache ist jedoch: Die Isolierung der so genannten „nationalen Opposition“, als die sich die extreme Rechte gern selbst bezeichnet, gab es nicht zum Nulltarif. Seit 1945 hat der Staat mit Verboten und Repression die Bewegung eingegrenzt. Systematisch oder gar flächendeckend ist dies nicht geschehen. Die Frage ist: Sollte der Staat hier stärker eingreifen oder ist die zivile Gesellschaft, also jeder Einzelne, gefordert?
Auseinandersetzen müssen wir uns mit dem Phänomen allemal, denn es gehört zur Geschichte der Demokratie in Deutschland. (Botsch)

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