Die Neonazi-Partei "Die Rechte" tritt immer aggressiver auf. Rufe nach einem Verbot werden daher lauter. In Brandenburg gibt es einen Landes- und einen Kreisverband. "Die Rechte" gilt vielen als Alternative zur NPD, sollte diese verboten werden.
„Eine neue NPD steht schon bereit“, „Harmloser Name – knallharte Nazis“, aber auch: „Keine Erfolgsaussichten“, so titelten die Medien im Sommer 2012. Die Aufmerksamkeit galt einer Partei, deren Gründung fast untergegangen wäre, so lautlos war sie über die politische Bühne gegangen. Ihr Name: „Die Rechte“.
Sammelbecken für DVU-Funktionäre und Kameradschaften
"Die Rechte" gewinnt ihre Mitglieder unter ehemaligen DVU-Anhängern und gewaltbereiten Neonazis. In Brandenburg besteht der Kreisverband der Partei aus überwiegend jungen Mitgliedern, die der Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB) angehörten. Diese hatte sich 2010 aufgelöst, um einem Verbot zuvorzukommen. Der 2014 gegründete Kreisverband Märkisch Oderland Barnim tritt nun mit der gleichen Abkürzung (KMOB) wie die Neonazi-Kameradschaft auf.
Christian Worch, ein mehrfach vorbestrafter Rechtsextremist aus Hamburg, hatte sie zu Pfingsten 2012 als neue Rechtsaußen-Partei mit ehemaligen Funktionären der Deutschen Volksunion (DVU) gegründet.
Anfang 2015, also kaum drei Jahre später, gerät die kleine Neonazi-Partei erneut in die Schlagzeilen. Bundesweit hat sie nur rund 500 Mitglieder. Doch die treten so brutal auf, dass Gegner inzwischen laut über ein Verbot der Partei nachdenken. Für die organisierte Neonazi-Szene wäre dies nicht ohne Bedeutung, denn vielen gilt "Die Rechte" als Alternative zur NPD, sollte diese verboten werden.
Was möchte die Partei?
Auf den ersten Blick mutet alles seriös an, schrieb etwa der Spiegel: Im Parteiprogramm, das "Die Rechte" fast eins zu eins von der DVU übernommen hat, werden offene neonazistische Standpunkte vermieden. Gleich zu Beginn des Programms steht dagegen das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Demokratie und eine verstärkte Teilnahme des Bürgers seien ihre Ziele, heißt es im zehnten Punkt. Dahinter steht jedoch ein Demokratieverständnis, das mit der Würde jedes einzelnen Menschen nichts mehr zu tun hat. So finden sich im Programmtext typisch rechtsextreme Inhalte:
• die "Wahrung der deutschen Identität"
• die "Aufhebung der Duldung von Ausländern"
• der "Schutz des Volkes vor Übergriffen".*
Aber "Die Rechte“ will mehr sein als die NPD. Parteichef-Worch, gelernter Rechtsanwaltsgehilfe, greift weiter aus. Ihm geht es nicht nur um die organisierten Rechtsextremisten. Gezielt werden Anhänger unter den so genannten freien Kräften und Kameradschaften gesucht, gewaltbereite Neonazis, die – wie zum Beispiel die verbotene Gruppe „Spreelichter“ eher lose agieren und öffentlichkeitswirksame Aktionen durchführen.
Es ist zu befürchten, dass Neonazis die Organisationsform der Partei zur Umsetzung ihrer Aktions- und Gewaltorientierung nutzen wollen."
Hans-Georg Maaßen, Verfassungsschutzpräsident*
Dieser Ansicht ist auch der Kölner Anwalt Gerhard Militzer. In einem Gutachten für "Die Linke" schlussfolgert er, "Die Rechte" sei nicht aus Überzeugungen gegründet, sondern aus taktischen Überlegungen. Eine Partei im Sinne des Grundgesetzes sei sie damit nicht und genieße daher auch nicht den besonderen Parteienschutz, der sich daraus ergibt.* Der Hintergrund dieser Argumentation sind Bestrebungen, "Die Rechte" verbieten zu lassen.
Holocaust-Leugner: Worch gehörte zu den Neonazis, die 1978 teils mit Eselmasken verkleidet in Hamburg Schilder hochhielten, auf denen stand:
"Ich Esel glaube immer noch, dass in deutschen KZs Juden ‚vergast‘ wurden".
Wie geht es mit "Die Rechte" weiter?
Die Forderungen nach einem Verbot von "Die Rechte" laufen parallel zu den Bemühungen, die NPD verbieten zu lassen. Gerade das Beispiel NPD zeigt, wie schwer Parteienverbote durchzusetzen sind. Wer eine Partei verbieten lassen will, muss vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Dort prüft das Gericht gerade zum zweiten Mal, ob ein Verbotsverfahren gegen die NPD eröffnet werden kann.
Wie es mit "Die Rechte" weiter geht, ist schwer vorherzusagen. Zum einen ist die rechte Szene momentan stark zersplittert. Dies betrifft sowohl den Grad der Organisation, die von Parteistrukturen über lockere Zusammenschlüsse bis zu spontanen, aktionsorientierten Gruppen reicht, aber auch programmatische Differenzen (gemäßigte vs. radikale Positionen) und persönliche Zerwürfnisse (u.a. Ex-DVU-Mitglieder gegen NPD-Funktionäre).
Auch ist das genaue Profil der Partei noch nicht ganz klar. Nach der Auflösung der DVU wollte Worch nach eigenen Aussagen in eine „Marktlücke“ stoßen, „radikaler als die REPs und die Pro-Bewegung“ sein, aber „weniger radikal als die NPD“. Zugleich hält er "Die Rechte" aber offen für das gesamte Rechtsaußen-Spektrum.
Die Aussicht, sich längerfristig zu etablieren, wird von Beobachtern eher gering eingeschätzt. So schreibt etwa die Internetplattform "Endstation Rechts", die Erfolge dieser Splitterpartei dürften "äußerst überschaubar bleiben.“
Auch der Politikwissenschaftler Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam erwartet kaum ernsthafte Wahlchancen. Ein Grund dafür dürfte in Worchs Radikalität liegen. Gemäßigtere Rechte seien damit kaum zu gewinnen.* Allerdings zählt Parteigründer Worch zu den erfahrensten Neonazis in Deutschland. Er hat eine lange Biografie in der rechten Szene und ist entsprechend vernetzt.
Mit Selbstvertrauen in die Zukunft
In der breiten Öffentlichkeit wird die Partei noch kaum als politische Kraft wahrgenommen. Zur Bundestagswahl 2013 trat "Die Rechte" nur in Nordrhein-Westfalen an. Sie erhielt landesweit insgesamt nur 2.245 Zweitstimmen. Das entsprach einem Zweitstimmenanteil von 0,0 Prozent. Zur Europawahl 2014 scheiterte die Worch-Partei bereits bei der Sammlung der nötigen Unterstützungsunterschriften. In Dortmund, Hamm (Westfalen) und in Bautzen (Sachsen) sitzen allerdings Mitglieder der Partei in den Stadträten.
Dass "Die Rechte" selbst mit einigem Selbstvertrauen in die Zukunft blickt, zeigt sich in ihrem aggressiven Auftreten ebenso wie in der Gründung von Landes- und Kreisverbänden, die von außen betrachtet, kaum ernst zu nehmen sind. So gründete sich in Brandenburg am 26. Januar 2013 ein Landesverband, der auch Vater-Mutter-Kind heißen könnte, denn von den 5 Mitgliedern gehören drei einer Familie an. Allerdings soll durch rechte "Prominenz" den Kleingründungen Bedeutung verliehen werden. Bei der Bildung des ersten Kreisverbandes der Partei in Brandenburg "Märkisch Oderland Barnim" (KMOB) war etwa Christian Worch am 1. Februar 2014 als Gründungswahlleiter anwesend.
Ebenso wie die NPD versucht "Die Rechte" in Brandenburg, auf kommunaler Ebene Fuß zu fassen. Zur Kommunalwahl 2014 machte "Die Rechte" auf ihrer Webseite zusammen mit dem NPD-Logo Werbung für die NPD-Kandidaten. Und die hatten Erfolg. Die NPD konnte ihre kommunalen Mandate in Brandenburg von 28 auf 49 steigern. Der Verfassungsschutz Brandenburg beobachtete 2013 zudem ein starkes Interesse des Landesverbandes in Berlin, sich mit der Brandenburger Gruppe zu vernetzen. Vor einem allzu schnellen Abwinken sollte deshalb gewarnt werden.
Darauf weisen auch wissenschaftliche Untersuchungen hin, die einen Zusammenhang zwischen Verboten und der Entwicklung von "Die Rechte" sehen. So scheinen Verbote rechtsextremer Vereinigungen der neuen Partei zu nutzen. Zum Beispiel habe der Eintritt der verbotenen Autonomen Nationalisten in "Die Rechte" gezeigt, dass ein Verbot nicht zwangsläufig dazu führe, dass die Mitglieder in den Untergrund gingen, gibt etwa der Düsseldorfer Rechtsextremismus-Experte Fabian Virchow zu bedenken.
Die Assoziation zur Partei "Die Linke" ist gewollt und zeigt sich deutlich an dem roten Dreieck im Logo. Der rote Pfeil über dem „i“ im Namen wurde übernommen, er zeigt aber nach rechts. Bis zum 31. Dezember 2012 zählte die Partei insgesamt 213 Mitglieder - die Mehrzahl vermutlich Mitglieder der verbotenen Neonazi-Gruppe "Nationaler Widerstand Dortmund".
Der Brandenburger Verfassungsschutz rechnet mit einer Steigerung der Parteiaktivitäten und einer stärkeren neonationalistischen Ausrichtung der Partei, die sich aus dem Zulauf der so genannten "Freien Kräfte", gewalt- und aktionsorientierter Rechtsextremisten ergeben könnte. Zumindest regional sieht die Behörde "Die Rechte" als eine ernsthafte Konkurrenz für die unter Mitgliederverlusten leidende brandenburgische NPD.*
Aufhorchen lässt auch eine Äußerung Worchs, die auf die strategische Reichweite seiner Parteigründung verweist. Der Clou des Namens "Die Rechte" sei demnach, dass man mit dem Verweis auf die Partei Die Linke dem „Normalbürger“ die Angst nehmen könnte, indem gesagt werde: „Wenn es eine Linke gibt, sollte es folgerichtig auch eine Rechte geben.“*
Damit koppelt Worch die weitere Entwicklung seiner Partei unmittelbar mit ihrer Akzeptanz in der Gesellschaft. Viel wird also davon abhängen, wie sich jeder Einzelne der neuen Vereinigung gegenüber verhält.
Landeszentrale, Januar 2013 (zuletzt überarbeitet im Februar 2015)
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