Was, wenn Gülec Meier heißen würde? (1. Teil)

Die Soziologin Emsal Kilic hat für ihre Diplomarbeit an der Berliner Humboldt-Universität ein interessantes Experiment unternommen: Zunächst richtete sie jeweils zehn E-Mail-Adressen mit deutsch bzw. türkisch klingenden Namen ein. Von dort aus bewarb sie sich dann insgesamt vierhundert Mal um Wohnungen in den Berliner Stadtteilen Neukölln und Wilmersdorf. Alle E-Mails waren dabei in einwandfreiem Deutsch gehalten. Das Ergebnis: In Wilmersdorf, das den Ruf einer besseren Wohngegend hat, erhielten die Bewerberinnen mit den deutschen Namen sechs positive Antworten, die mit den türkischen Namen keine einzige. In Neukölln, das oft als Problembezirk gesehen wird, hatten die türkischen Interessentinnen etwas bessere Karten: Bei ihnen gingen elf positive Reaktionen ein. Die deutschen Bewerberinnen bekamen dreizehn.

Im zweiten Teil des Experiments ging es nun darum, einen Termin für die Wohnungsbesichtigung zu vereinbaren. Auch hier achtete Emsal Kilic auf identische Ausgangsbedingungen: In fehlerfreiem Deutsch gaben beide Bewerberinnen vor, mit einem berufstätigen Mann verheiratet zu sein und ein Kind zu haben. Das Resultat: Während die deutsche Bewerberin neun Termine vereinbaren konnte, erhielt die türkische Interessentin nur vier Gelegenheiten zur Wohnungsbesichtigung. Nach Wahrnehmung der Besichtigungstermine (hierbei wurde wiederum auf möglichst identische Voraussetzungen geachtet), bekam die deutsche Bewerberin vier Zusagen. Der türkischen Frau wurde lediglich eine sanierungsbedürftige Erdgeschosswohnung in Neukölln angeboten.

Der Stadtsoziologe Prof. Dr. Hartmut Häußermann, der die Diplomarbeit betreute, kommentierte das Ergebnis gegenüber der Berliner Morgenpost folgendermaßen: „Die Arbeit von Frau Kilic beweist auch, dass Parallelwelten unter anderem deshalb entstehen, weil Menschen mit Migrationshintergrund in bestimmten Bezirken einfach keine Wohnung bekommen.“

Emsal Kilic schickte ihre Bewerbungen nur an Vermieter mit mehr als fünfzig Wohnungen, darunter auch landeseigene Wohnungsgesellschaften. Eigentlich gilt für Wohnungsunternehmen dieser Größenordnung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft verbietet. Die Wirkung des Gesetzes wird von Mieterorganisationen allerdings skeptisch beurteilt. Benachteiligungen sind nämlich oft nicht gerichtsfest nachzuweisen. Zudem gibt es im Gesetz eine Klausel (§ 19, Abs. 3), die es den Wohnungsgesellschaften erlaubt, Bewerber unterschiedlich zu behandeln, wenn dies zur Gewährleistung „ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ erforderlich ist. Richtig begründet, kann Diskriminierung also zulässig sein.

Bei aller Kritik sollte man allerdings bedenken, dass es das AGG erst seit gut zwei Jahren gibt. Die langfristigen Wirkungen des Gesetzes bleiben abzuwarten. Emsal Kilic fordert (in dem erwähnten Morgenpost-Artikel) keine Änderung des Gesetzestextes, sondern plädiert für eine Anlaufstelle, die Betroffene über ihre Rechte informiert und die bei Diskriminierungen vermittelnd eingreift.

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Diskriminierung, o.k. Aber hätte jemand eine Chance, in Neukölln in einer türkischen oder arabischen Nachbarschaft eine Wohnung zu bekommen, wenn er schwul, Bahai, Jude oder evangelischer Freikirchler wäre? Welche Chance hätte ein Burschenschaftler in Kreuzberg? Wie lange würde ich mit einer israelischen Fahne durch Friedrichshain gehen?

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