Ein Smartphone ohne Apps? Das gibt es nicht! Doch nutzen auch Institutionen der politischen Bildung die digitalen Pfade? Eine kleine Bestandsaufnahme.
Ich interessiere mich für politische Bildung. Für Viele klingt das so wie für mich die Aussage: Angeln ist interessant. Ich fische aber gern nach neuen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft, weil es mir nicht egal ist, wenn populistische Redenschwinger an Einfluss gewinnen oder demokratiefeindliche Gruppen im Internet rumwildern.
Nun gibt es eine neue App, die dabei helfen soll, an Ort und Stelle zu sein, wenn's drauf an kommt.
Seit Anfang des Monats ist sie online, die App „Gegen Nazis“. Eine schnelle, mobile Vernetzung aller, die den Rechtsextremen auf der Straße entgegentreten wollen – das ist der Gedanke hinter der Anwendung. Eine gute Idee! Denn jeder kennt es wohl (mich eingeschlossen): Man hat die Termine für Demos auf Plakaten gelesen und gedacht „Oh ja, ich müsste mich endlich mal wieder engagieren, dort sollte ich unbedingt hingehen“.
Macht man aber am Ende des Tages doch nicht, weil man es schlichtweg vergisst.
Aber nun erinnert die App mit Push-Nachrichten an Ort und Zeit des Geschehens. Der Gedanke scheint anzukommen. Nach Freischaltung der App haben sich inzwischen – zumindest nach Angaben im Android Store – rund 1.000 Personen das Programm heruntergeladen.
Ich frag mich, wer die anderen 999 neben mir sind, die nun diese Anwendung auf ihrem Smartphone haben? Ich tippe auf 999 Gleichgesinnte. Wer sich zuvor nicht für das Thema interessiert hat, wird kaum über „Gegen Nazis“ dafür zu gewinnen sein. Eine App macht eben noch keinen demokratischen Frühling.
Wäre es nicht also sinnvoll, diese schöne, neue digitale Welt der Apps zu nutzen, um etwas mehr für Demokratie zu werben? Allein mit Blick auf die Pegida Bewegung könnte es sicher nicht schaden.
Aber wenn man sich bislang umschaut, dann ist auf weiter Flur kaum etwas zu sehen. Alle nur denkbaren Schlagwörter führen zu keinem nennenswerten Ergebnis: „Demokratie“, „Politik“ , „Integration“ , "Willkommenskultur" und so weiter - Fehlanzeige!
Bei der Gesamtsuche sind als App allein ein politisches Lexikon und der Wahl-O-Mat der BpB sowie eine für mich eher merkwürdige, weil undurchschaubare „Demokratie 2.0“ Anwendung und die Umsetzung der Amadeu Antonio Stiftungs-Website (no-nazi.net) zu finden.
Nicht nur ist das Angebot sehr schmal, beim Blick in die Anwendungen zeigt sich zudem, dass der Mehrwert einer App aus ihnen nicht hervorgeht, den Wahl-O-Mat ausgenommen.
Apps haben entweder einen praktischen oder unterhaltsamen Nutzen, sie komprimieren Informationen und bieten einen klaren, schnellen Überblick – insbesondere sollten sie eine Website nicht einfach spiegeln, sondern um neue, andere Aspekte ergänzen.
Diese Erkenntnis scheint aber bislang in der politischen Bildung noch nicht großflächig angekommen zu sein. Sollte sie aber, und zwar schnell, möchte man das Web 2.0 nicht denen überlassen, die mit ihren antidemokratischen und fremdenfeindlichen Parolen dort momentan wirkungsvoller Menschen mobilisieren, als es etwa den Gegenangeboten der politischen Bildung gelingt.
Sicher, Anwendungen mit Titeln wie „Spiel und Spaß für mehr Demokratie“ würden sich vermutlich nicht unter den TOP 100 der Download Charts wiederfinden.
Und dennoch erscheint es mir wichtig, sich dieser Herausforderung jetzt zu stellen. Denn auch vom rechten Rand wird dieses Potenzial nicht ungenutzt bleiben. Bislang erschienene Apps mit rechten Tendenzen sind nach einer Weile dank der Meldungen anderer Nutzer immer wieder verschwunden, doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein Weg gefunden wird, dies zu verhindern.
Also, politische Bildung, auf die Apps, fertig, los!
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Kommentare
KommentierenPolitische Bildung draußen
Oha, da haben Sie ja zum Jahresende noch eine große Tür aufgestoßen. Bei den Apps mal genauer hinzuschauen, ist ganz sicher eine wichtige Anregung. Aber ganz so unbeackert ist das Feld durch die politische Bildung nicht.
Eine Auswahl von Apps in der politischen Bildung hatten wir vor einiger Zeit auf die Seite "Politische Bildung draußen" gestellt. Der Artikel ging allerdings von einem Einsatz im Rahmen der institutionalisierten politischen Bildung aus, wobei einige auch für "Jedermann" geeignet sind.
Vielleicht könnten wir hier eine Ideensammlung starten? "Werben für Demokratie", mit unseren Angeboten versuchen wir das tagtäglich. So finden sich die von Ihnen genannten Schlagworte „Demokratie“, „Politik“, „Integration“, "Willkommenskultur" und andere zum Beispiel in unserem Veranstaltungskalender. Dort gibt es auch konkrete Projekte zum Mitmachen von Akteuren aus ganz Brandenburg.
Ließe sich daraus nicht mehr entwickeln? Politische Bildung Brandenburg - mit allen Projekten/Aktionen/Veranstaltungen im Land - und der Nutzer muss nicht auf verschiedensten Seiten surfen.
Eigene Angebote einstellen kann schon jetzt jeder Veranstalter, mit der Kommentarfunktion kann auch nach Projektende berichtet werden. Welche Funktionen müssten noch dazu kommen, damit so etwas einen echten App-Mehrwert hätte?
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