Israels neue Freunde?

Das klingt doch eigentlich ganz vernünftig:

„Israel als einzige wirkliche Demokratie im Nahen Osten ist uns wichtiger Ansprechpartner in dieser bewegten Weltregion. Eine Region, die sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit Extremismus und Terror auseinander setzen musste. Ohne jede Einschränkung bekennen wir uns zum Existenzrecht des Staates Israel innerhalb sicherer und völkerrechtlich anerkannter Grenzen.“

Im Dezember 2010 reisten mehrere rechtsextreme bzw. rechtspopulistische Politiker aus Europa nach Israel. Sie folgten der Einladung eines rechtsnationalistischen Politikers. Das Zitat stammt aus der „Jerusalemer Erklärung“, die zum Abschluss der Reise von Kent Ekeroth (Schwedendemokraten), Filip Dewinter (Vlaams Belang, Belgien), Hans-Christian Strache (Freiheitliche Partei Österreichs) und René Stadtkewitz (Die Freiheit, Deutschland) verfasst wurde. Auch die deutsche Pro-Bewegung erklärte ihre Zustimmung.

Es handelt sich hier nicht um eine Einzelaktion. Ein weiterer Israel-Besuch (in etwas anderer Besetzung) fand bereits im Februar 2011 statt. Und Anfang April veranstaltete die rechtspopulistische Bürgerbewegung pro NRW in Gelsenkirchen eine deutsch-israelische Konferenz unter dem Titel „Islamisierung stoppen – Demokratie durchsetzen“.  Organisiert wurde die Tagung vom deutsch-schwedischen Rechtsextremisten Patrik Brinkmann, der die Veranstaltung in einer Pressemitteilung wie folgt ankündigte:

„Wir unterstreichen damit, dass eine deutsche Rechte ohne Antisemitismus Wirklichkeit geworden ist. Es hat viel zu lange gedauert, dass aufrichtige Patrioten sich in Deutschland von allen zeitgeschichtlichen Verstrickungen gelöst haben. Nach dem ersten Treffen der europäischen Rechten in Jerusalem werden wir nun in Deutschland die Gespräche mit den israelischen Partnern weiterführen.“

Was ist davon zu halten? Handelt es sich hier um eine glaubwürdige Abkehr vom Antisemitismus? In der aktuellen Ausgabe der Antifa-Zeitschrift Lotta analysiert Jörg Kronauer (PDF, 3 S.) „die sehr unheilige Allianz“ der extremen europäischen Rechten mit israelischen Organisationen. Nach Auffassung des Autors wird mit den Annäherungsversuchen zum einen das Ziel verfolgt, rechtsextreme Parteien durch „jüdische Absolution“ hoffähig zu machen. Darüber hinaus gebe es aber auch „weitergehende Ziele“:

„Ein antiislamisches Bündnis soll entstehen, das europäische, US- amerikanische und israelische Organisationen umfasst und Israel als nahöstlichen Vorposten gegen die islamische Welt missbraucht.“

Im Mittelpunkt steht also der Kampf gegen Islam, der als neuer „Hauptfeind“ gesehen wird. Erste Kooperationsvorhaben wurden bereits angekündigt. Z. B. will das 2008 von FPÖ, Vlaams Belang und Pro gegründete „Städtebündnis gegen Islamisierung“ seine Aktivitäten auch auf Tel Aviv ausdehnen. Der Pro-Politiker Patrik Brinkmann äußerte dazu in einer Presseerklärung: „Es ist eine gute Vorstellung, dass dann in Berlin, in Antwerpen und Tel Aviv und anderen Orten im gleichen Geist politische Arbeit gemacht wird.“

Sonderlich glaubwürdig wirkt die neue Israelfreundschaft indes nicht. Wie die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtet, trug FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine Burschenschaftermütze. Jörg Kronauer schreibt dazu:

„So funktioniert der Spagat: Man mimt den Bußfertigen und holt sich in Israel Absolution; zugleich signalisiert man den heimischen Antisemiten mit gezielten Fehltritten, dass man’s eigentlich gar nicht so meint und sich nur aus taktischen Gründen der Gedenkprozedur in Israel unterworfen hat.“



Link:

Eine „deutsche Rechte ohne Antisemitismus“? Kritische Betrachtung einer „deutsch-israelischen Konferenz“ in Gelsenkirchen und der damit verbundenen Strategie von „Pro NRW“ (haGalil.com, 27.04.2011)
 

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Kommentare

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Ich sehe das auch mit einiger Verwunderung, dass Parteien auf der rechten Seite des Spektrums internationale Kontakte auch zu Israel halten, auf ihren Veranstaltungen auch Ausländer und eindeutig nichteuropäischstämmige Menschen zu Wort kommen und man offen ist für Gespräche. Dann seh ich im linken Spektrum Parteien und Gruppen durch die sich ein Hass auf Israel zieht, der sogar Gespräche ablehnt. Bis in die Kirchen hinein zieht sich dieser moderne Neo-Antisemitismus. 

Was auch geschieht, Israel wird verurteilt, ohne das zumindest begründen, geschweige denn belegen zu können. Sogar von Menschen wie dem Präses Buss der ev. Kirche von Westfalen.

Was ist da los? Was ist los, wenn Menschen aus dem rechten Lager pauschal als rechtsextrem bezeichnet werden, wie es früher die andere Seite tat?

Zwei Staaten in Deutschland sind abgestürzt, weil man entweder den linken oder den rechten Flügel radikal abgeschnitten hat. Sicher gibt es auf beiden Seiten extremisten, wie die NPD oder MLPD. Doch ist eine Verfeindbildung politisch Andersdenkender gefährlicher als eine extremistische Aussage an sich. Diese Objektivität sollte auch auf einem Blog einer Landeszentrale für politische Bildung zu finden sein. 

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