Am 26. Mai ist Europawahl. Wir haben uns die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien – CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/ Die Grünen – angesehen und einige Kernaussagen verglichen. Manchmal sind die Unterschiede gering, manchmal aber geht es auch "um die Wurst". Zum Beispiel, wenn die Zukunft der EU zur Diskussion steht. Nicht in jedem Unterbereich werden alle Parteien gleichermaßen genannt, weil konkrete Abgrenzungen verdeutlicht werden sollen.
Bei diesen Themen haben wir genauer hingeschaut:
- Zukunft der EU
- Wirtschaft, Arbeit und Soziales
- Umwelt und Klimaschutz
- Außen- und Sicherheitspolitik
- Bildung und Digitalisierung
Zukunft der EU
Die hier verglichenen Parteien sind sich - mit Ausnahme der AfD - darüber einig, das Europäische Parlament und damit auch supranationales Handeln in der EU stärken zu wollen. Perspektivisch am weitesten gehen dabei Die Linke und die FDP. Sie wollen eine europäische Verfassung.
Dagegen möchte die AfD rigoros supranationale Elemente streichen und die EU in der jetzigen Form abschaffen. An die Stelle der Union soll eine Wirtschafts- und Interessengemeinschaft unabhängiger Staaten treten, in der die einzelnen Mitgliedsstaaten nur nationale Entscheidungen treffen. Sie schließt auch einen Austritt Deutschlands aus der EU nicht aus, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Zuletzt hat sie ihre Haltung dazu im Wahl-O-Mat für die Europawahl von Zustimmung auf "neutral" geändert.
- Haltung der Parteien zur EU
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Die CDU/CSU will die Rolle der EU grundsätzlich stärken. Europa soll sicher und bürgernah handeln.
Die SPD möchte mehr gesamteuropäische Solidarität sowie mehr politische und soziale Integration.
Bündnis 90/ Die Grünen stehen für mehr Nachhaltigkeit, Solidarität und Humanität in der EU.
Europa ist das Beste, was uns allen passieren konnte, findet die FDP. Sie fordern jedoch Mut zur Veränderung und zu entschlossenen Reformen sowie ein starkes und einiges, aber kein vereinheitlichtes Europa.
Die Linke ist für ein geeintes Europa. Sie fordert aber einen Neustart für die EU, um diese demokratischer, inklusiver, sozialer, ökologischer und friedlicher zu gestalten.
Die AfD möchte die EU und ihre Institutionen grundsätzlich abschaffen oder so ändern, dass supranationale Elemente weitgehend verschwinden und die einzelnen Mitgliedsstaaten national entscheiden. Die EU soll wieder eine Wirtschafts- und nationale Interessengemeinschaft werden. Der Euro soll abgeschafft oder zumindest eine deutsche Parallelwährung wieder eingeführt werden.
- Europäische Grundwerte
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CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke und die FDP wollen europäische Grundwerte wie Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit besser schützen, zum Beispiel durch eine regelmäßige Prüfung, ob sie eingehalten werden. Alle sechs fordern, Verstöße zu bestrafen.
Die AfD anekennt christlich-humanistische Grundwerte als verbindendes Elemente in der EU und sieht diese durch muslimische Einwanderer bedroht.
- Europäisches Parlament
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Das Europäische Parlament soll gestärkt werden, darin sind sich - mit Ausnahme der AfD - die Parteien weitgehend einig.
So fordern CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke und die FDP das Initiativrecht für das Europäische Parlament, damit es in Zukunft selbst Gesetzesvorhaben einbringen kann. Die SPD und Bündnis 90/ Die Grünen wollen darüber hinaus die Kontrollrechte des Europäischen Parlaments stärken. Die Linke setzt sich dafür ein, dass nur das Europäische Parlament die Kommission und ihre Präsidentin oder ihren Präsidenten vorschlagen, wählen und abwählen kann. Die FDP möchte „den ‘Wanderzirkus‘ des Europäischen Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel beenden“ – geht es nach ihr, soll es einen festen Tagungsort erhalten.
Die AfD möchte das Europäische Parlament und andere Institutionen der EU (Rat, Kommission, Gerichtshof, Europäische Zentralbank) abschaffen oder ihnen supranationale Rechte entziehen. Die Entscheidungsgewalt soll wieder in die nationale Hoheit der einzelnen Mitgliedsstaaten zurück gehen.
- Bürgerbeteiligung
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Alle hier verglichenen Parteien wollen die Teilhabe der EU-Bürger/-innen stärken.
Bündnis 90/ Die Grünen möchten, dass die Bürger/-innen eine Reform der Verträge fordern können und erfolgreiche Europäische Bürgerinitiativen zu Gesetzesvorschlägen führen. Beide Parteien wollen das Mindestalter für eine Beteiligung auf 16 Jahre absenken.
Die Linke fordert, die Europäische Bürgerinitiative zu einer vollgültigen EU-Bürgergesetzgebung auszubauen. Bürgerr/-innen sollen zum Beispiel das Recht erhalten, ein EU-Bürgerbegehren durchzuführen und eine EU-weite Volksabstimmung zu fordern, wenn das Parlament ihre Initiative abgelehnt hat.
Die FDP will moderne Formen der Bürgerbeteiligung einführen, zum Beispiel Bürgerdialoge, Hausparlamente und demokratische Konvente.
Die AfD will nationale Volksabstimmungen in den einzelnen Mitgliedsländern über europäische Vorhaben, namentlich über den Verbleib in der EU, die Währungsunion oder sonstige supranationale Projekte.
- Europäische Verfassung
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Die Linke und die FDP wollen eine europäische Verfassung. Die Linke tritt für einen Verfassungskonvent ein, der einen Entwurf für eine Verfassung erarbeitet und diesen den Menschen in der EU zur Beratung und Abstimmung vorlegt. Die FDP setzt sich dafür ein, bis spätestens 2022 einen Europäischen Konvent einzuberufen. Dieser soll auch unter Beteiligung der EU-Bürger/-innen Reformvorschläge für eine Europäische Verfassung unterbreiten. Über die neue europäische Verfassung sollen die EU-Bürger/-innen in einer europäischen Volksabstimmung abstimmen.
Eine europäische Verfassung bedeutet im Kern die Zustimmung zu einem gesamteuropäischen Staat (Vereinigte Staaten von Europa).
- Sozial- und Arbeitsmarktpolitik
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Für CDU/CSU, FDP sind Sozial- und Arbeitsmarkpolitik Aufgabe der Mitgliedstaaten. Sie lehnen daher eine europäische Arbeitslosenversicherung ab ebenso wie einheitliche Regelungen für Mindestlöhne und Altervorsorge in der EU.
Dagegen setzen SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke auf europäische Mindestlohnregelungen. SPD und Die Linke fordern für Deutschland einen Mindestlohn in Höhe von 12 Euro und in den anderen EU-Mitgliedstaaten Mindestlöhne in Höhe von 60 Prozent (SPD) bzw. oberhalb von 60 Prozent (Die Linke) des mittleren Einkommens.
Die SPD möchte zudem in allen EU-Mitgliedsstaaten den Schutz von Arbeitslosen-, Renten und Krankenversicherungssystemen angleichen. Bündnis 90/ Die Grünen wollen soziale Mindeststandards fürs jedes Land festlegen, angepasst an die jeweilige ökonomische Situation und fordern eine europäische Basis-Arbeitslosversicherung. Die Linke will außerdem einen Solidar-Fonds, aus dem im Krisenfall die Sozial- und Arbeitslosensysteme eines Krisenlandes gestützt werden, sowie eine Mindestrente in den EU-Mitgliedsstaaten.
Die AfD ist grundsätzlich gegen supranationale europäische Regelungen und sieht die Entscheidungshoheit generell bei den einzelnen Mitgliedsstaaten. Sie möchte jedoch gemeinsame Großprojekte im Bereich von Wissenschaft und Technik zulassen. Nur für Migranten und Flüchtlinge soll es einheitliche europäische Regelungen in der Gesundheitspolitik zum Schutz der Europäer vor Infektionskrankheiten und Epidemien geben.
- Öffentliche Daseinsvorsorge
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SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linken wollen die öffentliche Daseinsvorsorge (u.a. Bildung, Gesundheit, öffentlicher Personennahverkehr, Gas, Wasser, Strom, Infrastruktur, Pflege) vor Privatisierung schützen.
Die AfD möchte einen fairen (marktwirtschaftlichen) Wettbewerb sowie Strom und Mobilität für alle bezahlbar machen.
- Jugendarbeitslosigkeit
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Die CDU/CSU will die Ausbildungsgarantie für Jugendliche und die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen fortführen.
Die SPD will u. a. ein Sofortprogramm, das allen unter 25 Jahren einen Ausbildungsplatz garantiert.
CDU/CSU, SPD und AfD wollen außerdem die duale Ausbildung in Europa stärken.
Bündnis 90/ Die Grünen fordern europäische Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie Qualitätsstandards zum Beispiel bei Arbeitsbedingungen, Bezahlung und Befristung.
Auch Die Linke will in Bildung und Weiterbildung Jugendlicher investieren. Die FDP fordert einen leichteren Einstieg für junge Menschen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und will eine grenzüberschreitende Mobilität fördern.
Die AfD hält die Jugendarbeitslosigkeit in Europa für eine Folge der Europäischen Union. Durch die Wiedereinführung nationaler Währungen, ggfls. parallel zum Euro, sollen die Mitgliedsstaaten in der Lage sein, nationale Probleme (darunter Jugendarbeitslosigkeit) selbst zu lösen.
- Steuern
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Bei den Steuern verfolgen die Parteien zum Teil unterschiedliche Ansätze.
Die FDP möchte die jetzige Regelung beibehalten, wonach jedes Land selbst über die Erhebung von Steuern entscheidet. Ausnahme: die Körperschaftssteuer für Unternehmen. Hier stimmt sie mit CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke überein, die eine einheitliche Bemessungsgrundlage fordern. Anders als diese Parteien lehnt die FDP lehnt jedoch die Festsetzung von Mindeststeuersätzen innerhalb der EU genauso ab wie eine Digitalsteuer und eine Finanztransaktionssteuer.
Die AfD ist grundsätzlich gegen eine gemeinsame Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik in der EU.
- Freihandel
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CDU/CSU, FDP, AfD treten grundsätzlich für Freihandel und gegen staatliche Schutzmaßnahmen und Abschottung ein.
Die Linke hingegen fordert den Stopp von neoliberalen Freihandelsabkommen.
- Bankenunion
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Einigkeit besteht bei den Parteien darin, dass Banken nicht mehr mit Steuermitteln gerettet werden sollen. Dafür soll - mit Ausnahme der AfD - die Bankenunion vertieft und Banken strengeren Regularien unterworfen werden.
Die Linke fordert zudem eine Entmachtung der Finanzmärkte und der Banken.
Die FDP möchte die Bankenunion marktwirtschaftlich gestalten. Sie will Schlupflöcher im Abwicklungsregime schließen und eine umfangreichere Haftung der Investoren und Gläubiger sicherstellen. Im Gegensatz zur SPD und Bündnis 90/ Die Grünen spricht sich die FDP aber gegen eine Letztsicherung für den Bankenabwicklungsfond aus.
Die AfD ist gegen eine europäische Bankenunion. Sie will, dass die Europäische Zentralbank (EZB) eine zweite Deutsche Bundesbank wird.
- CO2-Emissionen
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Zur Höhe des CO2-Ausstoßes gibt es unterschiedliche Ziele unter den Parteien.
Die SPD will bis 2030 eine Treibhausgasminderung von mindestens 45 Prozent (Basisjahr 1990) sowie eine Treibhausgasneutralität bis 2050.
Bündnis 90/ Die Grünen wollen die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken und Die Linken um mindestens 65 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent.
Die FDP nennt keine konkreten Zahlen, sondern fordert erreichbare CO2-Reduktionsziele.
Die AfD ist gegen eine Reduzierung der CO2-Werte. Sie möchte aus europäischen und internationalen Klimaverträgen aussteigen.
- Kohle und Atomenergie
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Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke fordern in ihren Wahlprogrammen einen europaweiten Ausstieg aus der Kohle und aus der Atomenergie. Die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen sollen finanziell gefördert werden.
Die Linke fordert einen sofortigen Ausstieg.
Die SPD setzt auf einen stufenweisen Fahrplan.
Die FDP fordert ein einheitliches europäisches Sicherheitsniveau für die Nutzung von Kernkraft, respektiert aber die Entscheidung anderer europäischer Länder, weiter auf Kernkraft zu setzen.
Die AfD möchte, dass Kohle-, Kern- und Gaskraftwerke in Betrieb bleiben, solange deren Betreiber es unter marktwirtschaftlichen Bedingungen für sinnvoll halten. Es sollen neuartige Kernreaktoren entwickelt werden.
- Erneuerbare Energien
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Die CDU/CSU möchte europaweit emissionsarme bzw. erneuerbare Energietechnologien ausbauen. Dazu soll der europäische Energiemarkt stärker vernetzt und Innovationen gefördert werden.
Die SPD will eine zügige Umstellung des Energiemixes hin zu mehr erneuerbaren Energie in Europa.
Bündnis 90/ Die Grünen fordern, dass bis 2030 45 Prozent von Europas Energie und bis 2050 100 Prozent erneuerbar sind.
Die Linke will einen bürgernahen Ausbau der erneuerbaren Energien. Bis 2030 soll deren Anteil am Verbrauch in der EU auf mindestens 45 Prozent ansteigen und bis 2040 auf 100 Prozent.
Die FDP hingegen will keine Technikvorgaben und Verbote, sondern setzt auf einen Wettbewerb emissionsarmer Energieträger, auf neue Technologien und die Kreativität des Marktes.
Die AfD hält erneuerbare Energien (Wind und Sonne) für wenig leistungsfähig und aufgrund ihres hohen Flächen- und Materialverbrauch im großen Maßstab schädlich für Mensch, Natur und Umwelt.
- Plastik
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Das Ziel, Plastik künftig zu vermeiden, teilen die Parteien - mit Ausnahme der AfD - weitestgehend.
Die CDU/CSU will eine europaweite Strategie zur Vermeidung von Plastik sowie internationale Abkommen zur Plastikvermeidung schließen.
SPD und Bündnis 90/ Die Grünen möchten bis 2030 den Plastikmüll um 50 Prozent reduzieren. Die SPD möchte in der EU Mehrwegsysteme einrichten, ein Verbot bestimmter Einwegplastikartikel und die Hersteller an Kosten beteiligen.
Bündnis 90/Die Grünen fordern ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten. Plastikmüll soll nicht weiter deponiert werden. Ab 2030 sollen außerdem alle Kunststoffprodukte, die in der EU in Umlauf gebracht werden, wiederverwendbar oder komplett abbaubar oder kosteneffizient recycelt werden können. Zudem fordern sie eine EU-weite Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte.
Auch Die Linke will die Nutzung von Kunststoff drastisch reduzieren: Mit einer EU-Plastikstrategie wollen sie die Verwendung gegen Null senken und die Verwendung von Mikroplastik verbieten.
Die AfD ist grundsätzlich gegen Steuern, die die EU erhebt und damit auch gegen eine Plastiksteuer.
- Einsatz von Pestiziden
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SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke fordern ein Ende des Einsatzes von Glyphosat und wollen den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln drastisch reduzieren.
Die FDP setzt auf ein einheitliches und auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhendes EU-Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.
Die AfD ist gegen europäische Düngemittelverordnungen, eine zentrale Prüf- und Zulassungsstelle in der EU sieht sie kritisch.
- Grenzschutz und Seenotrettung
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Bei der Sicherung der EU-Außengrenzen setzen die CDU/CSU und die FDP auf die europäische Grenzschutzagentur Frontex. Die CDU/CSU will diese schnellstmöglich zu einer Grenzpolizei mit mindestens 10.000 zusätzlichen Grenzschützer/-innen mit direkten Eingriffsrechten ausbauen. Solange der EU-Außengrenzschutz nicht in vollem Umfang gewährsleistet ist, will die CDU/CSU außerdem an Grenzkontrollen innerhalb der EU festhalten.
Die FDP will Frontex zu einer europäischen Grenzschutzbehörde mit eigenen Handlungsbefugnissen und mehr Personal auszubauen. Aus ihrer Sicht soll Frontex auch die Hochseenotrettung im Mittelmeer übernehmen. Anders als die CDU/CSU will die FDP will aber die Grenzkontrollen im Schengen-Raum schnellstmöglich einstellen und im europäischen Recht regeln, wann und nach welchen Kriterien nationale Regierungen Zurückweisungen an ihren Außengrenzen vornehmen können.
Auch die SPD will die Grenzkontrollen innerhalb der EU schnellstmöglich einstellen. Schutzsuchende sollen an den Grenzen nicht generell zurückgewiesen werden können. Außerdem will sie, dass die EU die Seenotrettung stärker koordiniert und die Mitgliedstaaten dabei finanziell, technisch und personell unterstützt. Wie auch Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke ist sie gegen eine Kriminalisierung zivilgesellschaftlicher Seenotrettungs- und Flüchtlingsorganisationen.
Bündnis 90/Die Grünen wollen ein europäisches Grenzkontrollregime, das auf dem gemeinsamen Schutz der Menschenrechte basiert und keine einseitige Aufrüstung von Frontex. Wie auch Die Linke will sie ein europäisch organisiertes ziviles Seenotrettungssystem. Geht es nach Die Linke soll dieses Frontex ersetzen, denn sie wollen die Grenzschutzagentur auflösen.
Die AfD möchte die Sicherung der Außengrenzen jedem einzelnen Mitgliedsland überlassen. Wenn diese die Grenzsicherung nicht gewährleisten kann, soll es aus dem Schengener Abkommen ausgeschlossen werden. Auf Bitten des jeweiligen Landes sollen andere Mitgliedsstaaten bei der Grenzsicherung unterstützen können.
- Verteidigung
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Die CDU/CSU will bis 2030 gemeinsame europäische Streitkräfte aufbauen, damit sich die EU selbst verteidigen kann. Die SPD will wie die FDP eine gemeinsame parlamentarisch kontrollierte Armee. Außerdem fordern sie europäische Regelungen für Rüstungsexporte.
Bündnis 90/Die Grünen wollen die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte in der EU ausbauen und fordern eine strenge und gemeinsame Rüstungsexportkontrolle in der EU.
Die Linke setzt auf Abrüstung und Entmilitarisierung. Sie fordert u. a. die Auflösung der EU-Battlegroups, der Verteidigungsagentur der EU sowie die Abrüstung der konventionellen Streitkräfte. Außerdem fordert sie den Stopp aller Rüstungsexporte und Sanktionen für Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die EU-Vorschriften für Waffenexporte halten.
Die AfD ist gegen eine gemeinsame europäische Armee. Stattdessen fordert sie die Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO, um hier Deutschlands Rolle und Einfluss zu erhöhen.
- Erweiterungspolitik
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Auf die Frage, ob weitere Staaten Mitglied der EU werden sollen, geben die Parteien unterschiedlichen Antworten.
Die CDU/CSU hält die Aufnahme weiterer Länder in den nächsten fünf Jahren nicht für möglich. Die Staaten des Westbalkans will sie aber weiter an die EU binden, eine Vollmitgliedschaft mit der Türkei in der EU schließt sie hingegen aus und setzt stattdessen auf eine enge Partnerschaft.
Die SPD hält an der Beitrittsperspektive für die Länder des westlichen Balkans fest. Für einen Beitritt der Türkei sind aus ihrer Sicht aber weder die Türkei noch die EU in absehbarer Zeit bereit.
Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass die EU ihr Versprechen, dass alle Staaten des Westbalkans ihr beitreten können, grundsätzlich einhält. Außerdem wollen sie sich dafür einsetzen, dass der Rat wie versprochen im Juni 2019 Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Mazedonien eröffnet. Ein EU-Beitritt der Türkei ist für sie derzeit zwar nicht vorstellbar, einen formalen Abbruch der Beitrittsgespräche halten sie dennoch für falsch.
Die FDP sieht Beitrittsverhandlungen als Chance, um Rechtstaatlichkeit, Demokratie und marktwirtschaftliche Strukturen in den Staaten des Westbalkans zu fördern. Sie will aber keinen Beitrittsautomatismus oder eine Gruppenlösung wie 2004 oder 2007. Die Beitrittsgespräche mit der Türkei in der bisherigen Form wollen sie beenden und streben stattdessen eine Beziehungen mit einer engen sicherheitspolitischen, kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit an.
Die AfD ist für den sofortigen Abbruch der Beitrittsgespräche zwischen der Türkei und der EU. Solange die staatliche Souveränität der Nationalstaaten in der EU nicht wiederhergestellt ist, soll Deutschland ohne Volksabstimmung keine Verträge bezüglich einer EU-Erweiterung ändern oder abschließen können.
- Migration
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Beim Thema Migration gehen die Haltungen der Parteien zum Teil weit auseinander.
Die CDU/CSU möchte die Zahl der Flüchtlinge dauerhaft niedrig halten. Fehlanreize will sie beseitigen sowie Leistungen für Asylbewerber europaweit angleichen und auf ein Minimum beschränken. Es soll europäische Transitzentren und regionale Aufnahmezentren in Nordafrika geben. Sie will ein einheitliches und schnelles Asylverfahren, dabei soll die grundsätzliche Zuständigkeit auch weiterhin beim Ersteinreiseland (Dublin-System) liegen und eine solidarische Lastenverteilung sichergestellt werden. Nach dem Vorbild des EU-Abkommens mit der Türkei will sie weitere Flüchtlingsabkommen mit Staaten aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten schließen.
Die SPD will das Dublin-System durch einen solidarischen Verteilungsschlüssel ersetzen. Auch sie möchte einheitliche Asylverfahren sowie die Rückführung ausreisepflichtiger Asylsuchender vereinheitlichen und beschleunigen. Abschiebungen in Kriegs- und Konfliktgebiete lehnt sie ab und will mehr Regeln für legale Zuwanderung schaffen. „Ausschiffungsplattformen“ in den nordafrikanischen Transitländern lehnt die SPD ab. Außerdem will sie einen europäischen Integrations- und kommunalen Entwicklungsfonds einführen.
Bündnis 90/Die Grünen wollen ein europäisches Einwanderungsrecht, das legale Migration ermöglicht sowie ein einheitliches europäisches Asylsystem mit einem solidarischen Verteilungsmechanismus. Sie sind gegen Massenlager in der EU, Transitzonen und europäische Außenlager in Drittstatten sowie gegen Rückführungsabkommen. Gleiches gilt für Abschiebungen in Krisengebiete wie Afghanistan. Wie die SPD will auch sie einen europäischen Integrationsfonds, der Kommunen und Regionen unterstützt.
Die Linke fordert legale und sichere Einreisemöglichkeiten in die EU sowie einheitliche Schutzstandards auf hohem Niveau und ein Ende des Dublin-Systems – stattdessen sollen Schutzsuchende selbst entscheiden können, in welchem Land sie Asyl beantragen wollen. Zudem will sie die Ausweitung verbindlicher Flüchtlingsrechte Abschiebung aus der EU, insbesondere in Krieg, Armut und Elend lehnt ab sie und fordert ein verbindliches Recht auf Familiennachzug. Sie will außerdem einen „Europäischen Fonds für Willkommenskommunen“.
Die FDP will ebenfalls einheitliche europäische Regelungen mit gemeinsamen Standards sowie einen verbindlichen europaweiten Verteilungsschlüssel. Für politisch Verfolgte fordert sie sichere Wege in die EU und möchte das Stellen von Asylanträgen im Ausland möglich machen. Sie ist für die Einrichtung von „humanitären Schutzzonen“. Dort könnten aus ihrer Sicht bereits vor der Einreise nach Europa Asylverfahren durchgeführt werden.
Die AfD fordert einen grundlegenden Kurswechsel in der Migrationspolitik. Jegliche Einwanderung nach Europa soll so begrenzt und gesteuert werden, dass die Identität der europäischen Kulturnationen unter allen Umständen gewahrt bleibt.
- Austausch
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CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die FPD wollen jungen Europäerinnen und Europäern die Möglichkeit geben, Europa kennenzulernen und Austausch fördern. So wollen beispielsweise CDU/CSU, Bündnis 90/ Die Grünen und die FPD für junge Europäerinnen und Europäern ein Interrail-Ticket.
Die CDU/CSU will zudem die Mittel für Erasmus+ deutlich erhöhen.
Die SPD will Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps – das Nachfolgeprogramm des Europäischen Freiwilligendienstes – bedarfsgerecht ausstatten und strukturell ausbauen.
Bündnis 90/Die Grünen fordern eine europaweite Garantie für den Jugendfreiwilligendienst und wollen hierfür eine Million Plätze schaffen. Außerdem möchten sie das Erasmus-Programm massiv ausbauen.
Die Linke will vor allem Studierenden und Auszubildenden aus sozioökonomisch-schwachen Hintergründen und mit Beeinträchtigungen unkomplizierte Möglichkeiten für einen Auslandsaufenthalt bieten und fordert, dass ein europäischer Schüler/-innen-Austausch zum Standard wird. Dafür braucht es auch ihrer Sicht eine Verzehnfachung der Mittel des Erasmus-Programms.
Auch die FDP will den Europäischen Freiwilligendienst ausbauen und hierfür finanzielle Anreize schaffen. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass Erasmus+-Programm auszuweiten.
Die AfD möchte, dass Wissenschaftler ohne ideologische und bürokratische Zwänge in ihrer Forschung, über nationale Grenzen hinaus gefördert werden. Bi- und multilaterale Forschungsprojekte zwischen einzelnen Staaten sollen Leitbildcharakter für andere Großprojekte haben.
- Sprache
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CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP wollen das Erlernen von Fremdsprachen in der EU fördern.
So will beispielsweise die CDU/CSU, dass das Erlernen von Fremdsprachen einen noch größeren Stellenwert in der Schule, im Beruf und der Gesellschaft erhält.
Bündnis 90/ Die Grünen wollen eine offene digitale Plattform entwickeln, über die alle Europäer/-innen andere europäische Sprachen kostenlos lernen können.
Die FDP wiederum setzt sich für eine Förderung des Sprachunterrichts und der Sprachkenntnisse für alle Altersgruppen in der gesamten EU ein. Ihr Ziel ist es, dass jede/-r in Europa mindestens zwei Fremdsprachen sprechen kann. Englisch will sie dabei besonders fördern.
Die AfD möchte die deutsche Sprache und Kultur im Ausland fördern. Sie ist gegen eine geschlechtergerechte Sprache ("Gender-Mainstreaming").
- Digitalisierung
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Im Bereich der Digitalisierung setzen die Parteien zum Teil sehr unterschiedliche Akzente.
CDU/CSU will in Künstliche Intelligenz sowie in die verantwortungsvolle Nutzung von Big Data investieren. Zukunftstechnologien sollen durch spezielle Fonds, u.a. für Start-ups unterstützt werden. Außerdem will sie ein europäisches Mobilfunknetz 5G sowie einheitliche IT-Datenstandards.Sie ist gegen Upload-Filter.
Die SPD will Konzerne wie Google, Amazon und Facebook verpflichten, ihre Daten zu teilen und öffentlich zugänglich zu machen. Hersteller von Mobiltelefonen, Tablets etc. will sie zudem verpflichten, für mindestens 4 Jahre kostenlose Sicherheits-Updates für die Betriebssysteme der Geräte anzubieten. Darüber hinaus fordert sie schnelles Internet und einen flächendeckenden Mobilfunk für alle Bürger/-innen und will prüfen, ob die Möglichkeit besteht, europäische Alternativen zu den derzeit dominierenden Plattformunternehmen aufzubauen. Außerdem wollen sie sich für internationale Ethikstandards beim Einsatz von Algorithmen einsetzen.
Bündnis 90/ Die Grünen fordern Netzneutralität und ein europäisches Urheberecht, das auf den technischen Wandel eingeht. Sie sind gegen Upload-Filter und schlagen stattdessen z. B. eine Pauschalabgabe für Onlineplattformen vor. Sie fordern zudem eine flächendeckende digitale Infrastruktur für Europa und setzen sich für eine europäische Investitionsoffensive für den Glasfaserausbau sowie für die Förderung offener und freier WLAN-Netze ein. Diskriminierung durch algorithmische Entscheidungssysteme wollen sie verhindern.
Die Linke fordert, dass öffentliche Infrastruktur und Dateninfrastruktur nicht an Tech-Konzerne verkauft werden dürfen und will zudem einen flächendeckenden Ausbau des 5G-Netzes. Außerdem tritt sie für eine Regulierung von Plattformarbeit, für Netzneutralität, Datenschutz sowie ein modernes Urheberrecht ein. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland sowie ähnlich Pläne auf EU-Ebene lehnt sie ab.
Die FDP will eine Gigabit-Infrastruktur in der Fläche für Europa, bessere europäische Rahmenbedingungen für Start-ups und europäische Forschungsmittel zur Erforschung von Datenschutztechnologie und -infrastruktur. Ihr Ziel sind europäische Cloud-Anbieter sowie europäische Datenschutzstandards. Außerdem fordert sie verbindliche Mindeststandards für die IT-Sicherheit und eine effektive Cybersicherheitsstruktur. Mit Blick auf das Urheberecht will die FDP, dass Plattformen und Urheber/-innen über Lizenzverträge über eine Bezahlung verhandeln. Sie ist gegen Upload-Filter sowie gegen ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf europäischer Ebene und fordert Netzneutralität.
Die AfD ist grundsätzlich gegen europäische Regulierungen. So ist sie gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), gegen die Reform des Urheberrechts, gegen Upload-Filter, Leistungsschutzrechte und gegen die Pläne der EU zur Beweissicherung in der Cloud und Zugriff (Cloud-Act) durch die USA. In den Schulen soll der Lehrer die Hauptbezugsperson beliben und digitale Medien die persönliche Betreuung im Unterricht nur begleiten, ihn jedoch nicht ersetzen.
BLPB, Mai 2019
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