„Ick hab wat gegen Schwule, sag ick mal“, meint der junge Mann, den das Fernsehteam in einer Berliner Fußgängerzone befragt. Die junge Frau an der Bushaltestelle sagt: „Derjenige, der sich halt falsch entscheidet, muss dafür büßen. Jetzt vielleicht nicht auf dieser Erde. Aber am Tag des Jüngsten Gerichts wird sich alles wieder klar stellen.“
Die Zitate stammen aus einem Bericht, der in der letzten Ausgabe des rbb-Magazins Klartext gesendet wurde. Sie können ihn hier anschauen (ca. 8 Min.) bzw. nachlesen. Der Beitrag von Katrin Aue macht deutlich, dass Toleranz und Respekt gegenüber Schwulen und Lesben auch in der liberalen Hauptstadt keineswegs selbstverständlich sind.
In dem Film geht es um Homophobie unter Jugendlichen. Vorgestellt wird eine Untersuchung des Kieler Sozialpsychologen Bernd Simon. Simon befragte 922 Berliner Gymnasiasten und Gesamtschüler nach ihren Einstellungen zur Homosexualität. Dabei kam heraus, dass Homosexuellenfeindlichkeit "unter Schülern mit Migrationshintergrund wesentlich stärker verbreitet“ ist „als in der deutschen Vergleichsgruppe“. So stimmten 69,8 % der männlichen Jugendlichen türkischer Herkunft der folgenden Aussage zu: „Wenn ich ein Kind hätte, das schwul oder lesbisch ist, hätte ich das Gefühl, in der Erziehung etwas falsch gemacht zu haben.“ Bei den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund lag die Zustimmungsquote nur bei 26,9 % (männlich) bzw. 5,7 % (weiblich).
Wo liegen die Ursachen? Im Fernsehbeitrag (und auch in der Studie) wird die These vertreten, es handele sich um „eine Art Klassenkampf“. Je mehr sich die Schüler gesellschaftlich benachteiligt fühlen, desto homosexuellenfeindlicher sind sie. Hinzu kommen religiöse Einflüsse und traditionelle Männlichkeitsvorstellungen. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Studienergebnisse finden Sie hier (PDF).
Berichtet wird auch über ein Aufklärungsprojekt, das der Lesben- und Schwulenverband in der Loschmidt-Oberschule in Berlin-Charlottenburg durchführt. Derartige Projekte sind von kaum zu überschätzender Bedeutung, denn ein wichtiges Ergebnis der Studie von Bernd Simon ist: Je mehr Kontakte die Schüler zu Lesben und Schwulen haben, desto weniger homosexuellenfeindlich sind sie.
Links:
Ein etwas längerer, aber lesenswerter Text zu den jugendkulturellen Hintergründen der Homophobie erschien Anfang Dezember im Blog der Antifa Horgau (das liegt in der Nähe von Augsburg).
AndersARTiG. Homepage des LesBiSchwulen Aktionsbündnisses Land Brandenburg e. V.
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