Wetterleuchten

Cartoons zum Klimawandel von Rainer Ehrt, Nel und Klaus Stuttmann

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Hochsommerliche Temperaturen im April und Schneegestöber im Mai, dazwischen sintflutartige Regenfälle mit Blitz und Donner. Sind die meteorologischen Beobachtungen der letzten Wochen nur Wetter-Kapriolen oder schon eine ausgewachsene Klimakatastrophe?

Zur Beantwortung dieser Frage stellen drei profilierte Karikaturisten ihre gezeichneten Kommentare zum Klimawandel in der Landeszentrale aus. Mit Hintersinn und Ironie zeigen Rainer Ehrt, Nel und Klaus Stuttmann ihre Sicht auf die klimatische Welt im Großen und Ganzen. Auf dem Weg der Erkenntnis lassen die Zeichner kein Kapitel aus, schrecken vor keiner Zukunftsvision zurück und machen auch vor dem heimischen Balkon nicht halt.

Unter dem Titel „Wetterleuchten“ sind seid dem 2. Juli 2007 ca. 60 Cartoons in den Räumen der Landeszentrale zu sehen. Die Besucher können sich schmunzelnd davon überzeugen, dass auch ein ernstes Thema heiter behandelt werden kann und zu nachhaltiger Erkenntnisförderung führt.

Für Witz und Ironie sind Klimaforscher wahrlich ungeeignet

Mit dem Wort Klimaschutz ließ es sich bis vor kurzem recht gut leben. Wie ein Schatten spendendes Blätterdach wölbte sich dieses freundliche Wort über unser Bewusstsein, denn schon mit einem geringen Maß an Aufmerksamkeit war das Gewissen rein. Wir benutzen Umweltpapier, trennen unseren Hausmüll, waschen unsere Handtücher nur noch bei 60 Grad und wässern im Hochsommer die Kastanie vor dem Haus.

Plötzlich aber mutiert der schöne Begriff Klimaschutz zu dem sperrigen Wort Klimawandel, steigert sich auch außerhalb der schlagzeilenträchtigen Überschriften zur hässlichen Klimakatastrophe. Das Gewissen lässt sich nicht mehr so leicht beruhigen. Mit einem mulmigen Gefühl werden die anhaltenden Sonnentage gezählt, wird verstohlen zur Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 30 gegriffen und überlegt, ob tägliches Duschen wirklich notwendig ist.

Klimaforscher und Meteorologen sind jetzt begehrte Gesprächspartner und Kommentatoren in Rundfunk, Fernsehen und Zeitung. Abbildungen von vertrockneten Flussbetten, versandeten Feldern und verdorrtem Getreide rauben den Schlaf und den Glauben an die Weisheiten des Hundertjährigen Kalenders.

Konsequent sollte jetzt um Steakhäuser ein großer Bogen gemacht und nur noch Gemüse verzehrt werden, das vom Bauern des Vertrauens jahreszeitengerecht in der Nachbarschaft geerntet wird. Über die Umwandlung vom Blumen- zum Nutzgarten wird nachgedacht, die Fensterbank für den Anbau von Melonen leer geräumt und auf dem Balkon die Haltung von glücklichen Hühnern erwogen.

Welches Erbe hinterlassen wir unseren noch ungeborenen Enkeln? Wird dann der Spreewald nur noch Wald ohne Spree sein und Knut als letzter Vertreter seiner Art bestaunt werden?

Oder ist alles ganz anders?

Um unter Palmen zu liegen und im 25 Grad warmen Wasser zu baden, wird Rügen zum beliebtesten Urlaubsziel der Deutschen. Riesling von der Nordseeküste und niedersächsischer Spätburgunder sind Exportschlager ebenso wie Bananen und Kaffee von den Plantagen aus Mecklenburg-Vorpommern. Der wirtschaftliche Aufschwung verlagert sich in den Norden und die Tourismusbranche boomt zu allen Jahreszeiten. Wir träumen nicht mehr von Südseeromantik sondern räkeln uns im ganz realen Ostseeparadies.

Karikatur: Klaus Stuttmann
Karikatur: Klaus Stuttmann

Statt auf pessimistische Klimaforscher zu hören, halten wir uns an Paläoklimatologen, die uns optimistische Aussichten auf dauerhafte Super-Sommer geben und eine nie geahnte Artenvielfalt in Fauna und Flora vorhersagen. Und gab es nicht schon vor 2000 Jahren eine anhaltende Schönwetterperiode? Nichts anderes trieb die Römer dazu, ihr Reich bis weit in den Norden auszudehnen. Bei südlichen Temperaturen ließ es sich auch nördlich der Alpen ganz prächtig leben: Architektur und Esskultur, Lust und Liebe begründete das Dolce Vita Made in Cologne. Erst 200 Jahre später wendete sich das Wetter wieder und damit das Schicksal der Römer. Eine Abkühlung ließ die Temperaturen sinken, die Lebensfreude erkalten und die Völker wandern. So weit – so schlecht.

Der Klimawandel ist ein ernstes Thema mit düsteren Aussichten. Für Witz und Ironie sind Klimaforscher wahrlich ungeeignet. Das muss eine andere Berufsgruppe besorgen, die neben dem zeichnerischen Talent auch eine Begabung zu Hell- und Weitsichtigkeit haben: die Karikaturisten.

Drei Vertreter dieser Zunft sind hier versammelt, um mit ahnungsvollem Wissen und kreativem Sachverstand den Wandel des Klimas zu erkunden. Die Ergebnisse sind erfrischend vieldeutig. Vor Nichts und Niemandem wird halt gemacht, kein Aspekt der Weltbedrohung außer Acht gelassen und ganz ohne Respekt hinterfragt. Da erfindet Rainer Ehrt eine neue Arche Noah, um das Automobil vor der kommenden Sintflut zu retten, da geht Klaus Stuttmann endlich das korrekte Energie-Spar-Licht auf und findet Nel nur bei der Wahrsagerin die Antwort auf die existenzielle Klimafrage.

Wer aber hat Schuld an dem Dilemma? Längst ist zwischen Wissenschaftlern eine neue Kontroverse entbrannt über Klimakatastrophe oder Klimahysterie. Ist allein der Mensch der Schuldige oder gibt es einen globalen Wechsel von Eis- und Warmzeiten ganz ohne seinen Einfluss?

Wo findet sich der richtige Weg im Zwiespalt der Gefühle zwischen Fatalismus und Verdrängung? Je extremer die Positionsbestimmung, desto genussvoller die zeichnerische Zuspitzung. Vielleicht sind auch deshalb Karikaturisten wichtige Deutlichmacher und helfen bei den anstehenden Entweder-oder-Fragen.

Schlechtwetter-Fundamentalismus oder Sonnenschein- Euphorie – wie lautet das Rezept für ein prima Klima? Wahrscheinlich setzt es sich aus einer Mischung aus Realismus, Pragmatismus und einer Prise Hoffnung zusammen, um mit der Zukunft auch morgen noch fertig zu werden. Eines aber scheint gewiss: Noch gibt es kein Erfolgsrezept und auch globale Entwürfe für ein wohltemperiertes Klima lassen auf sich warten – packen wir’s an!

Martina Schellhorn
Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung

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