Martina Weyrauch: Herausforderungen politischer Bildung in Brandenburg

Dr. Martina Weyrauch ist eine der profundesten Kennerinnen der politischen Bildung im Land Brandenburg. Sie war vom 19. Oktober 2000 bis zum 31.01.2025 die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung. In ihrem Vortrag anlässlich des Netzwerktreffens für freie Träger der politischen Bildung 2025 zieht sie eine differenzierte Bilanz.

Martina Weyrauch, Leiterin der Landeszentrale, hält einen Vortrag beim Netzwerktreffen am 23.02.25
© Beate Wätzel

Die zentralen Punkte aus dem Vortrag von Martina Weyrauch werden nachstehend zusammengefasst.

Landeszentralen dürfen nicht abgeschafft werden 

Für Martina Weyrauch war der 15. Januar 2025 eine Zäsur in der Entwicklung der politischen Bildung in Deutschland. Am diesem Tag stellte die als rechtsextremistisch eingestufte AfD-Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt einen Antrag zur Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung in Magdeburg. Er wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Die von der AfD angestrebte inhaltliche Kehrtwende gab es so noch nie, sagt Martina Weyrauch. Politische Bildung heute stehe für freies, plurales, kontroverses und weltoffenes Handeln. 

Für mich ganz persönlich, ist dieser 15. Januar 2025 Anlass, eine kleine Bestandsaufnahme für das Land Brandenburg vorzunehmen. Was ist uns in meinen Augen in der politischen Bildung geglückt? Woran sollten wir festhalten und wo müssen wir neu ansetzen und nachdenken? 
Dr. Martina Weyrauch (13. Februar 2025)

Der Beutelsbacher Konsens wird bekräftigt

Die Rede hebt den Beutelsbacher Konsenses hervor, der seit 1976 die politische Bildung prägt. Seine Kernprinzipien hätten sich bewährt. 

  • Überwältigungsverbot: Keine Indoktrination, sondern Befähigung zur eigenständigen Meinungsbildung.
  • Kontroversität: Politische und wissenschaftliche Debatten müssen kontrovers dargestellt werden.
  • Schülerorientierung: Lernende sollen befähigt werden, aktiv am politischen Geschehen teilzunehmen.

Sich nicht verstecken - gegen eine Umdeutung des Neutralitätsgebots

Martina Weyrauch sprach sich ausdrücklich dafür aus, das Neutralitätsgebot nicht umzudeuten und sich dahinter zu verstecken, um die eigene Meinung nicht mehr zu sagen. Rahmen des Handelns, auch in der politischen Bildung, sei das Bekenntnis zum Grundgesetz.

"Wenn von Neutralität die Rede ist, ist nicht selten Überparteilichkeit gemeint. Wir als Landeszentrale beharren entschieden auf eine parteipolitische Unabhängigkeit... Seit unserer Gründung vor 34 Jahren kämpfen wir gegen das Misstrauen der Bevölkerung, sie heimlich doch irgendwie indoktrinieren zu wollen."
Dr. Martina Weyrauch (13. Februar 2025)

Martina Weyrauch, Leiterin der Landeszentrale, hält einen Vortrag beim Netzwerktreffen am 23.02.25
© Beate Wätzel

Erfolge und Misserfolge

Als gelungen bezeichnete Martina Weyrauch die Netzwerke und die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Akteurinnen und Akteure, die in mehr als 30 Jahren politischer Bildung im Land Brandenburg entstanden seien.

Nicht erfolgreich seien die Initiativen der Bundeszentrale und der Landeszentralen für politische Bildung zum Demokratiefördergesetz des Bundes gewesen. Die Bemühungen zur Stärkung der Demokratie müssten auf Landes- und auf Bundesebene miteinander verzahnt werden. 

Als Verlust beschreibt sie die faktische Nichtexistenz der Landesarbeitsgemeinschaft für politisch-kulturelle Bildung in Brandenburg (LAG).

Die politische Bildung habe damit „ein wichtiges Gegenüber beim Erfassen von Problemen im Land verloren und auch eine wichtige Partnerin, um uns mit neuen Anregungen zu konfrontieren.“

„Eindeutig gescheitert“ sei der Kampf der politischen Bildung gegen Hass und Gewalt, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Die „Brandmauer“ und die faktische Ausgrenzung aus dem öffentlichen, repräsentativen Leben hätten die destruktiven Kräfte eher stärker gemacht. Dies gelte vor allem für die sozialen Medien. Um dort dabei zu sein, müssten gewohnte Wege verlassen werden. Es seien mehr Expertise sowie finanzielle Mittel nötig und weniger Begrenzungen des deutschen und europäischen Datenschutzes.

Den Dialog in der Demokratie stark machen

Am Schluss ihres Vortrags sprach sich Martina Weyrauch dafür aus, „wieder einen Schritt zurückzugehen und uns neu zu besinnen“. Dazu gehöre zuzuhören, ganz im Sinne von Bernard Pörksen: 

„Wirkliches Zuhören ist gelebte Demokratie im Kleinen, Anerkennung und Akzeptanz von Verschiedenheit, Suche nach dem Verbindenden, Klärung des Trennenden.“

In einer polarisierten Gesellschaft sei Zuhören essenziell. Die Initiative "Mehr Demokratie e.V." und ihr Format "Reden und Zuhören" könnten dazu beitragen, respektvolle Debatten zu fördern und gemeinsame Lösungen zu entwickeln.

Die Rede schließt mit einem Dank an alle Beteiligten, die sich für eine offene, demokratische Gesellschaft einsetzen.

Der Vortrag von Dr. Martina Weyrauch zum Ansehen, Nachhören und Nachlesen

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Einander zuhören. Herausforderungen politischer Bildung in Brandenburg

BLPB, Februar 2025

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