Viele Menschen wollen sich beteiligen, aber Politik und Verwaltung erscheinen kompliziert. Wie sind unsere Gemeinden aufgebaut, was macht die Verwaltung und wo kann man sich vor Ort einbringen? Hier gibt's Antworten. Die Beiträge vermitteln Grundkenntnisse und damit zugleich Handwerkszeug für eigenes kommunalpolitisches Engagement.
Überblick:
Kommunalpolitik ist Politik in den Kommunen, das heißt in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen. Kommunen sind die kleinsten politischen Verwaltungseinheiten in Deutschland.
Sie sind Grundlage und Teil des demokratischen Gemeinwesens. In Deutschland verwalten sich die Kommunen selbst.
Kommunale Selbstverwaltung
Die kommunale Selbstverwaltung hat eine lange Tradition und bis heute einen hohen Stellenwert für das demokratische Gemeinwesen in Deutschland. Das Grundgesetz garantiert, dass die Gemeinden (oder Kommunen) „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung“ regeln können (Artikel 28, Absatz 2).
So darf zum Beispiel das Land seinen Kommunen zwar öffentliche Aufgaben übertragen, sich ansonsten aber in die Aufgabenbereiche vor Ort nicht einmischen. Es hat nur eine Rechts- und Fachaufsicht. In Brandenburg achtet das Ministerium des Innern und für Kommunales darauf, dass das kommunale Handeln nach geltendem Recht und Gesetz erfolgt.
Die kommunale Selbstverwaltung bietet den Einwohnerinnen und Einwohnern eine wirksame Mitbestimmung bei den Angelegenheiten vor Ort. Direktdemokratische Verfahren wie Petitionen, Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind auf kommunaler Ebene möglich und stellen sicher, dass die Einwohnerinnen und Einwohner nicht nur mitreden, sondern auch verbindliche Entscheidungen fällen können und somit ebenfalls Verantwortung übernehmen.
Der Begriff "Kommune" stammt aus dem Lateinischen. Das deutsche Wort dafür ist "Gemeinde". Der Begriff der Kommune wird unterschiedlich verwendet. Im engeren Sinn werden damit Städte und Gemeinden (Dörfer) bezeichnet. In einem weiteren Sinn werden auch Landkreise dazu gezählt. Wir benutzen hier den erweiterten Begriff. Kommunen – das sind Städte, Gemeinden und Landkreise in Brandenburg.
So funktioniert die kommunale Ordnung
Verwaltung ist das Kernstück kommunaler Ordnung. Das klingt nicht spannend, ohne sie würde aber keine Stadt oder Gemeinde ihre vielfältigen Aufgaben bewältigen können.
Wer Landrat, Bürgermeister, Ortsvorsteher oder Vertreter im Kreistag werden will, sollte die Details dieser Ordnung kennen, denn mit ihr sind bestimmte Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten verbunden. Auch für die Bürger ergeben sich aus dem kommunalen Aufbau verschiedene Einflussmöglichkeiten.
Die kommunale Verwaltungsstruktur in Brandenburg gliedert sich in Gemeinden, Landkreise und Ämter. In Zahlen ausgedrückt, sind das:
- 14 Landkreise mit 413 Gemeinden. Davon sind 113 Städte.
- Von den 413 Gemeinden sind 270 amtsangehörig. Das heißt, sie gehören einem Amt (Verwaltungsbehörde) an. Diese Gemeinden haben keine eigene Verwaltung. In Brandenburg gibt es 52 Ämter.
- Von den 413 Gemeinden sind 143 amtsfrei. Das heißt, sie haben eine eigene Verwaltung und gehören keinem Amt an.
- In den amtsfreien Gemeinden gibt es insgesamt 1.775 Ortsteile.
4 Städte gehören keinem Landkreis an, sie sind kreisfrei. Diese sind:
- Brandenburg an der Havel
- Cottbus
- Frankfurt (Oder)
- Potsdam (als Landeshauptstadt)
Rechtliche Grundlagen
Die Kommunalverfassung ist die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Funktionsweise der Kommunen. In ihr sind die Zuständigkeiten der kommunalen Vertretungen festgeschrieben.
Landkreise in Brandenburg
Landkreise sind Zusammenschlüsse von Gemeinden und übernehmen Aufgaben, die zwischen ihnen anfallen oder für die eine einzelne Gemeinde zu klein ist.
Gemeinden in Brandenburg
Unsere Gemeinden sind die kleinsten demokratischen Einheiten des Staatswesens und der wichtigste Ort für bürgerschaftliche Mitwirkung.
Viel zu entscheiden, aber kein Parlament
Die Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen und Kreistage werden oft als Parlament oder als Kommunalparlament bezeichnet. Aber das ist nicht richtig.
Ein Parlament ist ein Organ der Gesetzgebung, das heißt, es kann Gesetze beschließen. Das können die Mitglieder in den kommunalen Vertretungen nicht. Sie sind vielmehr Teil der (Selbst-)Verwaltung und somit Exekutivorgane, das heißt ausführende Organe. Deshalb sind sie auch keine Abgeordneten wie zum Beispiel die Mitglieder des Deutschen Bundestags, die Gesetze beschließen können.
Auf kommunaler Ebene gibt es keine Gewaltenteilung. So kann auch nicht von Legislative (Gesetzgebung) auf der einen und Exekutive (Ausführungsorgane) auf der anderen Seite gesprochen werden.
Kreistag
In jedem der 14 Landkreise in Brandenburg wählen wir alle fünf Jahre bei der Kommunalwahl auch einen Kreistag. Er ist die Vertretung des Volkes auf Landkreisebene. Und er ist das wichtigste Organ des Landkreises.
Gemeindevertretungen in Brandenburg
Was machen eigentlich die Menschen in unseren Gemeindevertretungen und wie kann der Einstieg in die Kommunalpolitik gelingen?
Die Enquete-Kommission 5/2 des Landtages Brandenburg hat darauf hingewiesen, wie bedeutsam diese genaue begriffliche Unterscheidung für die Bestimmung von Zuständigkeiten ist. Das kommunale System in Brandenburg ist durch eine duale Struktur mit zwei Verwaltungsspitzen gekennzeichnet. Auf Landkreisebene stehen sich einerseits der universell zuständige Kreistag und andererseits der Landrat/Landrätin als zwei Verwaltungsorgane gegenüber.
Dieser Hinweis auf die Einordnung auch des Kreistages als Exekutivorgan ist wichtig, weil ein vielfach anzutreffender Mangel an sprachlicher und zugleich inhaltlicher Präzision („kleines Parlament“, die „Abgeordneten“, bis hin zu „Legislative“) immer wieder in die Irre führt. Die eindeutige Qualifizierung des Kreistages (und der Gemeindevertretung) als Exekutivorgan ist die Voraussetzung für eine zutreffende Inhaltsbeschreibung der kommunalverfassungsrechtlich verankerten Allzuständigkeit dieses Organs: Dessen Allzuständigkeit bezieht sich auf exekutive Entscheidungsprozesse, denen, ..., überwiegend ganz konkrete Einzelfälle zugrunde liegen." Abschlussbericht der Enquete-Kommission 5/2 (S. 37f.)
Aufgaben der Kommunen
In Brandenburg bestimmt die Kommunalverfassung die Verantwortlichkeiten. In § 2 Abs. 2 wird aufgeführt, welche Angelegenheiten von den Gemeinden zu erfüllen sind. Dazu zählen:
- die Entscheidung über Bauvorhaben,
- die Förderung privaten und genossenschaftlichen Bauens,
- die Förderung von Wirtschaft und Gewerbe,
- die Gewährleistung des öffentlichen Verkehrs,
- die Sicherung eines ausreichenden Breitbandzugangs,
- die Strom- und Wasserversorgung, die Abwasserwirtschaft,
- der soziale Wohnungsbau,
- die Gesundheitsversorgung und soziale Betreuung,
- die Sicherung von Freizeit- und Erholungsstrukturen,
- die Sicherung eines gerechten Zugangs zu Bildung und Kultur,
- Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen,
- Schutz der Umwelt, Müllabfuhr.
In den Gemeinden der Sorben/Wenden muss zusätzlich die sorbische/wendische Kultur und Sprache gefördert werden.
Landräte in Brandenburg
Wer Landrat oder Landrätin ist, steht an der Spitze eines Landkreises. Neben ihrer amtlichen Macht als Chefs der Verwaltung fallen auch persönliche Eigenschaften ins Gewicht.
Gute Verwaltung und aktive Einwohner
Um die umfangreichen Aufgaben bewältigen zu können, ist zum einen eine professionelle, gut geführte Verwaltung nötig. Die Mitarbeiter sorgen dafür, dass etwa Beschlüsse der Gemeindevertreter umgesetzt, Mitteilungen im Amtsblatt veröffentlicht, Verträge ausgefertigt und Korrespondenzen erledigt werden. Zum anderen geht nichts ohne aktive Einwohner.
Die überwiegend kleinen Gemeinden und Städte in Brandenburg wären ohne ehrenamtliche Bürgermeister oder Ortsvorsteher, Gemeinde- und Kreistagsvertreter und vor allem ohne die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger nicht lebensfähig. In Brandenburg engagiert sich fast jeder Dritte ehrenamtlich. Das sind rund 843.000 Menschen.
Verwaltung
Verwaltung ist das Kernstück kommunaler Ordnung. Die Mitarbeiter/-innen setzen die Beschlüsse der Gemeindevertretung um.
Nirgendwo sonst sind das Wissen und die Beteiligung der Menschen so unmittelbar wichtig wie in den Kommunen. Lokal oder regional bedeutsame Entscheidungen sollen unter Beteiligung der dort lebenden Menschen getroffen werden. Dies erhöht in der Regel die Akzeptanz, auch weil die "Leute vor Ort" am besten wissen, wie ihre praktischen Probleme gelöst werden können.
Kommunalpolitik ist in dieser Hinsicht auf die Lösung ganz konkreter Fälle orientiert. Politik auf Landes- und Bundesebene oder in der Europäischen Union muss hingegen Entscheidungen so treffen, dass diese auf die Lösung anderer, vergleichbarer Probleme übertragen werden können.
Wie kann ich mich engagieren?
Es gibt kaum einen anderen Ort, an dem man sich so direkt einbringen kann wie in der Kommunalpolitik. Bürgerbeteiligung ist der Kern der kommunalen Selbstverwaltung.
Lust auf Kommunalpolitik
Wer in den Kommunen aktiv werden will, hat dazu zahlreiche Möglichkeiten. Viele angehende Kommunalpolitiker, Organisatoren von Bürgerbegehren, Einreicher von Petitionen und Ausschussmitglieder stehen aber zunächst etwas ratlos vor dem kommunalen "Markt der Möglichkeiten", eben weil er so vielfältig ist. Wichtig ist zu wissen, wo es Informationen gibt.
Die Kommunalverfassung bietet einen soliden Einstieg. Die Kenntnis der kommunalen Grundstruktur führt dann schnell zur nächsten Wegmarke. Wo will oder kann ich mich engagieren: In den Gemeinden, in einem Landkreis oder doch lieber in meinem Ortsteil? Möchte ich hauptamtlich oder ehrenamtlich aktiv werden? Welche Rechte haben Gemeindebewohner? Will ich allein, mit einer Einwohner- oder Bürgerinitiative oder mit einer Partei handeln? Kommunen dürfen viel allein entscheiden, werden aber auch kontrolliert und sind rechtlich in die Bestimmungen von Bund und Land eingebunden.
Ortsbeiräte
Die Mitglieder sind wichtige Bindeglieder zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern im Ortsteil und der Gemeinde. Sie haben nicht die umfangreiche Entscheidungsgewalt wie die Gemeindevertretungen, können aber auch nicht einfach übergangen werden.
Wählen darf man in Brandenburg auf kommunaler Ebene übrigens ab 16 Jahren. Mit 18 darf man selbst kandidieren. Und erst kürzlich hat die Kommunalverfassung die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen gestärkt. Jetzt gibt es eigentlich nur noch eins: loslegen.
Kommunalwahlen 2024
Bei Kommunalwahlen wählen die Bürgerinnen und Bürger Abgeordnete für ihre Ortsbeiräte, Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen und Kreistage.
Funktioniert die kommunale Ordnung wirklich?
Ist Brandenburg in den Kommunen gut aufgestellt, zukunftsfähig mit 14 Landkreisen, den kreisfreien Städten und verschiedenen Ämtern? Die Zahl der Brandenburgerinnen und Brandenburger soll Berechnungen zufolge drastisch zurück gehen, der Altersdurchschnitt ebenso bemerkenswert steigen. Wie muss eine zeitgemäße Verwaltung aussehen, damit sie effektiv ist und zugleich bürgernah funktioniert? Über Reformen der bestehenden Struktur gab es immer wieder und zuletzt sehr heftige Debatten zwischen Landes- und Kommunalpolitikern, Verwaltungs-, Politik- und anderen Experten. Die Pläne zur Zusammenlegung von Landkreisen und Abschaffung der kreisfreien Städte (bis auf die Landeshauptstadt Potsdam) sind vorerst vom Tisch, weil sich Kommunen und Land nicht einigen konnten.
Was bedeutet das für die Kommunalpolitik in Brandenburg? Die Kommunen selbst sehen zuversichtlich in die Zukunft und setzen auf strukturelle Veränderungen, die sich aus der täglichen Praxis ergeben. An erster Stelle steht die Zusammenarbeit über einzelne Landkreise und Kommunen und auch Ländergrenzen hinweg. Beispiele dafür sind:
- der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg,
- der Tourismusverband Spreewald,
- die Regionalleitstelle der Feuerwehr in Cottbus,
- Kooperationen in Frankfurt (Oder) mit Nachbarkreisen bei Adoptionen und in der Landwirtschaft,
- die gemeinsame Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge des Landkreises Prignitz mit dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin in Wittstock.
Die Kommunen haben sich in eigenen Interessengemeinschaften zusammen geschlossen. Die Spitzenverbände in Brandenburg sind:
- der Städte- und Gemeindebund Brandenburg,
- der Landkreistag Brandenburg.
Änderungsbedarfe auf kommunaler Ebene wird es immer geben, zur Zeit als Mammutaufgabe vielleicht die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die nicht zuletzt auch mehr Bürgernähe schaffen soll.
Geschichte der Selbstverwaltung
Das Recht von Städten und Gemeinden, örtliche Angelegenheiten selbst zu verwalten und politische Entscheidungen zu treffen, ist keine Erfindung unserer Zeit. Die Bürgerschaft hat um diese Form der Teilhabe am politischen Leben sehr lange ringen müssen.
BLPB, Juli 2018
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