Früher war es einfach: kahler Kopf, Kampfstiefel, Bomberjacke. Fertig war der Nazi - und leicht erkennbar. Heute kleiden sich Rechtsextreme vielfältiger und modebewusst. Einige Marken distanzieren sich, andere lassen wenig Zweifel an der Gesinnung ihrer Hersteller und Träger.
Als Verwirrspiel nehmen Beobachter die Modewelt der rechten Szene wahr. Der Stil habe sich völlig verändert. Auch wenn in den Medien noch häufig das Bild des uniformierten, gewaltbereiten und Gewalt signalisierenden Neonazis gezeigt wird, so wird es zunehmend schwieriger, von der Kleidung auf die Gesinnung zu schließen. Kurzrasierte Haare, so genannte Bomberjacken und Kampfstiefel werden inzwischen auch von Jugendlichen getragen, die nicht rechtsextremistisch denken.
Auf der anderen Seite hat die rechte Szene teilweise Symbole aus der linken Szene übernommen: schwarze Markenkleidung, Kapuzen- Pullis, Halstücher, Baseballkappen. Linke Heldenfiguren wie der argentinische Freiheitskämpfer Che Guevara oder das so genannte Palästinensertuch werden dabei mit eigenen Sprüchen versehen und umgedeutet. Das Ergebnis: ein Imagewandel, der es für Außenstehende schwierig macht, sich zurecht zu finden und es Neonazis ermöglicht, im gesellschaftlichen Alltag zur Normalität zu werden und ungestört ihre Botschaften zu verbreiten.
Inzwischen gibt es zahlreiche Internetseiten, die sich ausführlich mit rechter Mode beschäftigen. So auch das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen. Seine Beobachtung:
Jugendliche, die sich nach außen sichtbar als rechtsextrem outen wollen, tragen heute eher Marken rechtsextremer Versandfirmen oder Druckmotive, Abzeichen und Aufnäher mit szene-internem klarem Code. Dieses Outfit wirkt keineswegs immer martialisch oder militaristisch... Manchmal deutet lediglich ein dezentes Druckmotiv auf Hemden oder Jacken auf die rechtsextreme Gesinnung hin... Viele Rechtsextreme verzichten zudem bewusst auf jegliche Bekleidung, die die politische Gesinnung nach außen zum Ausdruck bringt."
Die Modelabel "Thor Steinar" und "Eric and Sons" haben ihren Sitz in Brandenburg. Sie sind bei Rechtsextremisten besonders beliebt. Das bedeutet aber nicht, dass auch die Unternehmen, die dahinter stehen, rechtsextremes Gedankengut vertreten. "Londsdale" etwa hat sich offen davon distanziert. Andere Labels lassen bereits im Namen erkennen, wofür sie stehen, zum Beispiel „Masterrace“ („Herrenrasse“) oder „Rizist“ (für Widerstand).
„THOR STEINAR“
Eine der beliebtesten Kleidermarken in der rechten Szene ist das Modelabel "Thor Steinar". Hergestellt und vertrieben wird es von den Firmen Mediatex GmbH, Skytec Outlets und Protex. Zentraler Firmensitz ist das brandenburgische Mittenwalde. Das Tragen von „Thor Steinar“ dient als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten.
Typisch für die Mode sind Tarnfarben und -muster sowie gedruckte Schriftzüge in Runenschrift, oft mit völkischer Symbolik aufgeladen durch die Verwendung entsprechender Farben und Schrifttypen. Auch Bekleidung mit militärischen Bezügen wird angeboten. Hierzu zählt etwa die modische Verarbeitung der ME 262 – ein in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges als „Wunderwaffe“ angepriesenes Flugzeug.
Die rechtsextremistische Ausrichtung von „Thor Steinar“- Trägern wurde am 28. August 2007 in Königs Wusterhausen deutlich: Dort wurden mit blauer Farbe an den Kletterwänden auf einem Spielplatz Symbole und Schriftzüge wie „PUNKS RAUS - HITLER JUGEND - SIEG HEIL - HEIL HITLER - NAZIS4eva - Thor Steinar - SRS - NINO BITCHES - SS/SA- 18/88“ festgestellt.
“ERIC AND SONS“
Die in Königs Wusterhausen ansässige Marke „Eric and Sons“ bemüht sich um die rechtsextremistische Kundschaft von "Thor Steinar". Nicht umsonst bezeichnet der einschlägig rechtsextremistisch bekannte Internet-Versandhandel „Rock-Nord“ die Käufer von „Thor Steinar“- Artikeln als „patriotische“ Kunden.
Die Modemarke „Erik and Sons“ unterstützte neben bekannten Vertrieben aus der Musikszene wie zum Beispiel PC Records und Opos Records den „Nationalen Widerstand Berlin“. So geschehen am 10. Juli 2009 bei der Solidaritätsfeier des „Nationalen Widerstands Berlin“.
Immer seltener tragen Rechtsextremisten offene Botschaften wie zum Beispiel Aufnäher mit Losungen wie „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“ oder die so genannten „Gaudreiecke“, die sich an Kennzeichen der Hitlerjugend orientieren und der regionalen Zuordnung des Trägers dienen. Die öffentliche Verwendung von „Gaudreiecken“ ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs gemäß § 86 a StGB strafbar, da sie unabhängig davon, ob sie mit den von der Hitlerjugend verwendeten Abzeichen im Detail übereinstimmen, mit diesen zumindest verwechselbar sind.
Statt dessen werden Codes geschaffen, um Botschaften zu übermitteln und Zugehörigkeiten zur Szene intern deutlich zu machen. Dabei werden vorhandene Modelabels wie zum Beispiel Lonsdale, das auch außerhalb der Szene sehr beliebt ist, für eigene Zwecke umgedeutet.
“LONSDALE“
Beim Tragen unter der geöffneten Jacke sind die Buchstaben „NSDA“ zu erkennen. Es handelt sich aber um einen weitverbreiteten Sportartikelhersteller, der sich von dem Missbrauch seiner Produkte ausdrücklich distanziert und in Kampagnen gegen Rassismus engagiert.
„CONSDAPLE“
Auch bei „CONSDAPLE“ ist die Sichtbarkeit der Buchstaben „NSDAP“ das ausschlaggebende Element.
Das Label dürfte im Gegensatz zu „LONSDALE“ gezielt für einen Absatz unter Rechtsextremisten kreiert worden sein, da es ausschließlich in entsprechenden Szeneläden oder im einschlägigen Versandhandel erhältlich ist.
Die Entwicklungen in der rechten Mode entsprechen denen in der Organisation der rechten Szene insgesamt. Auch dort wird es zunehmend schwieriger, Zugehörigkeiten eindeutig zu erkennen, weil sich ihre Anhänger in wenig oder kaum organisierten Verbänden zusammen finden, die formal lose agieren.
Gegen die Modemarke "Thor Steinar" hat sich öffentlicher Widerstand formiert. Besonders bekannt ist das Label "Storch Heinar" geworden. Es entstand in Mecklenburg-Vorpommern als satirische Auseinandersetzung mit "Thor Steinar".
Endstation Rechts, ein bundesweit agierendes Projekt gegen Neonazis, verkauft unter dem Namen Storch Heinar Textilartikel, in der beliebte rechte Motive aufs Korn genommen werden. Die Erlöse aus dem Bekleidungsverkauf fließen nach Angabe von Endstation Rechts in die redaktionelle Arbeit gegen Rechtsextremismus.
BLPB, März 2013
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