Besucht die Gesamtschule in Kunow
Schule
Das Schuljahr ging ganz schön beschissen los. Fast alle Lehrer sind neu, denn die alten sind abgehauen, weil die Schule zumacht. Nur unsere Klassenlehrerin ist geblieben. Die neuen Lehrer sind schon älter und manche sind auch ganz nett, aber einige sind streng und genervt, meistens beides.
Die stellen uns hin, als ob wir doof sind und nichts können. Dadurch macht der Unterricht keinen Spaß mehr, mir jedenfalls nicht. Ist nicht schön, wenn die immer grimmig gucken und sagen, wir wären alle blöd.
In unserer Klasse sind 17 Schüler. Für die Stunden ziehen wir oft um, in Raum 10 ist Deutsch, in Raum 14 Chemie usw. Ist schon komisch in einem fast leeren Gebäude.
Beruf
Ich will Altenpflegerin werden oder Krankenschwester. Das will ich schon ganz lange. Meine Mutti sagt immer, dass ich dafür geeignet bin. In der 9. Klasse hatte ich zuerst ein Praktikum im Krankenhaus und später noch eins in einem Altenpflegeheim. So ein Beruf würde mir Spaß machen. Die Altenpflegestellen bilden aber keine Lehrlinge aus. Die Arbeitsvermittlung hat mir Adressen genannt, auch in Hamburg. Wenn es da klappen würde, dann geh ich natürlich dahin. Die anderen finden gut, dass ich mit alten Leuten zu tun haben will. Ich bin eigentlich optimistisch, dass es klappt. Ich hab ja auch noch ein bisschen Zeit. Meine Zensuren sind ganz gut, im letzten Zeugnis fast alles Zweien. Ich hab jetzt schon 15 Bewerbungen für ne Lehrstelle geschrieben. Antwort hab ich noch keine.
Freizeit
Zeitung lesen tu ich nicht, nur die Bravo. Im Fernsehen guck ich immer „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Unter uns“, weil die die Probleme zeigen wie im richtigen Leben. Big Brother oder Dschungelshow find ich blöd. Im Unterricht lesen wir gerade das Buch „Ab in den Knast“. Das handelt von einem Jungen, der ist 16 und war mit Freunden unterwegs. Dann hat er was geklaut und einem andern die Flasche übern Kopf gehaun und dann ist er im Knast gelandet, weil der andere dran gestorben ist. Find ich interessant, aber sonst les ich keine Bücher.
Politik
Über Politik reden wir nicht viel zu Hause. Ist nicht unser Thema. In PB (Politische Bildung) nehmen wir gerade das Grundgesetz durch. Ist schon wichtig, weil man da nachlesen kann, was man für Rechte hat. Ich finde, die Politiker müssten endlich mal was gegen Ausländer tun, denn die nehmen uns alle Arbeitsplätze weg. In den meisten Krankenhäusern sind die Pfleger und Schwestern nur noch Ausländer. Das hat mir eine Krankenschwester in Pritzwalk erzählt, als ich mein Praktikum gemacht habe. In dem Krankenhaus dort gibt es nur einen Ausländer. Der ist Arzt und sehr nett. Ich glaub, der kommt aus Russland. Ausländer sehe ich sonst wenig. Hier auf dem Dorf leben keine, die sind mehr in den Städten.
Ich war schon mal richtig doll verliebt. Eigentlich könnte man sagen, das war meine große Liebe. Kondome oder Pille haben wir nicht gebraucht, so weit kam es noch nicht. In der 7. Klasse waren wir schon mal zusammen, dann hatte ich Schluss gemacht. In der 8. war Funkstille und in der 9. kam er wieder an. Dann bekam er Stress mit seinen Eltern und hat Schluss gemacht. Ich weiß nicht, warum. Beim Abschied hat er gesagt, dass er mich noch liebt. Da hab ich ganz schön gelitten. Ich liebe ihn ja auch noch. Wenn ich ihn mal sehe, dann merke ich, dass ich noch Gefühle für ihn habe. Aber reden können wir nicht darüber, er will nicht.
Jugendweihe
Meine Jugendweihe war ein tolles Fest, jedenfalls am Anfang. Zum Schluss dann nicht mehr. Da hatte ich alles durcheinander getrunken, Schnaps, Wein, Sekt und mir ging’s total beschissen. Danach hab ich das ganze Jahr keinen Alkohol getrunken, nur noch Selters. Erst zu Silvester ’n kleinen Schluck Sekt. Nee, das passiert mir nicht noch mal. Rauchen tu ich, seit ich 12 bin, so ungefähr fünf pro Tag. Die Aufkleber auf den Schachteln stören mich nicht. Ich find’ auch die Sprüche ziemlich schwachsinnig. Was soll denn das heißen – Raucher sterben früher!? Deswegen hör ich doch nicht auf zu rauchen.
Zukunft
Wünsche für die Zukunft? Weiß ich gar nicht so genau. Doch: Ein Haus hätt ich schon gern, eventuell eine Familie, vielleicht auch ein Kind und unbedingt einen Arbeitsplatz.
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