Islamistische Themen und Aktionsorte

Hass, Ausgrenzung, anti-demokratische Propaganda - ein Hauptort zur Verbreitung islamistischer Themen und Inhalte sind soziale Medien. Es gibt einige Merkmale, woran man sie erkennen kann.

Islamistische Themen und Aktionsorte
© Gregory Gilbert-Lodge

Ziel der meisten Islamisten ist es, mehr Anhängerinnen und Anhänger zu gewinnen, damit diese ihre religiösen Botschaften und demokratiefeindlichen Inhalte weiterverbreiten. Dabei wird eine Spaltung und Abgrenzung nicht nur gegenüber dem äußeren „Feind“ angestrebt, das heißt zwischen Muslimen und der Mehrheitsgesellschaft, sondern auch innerhalb der muslimischen Gemeinschaften, so dass sich gewöhnliche Muslime durch islamistische Muslime angefeindet sehen.

Einschlägige Themen, die für diese Spaltung immer wieder instrumentalisiert werden, sind:

  • die angebliche Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie,
     
  • der Anspruch auf eine absolute religiöse Wahrheit, die sich auf alle Lebensbereiche (Staat und Gesellschaft) erstrecken soll,
     
  • antipluralistische und patriarchale Vorstellungen einer Gesellschafts- und Sozialordnung inklusive strikter Geschlechtertrennung, die auch mit Gewalt durchgesetzt oder eingefordert werden kann,
     
  • die Abgrenzung und Abwertung von Nicht-Muslimen.

Weitere, von Islamisten regelmäßig aufgegriffene Themen, sind die kriegerischen Konflikte in Syrien, Irak und Afghanistan und besonders der Nahostkonflikt. Hier wird von Seiten islamistischer Propaganda wiederholt die „Doppelmoral des Westens“ angeprangert und ein angeblicher Krieg gegen den Islam „aufgedeckt“.

Islamismus - Gefahr für Demokratie? Polizei auf einer Demo
© Gregory Gilbert-Lodge
Islamismus

Bei "Islamismus" denken viele zuerst an Terror und Gewalt. Dabei gibt es auch Islamisten, die keine Gewalt einsetzen bei der Verfolgung ihrer Ziele. Ihre Vision eines islamischen Staats verfolgen sie dennoch hartnäckig.

Antisemitismus - Ausgrenzung

Charakteristisch für derartige Erzählungen ist die Verwendung von unterschiedlichen Verschwörungsmythen, die oftmals antisemitisch sind. Damit werden Konfliktlinien konstruiert, die vor allem innerhalb von Kulturen und Religionen verlaufen, so dass alle Menschen, die nicht zur eigenen Gemeinschaft gezählt werden, in dieser Vorstellung zu Gegnern werden. Das kann je nach Ideologie andere Muslime, Angehörige anderer Volksgruppen oder Religionen (Yeziden, Christen, und so weiter) sowie die Anhängerinnen und Anhänger bestimmter Weltanschauungen betreffen.

Diese hochkomplexen Konflikte werden im islamistischen Weltbild stark verkürzt dargestellt und oft zu einem existenziellen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen göttlicher Wahrheit und weltlichem Verderben verklärt.

Gerade für junge und wenig informierte, auf dem Gebiet unerfahrene Menschen ist diese Art von Propaganda und Darstellung gefährlich, da sie über den Glauben hin zu einer politischen Weltsicht, die islamistisch ist, führen und sogar in einer gewaltbefürwortenden Radikalisierung enden kann.

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Soziales Engagement als Strategie

Brandenburg und die anderen ostdeutschen Bundesländer befinden sich in einer besonderen Situation hinsichtlich islamistischer Propaganda und Rekrutierung. Während Islamisten in Westdeutschland auf gewachsene Strukturen und damit auch feste Aktionsorte zurückgreifen können, gibt es solche in Brandenburg kaum.

Der Fokus der Sicherheitsbehörden liegt in Brandenburg auf zwei unterschiedlichen Personenkreisen der islamistischen Szene: Islamisten, die als Geflüchtete gekommen sind sowie Islamisten, die sich kurz nach Beginn der Flüchtlingsbewegung in und um die Gemeinschaftsunterkünfte karitativ engagiert haben, um so Kontakte zu knüpfen und potentielle Mitglieder zu rekrutieren.

Sie treten als sozial engagierte Muslime auf, sprechen die Sprache der Herkunftsländer und versuchen den zum Teil isoliert oder einzeln lebenden Geflüchteten ein Angebot zu machen, das für sie attraktiv erscheinen kann: die Aufnahme in eine Gesellschaft von „Brüdern und Schwestern im Glauben“.

Viele geflüchtete Musliminnen und Muslime sehen diese Gruppen kritisch, da sie oftmals aus ihren Herkunftsländern Erfahrungen mit Islamisten mitbringen und diese, neben den diktatorischen Regimen, für die Bürgerkriegszustände und die Flucht an sich verantwortlich machen.

Die Islamisten treten jedoch meist nicht als solche auf, sondern geben ihre Ideologie stückweise an die Geflüchteten weiter, wobei sie versuchen, die Grenzen zwischen traditionell-konservativ und extremistisch zu verwischen und sich als puristisch und zugleich reaktionär darzustellen.

Parallelen können hierbei zum Vorgehen rechtsextremer und rechtspopulistischer Propaganda und Ideologie gezogen werden. Auch deren Anhängerinnen und Anhänger versuchen, die Grenzen dessen, was verfassungskonform und verfassungswidrig ist oder gesagt werden darf und kann, zu verschieben.  

Die islamistische Szene
© Gregory Gilbert-Lodge
Die Islamistische Szene in Brandenburg

In Brandenburg leben rund 30.000 bis 35.000 Musliminnen und Muslime. Die islamistische Szene ist mit rund 200 Personen ein winziger Bruchteil davon. Im Fokus islamistischer Anwerbeversuche stehen besonderes hilfsbedürftige Geflüchtete.

Einer der zentralen Anknüpfungspunkte für islamistische Aktivitäten ist die Position des Imams beziehungsweise Vorbeters, der die praktischen, religiös-spirituellen aber auch seelsorgerischen Bereiche für die Gemeinde, ähnlich eines Pastors/Pfarrers oder Rabbis, abdecken sollte. Da es in den Gemeinden Brandenburgs an qualifiziertem Personal, aber auch bundesweit an der finanziellen Vergütung dieser Personen mangelt, versuchen gut organisierte islamistische Gruppierungen in diese Lücke zu stoßen.

Zu den islamistischen Gruppierungen, die in Brandenburg aufgetreten sind, zählen:

  • salafistische Prediger, die unter anderem aus dem Berliner Raum stammen,
     
  • Muslimbrüder, die international und lokal organisiert sind,
     
  • die Missionierungsbewegung  Tablighi Jama’at (TJ), die aus dem südostasiatischen Raum (Pakistan, Afghanistan, Indien) stammt,
     
  • nordkaukasische Gruppierungen und Einzelpersonen, die teilweise Verbindungen in gewaltbereite islamistische Szenen haben. In diesem Kontext erscheinen die Grenzen von islamistischer und wertekonservativer Gesinnung fließend und teilweise existieren personelle Überschneidungen mit Strukturen Organisierter oder Kleinkriminalität.

Als Aktionsorte dieser vier Akteursgruppen können neben Gebetsräumen und Gemeinschaftsunterkünften auch private Räumlichkeiten dienen. Hier gilt es von brandenburgischer Seite besonders die gewöhnlichen Muslime zu schützen, zu unterstützen und zu begleiten, damit keine Parallelstrukturen entstehen können. Da die Ausbildung von Imamen an deutschen Universitäten noch in den Kinderschuhen steckt und die Finanzierung derselben völlig unklar ist, sehen sich vor allem die Muslime in den ostdeutschen Bundesländern einer besonderen Aufgabe gegenübergestellt, da es zum Beispiel in Brandenburg vor 2014 kaum Gebetsräume und Imame gab.

#Internetpropaganda

Besonders aktiv sind Islamisten im Online-Bereich, das heißt im Internet und vor allem in den sozialen Medien. Hier verbreiten sie ihre religiösen und demokratiefeindlichen Botschaften durch Propaganda und Falschinformationen, die Millionen von Menschen auf ihren Mobiltelefonen lesen.

Weitreichende digitale Kampagnen, wie etwa die durch die damalige Gruppe „Generation Islam“ initiierte #NichtOhneMeinKopftuch, der im Social Media Bereich Zigtausende folgten, haben in Brandenburg jedoch kaum bis keinen Effekt erreicht, da sie keine deutsch-muslimische Gemeinde antreffen und ansprechen können, sondern hauptsächlich Geflüchtete.

Dafür waren der Streit um die Karikaturen des Propheten Mohammed (Karikaturenstreit) und die Ermordung des französischen Lehrers, Samuel Patys, der die Karikaturen in seiner Schulklasse besprochen hatte, ein weit verbreitetes Thema auch in den Klassenräumen Brandenburger Schulen.

#Jugendschutz

Verschiedene demokratische Initiativen, wie zum Beispiel jugendschutz.net, haben versucht, der massiven Internetpropaganda, die durch Videos, Bilder, Texte und Social Media- Kampagnen verbreitet wurden und werden, mit Gegenerzählungen Einhalt zu gebieten.

Da die Aktivitäten islamistischer Akteure bis zu den Anschlägen vom 11. September 2001 jedoch kaum beachtet wurden, konnten sich Unterstützungsnetzwerke auch in Europa und Deutschland ausbreiten. Verschiedene islamistische Medienformate werden beispielsweise seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, von einigen Staaten mit umfangreichen Geldsummen gefördert, so etwa von Saudi-Arabien und einigen Golfstaaten. Die teilweise im Ausland produzierten Inhalte erreichen auch in Deutschland lebende Menschen.

Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001

Die Terroranschläge am 11. September 2001 waren vier koordinierte Flugzeugentführungen mit anschließenden Selbstmordattentaten auf wichtige zivile und militärische Gebäude in den Vereinigten Staaten von Amerika. 

Auch jihadistische Gruppierungen haben in den vergangenen Jahren ihre Medienaktivitäten intensiviert, besonders im Kontext des Syrien-Krieges. So streuten die Terrororganisationen Islamischer Staat (IS), al-Qaeda (al Qaida) und andere ihre Botschaften durch das Internet in die ganze Welt. Sie gestalteten diese so, dass sowohl Opfererzählungen als auch heldenhafte Abenteueraction und ein angeblich idyllisches und friedliches Familienleben in einer Heilsgemeinschaft auf dem damaligen Gebiet des IS vor allem junge Menschen auf verschiedenen individuellen Ebenen ansprachen.

Die Islamisten verstehen, dass dieser Medienapparat ihr Mittel ist, um Rekrutinnen und Rekruten aus der ganzen Welt anzuwerben. Da vor allem junge Menschen dem Sog der IS- Propaganda verfielen, sind unter anderen Schulen, religiöse und private Zirkel und Sportvereine Orte, die besonders geschützt werden müssen.  

Die Behandlung islamistischer Propaganda  in Bildungseinrichtungen, das Aufklären darüber durch Expertinnen und Experten oder Lehrkräfte in der Fortbildung, aber auch durch die Sicherheitsbehörden, ist ein geeignetes Mittel, um Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen und sich mit den Themen kritisch auseinanderzusetzen.

Faktenbox

  • Hauptthemen in der islamistischen Propaganda sind kriegerische Konflikte wie in Afghanistan, Syrien oder dem Irak, religiöse Botschaften mit einem Anspruch auf alleinige Gültigkeit und die Unvereinbarkeit des Islam mit der Demokratie sowie ein angeblicher Krieg „des Westens gegen den Islam“.
     
  • Verschwörungserzählungen, häufig antisemitisch, sind ein wichtiger Bestandteil. Darin gibt es Überschneidungen mit rechtsextremen Weltbildern.
     
  • Weil eine gefestigte Vereinsstruktur in Brandenburg fehlt, sind Gebetsräume, Gemeinschaftsunterkünfte und private Räumlichkeiten wichtige Aktionsorte für islamistische Akteure.
     
  • Ein Hauptort zur Verbreitung islamistischer Themen und Inhalte sind soziale Medien.
     
  • Aufklärung über islamistische Themen in Schule und Weiterbildung sind für eine kritische Auseinandersetzung notwendig.

Caspar Schliephack, Dr. Yunus Yaldiz, Fachstelle Islam im Land Brandenburg, Juli 2022  

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