Haben Sie was gegen Dicke? Bevorzugen Sie Menschen mit heller Hautfarbe? Homosexuelle mögen Sie nicht so? Was ist mit älteren Menschen? Und gegenüber welchen Personengruppen haben Sie sonst noch Vorbehalte?
Jetzt werden Sie wahrscheinlich sagen: Aber nein, ich doch nicht! Ich habe keine Vorurteile! Ähnliches hätte ich bis gestern auch über mich gesagt. Und sogar geglaubt. Na, jedenfalls teilweise.
Erst die Ergebnisse des Impliziten Assoziationstests (ich erkläre Ihnen gleich, was das ist) brachten Ernüchterung: „Ihre Daten lassen vermuten: mittlere automatische Bevorzugung von hellhäutigen gegenüber dunkelhäutigen Menschen … schwache automatische Bevorzugung von dünnen gegenüber dicken Menschen … mittlere automatische Präferenz für heterosexuelle gegenüber homosexuellen Menschen.“ Und: „Ihre Daten lassen vermuten: eine starke automatische Bevorzugung von Wessis gegenüber Ossis.“ Auch das noch.
Was also ist ein Impliziter Assoziationstest (IAT)? Sie können diesen Test auf der deutschsprachigen Website des „Projects Implicit“ gleich selbst machen. Insofern will ich zum Ablauf gar nichts weiter sagen. Den IAT gibt es seit 1998. Er wird unter anderem zur Erforschung unbewusster Einstellungen und Vorurteile verwendet. Auf der Homepage des Projekts findet sich ein Zitat von Dostojewski, das sehr schön verdeutlicht, um was es geht:
"Jeder Mensch hat Erinnerungen, die er niemandem außer vielleicht seinen engsten Freunden erzählt. Er hat außerdem Gedanken, die er nicht einmal seinen Freunden, sondern nur sich selbst und insgeheim offenbart. Darüber hinaus gibt es Dinge, bei denen man es sich nicht einmal traut, sie sich selbst einzugestehen. Jeder normale Mensch hält eine Vielzahl solcher Dinge in seinem Kopf verborgen."
Soweit ich das beurteilen kann, ist die Methode durchaus seriös. Die Wissenschaftler des „Projects Implicit“ weisen allerdings selbst darauf hin, dass man mit Schlussfolgerungen sehr vorsichtig sein sollte. Es gibt weitere Kritikpunkte. Der Psychologe Nikolas Westerhoff erläutert sie in einem SPIEGEL-ONLINE-Artikel. Sein Fazit lautet: „Der IAT misst … Verborgenes, Uneingestandenes. Doch ob es sich dabei um Einstellungen, Schuldgefühle, momentane Stimmungen, Wünsche oder handfeste Vorurteile handelt, ist im Grunde noch unklar.“
Auf der Homepage des „Projects Implicit“ stehen verschiedene Demo-Tests bereit, an denen Sie teilnehmen können.
Bevor Sie loslegen, sollten Sie Folgendes bedenken: Es geht hier um sehr persönliche Dinge. Zwar ist die Website SSL-verschlüsselt und das „Project Implicit“ sichert zu, dass „keine Informationen gespeichert“ werden, „die eine persönliche Identifizierung ermöglichen“. Gleichwohl kann man auch die Auffassung vertreten, dass derart persönliche Angelegenheiten grundsätzlich nicht über das Internet kommuniziert werden sollten. Entscheiden Sie selbst. Die Startseite für die Tests ist hier.
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