
Was 2008 noch neu war, hat in diesem Jahr ein gigantisches Ausmaß erreicht: Der Wahlkampf in den USA wurde in einer bislang unbekannten Intensität im Internet ausgetragen. Die Kandidaten nutzten mehr und mehr Online-Dienste, um Wähler direkt zu erreichen.
Dagegen haben deutsche Parteien bislang noch keinen konsequenten Online-Wahlkampf geführt. Zwar bereiten sich alte wie neue Parteien auf verstärkte Aktivitäten im Internet vor, aber werden diese eine ähnlich große Rolle bei der Gewinnung von Wählerstimmen spielen wie in den USA? Welche Folgen hätte das für die Parteistrukturen hierzulande und wie sieht so ein Online-Wahlkampf aus? Könnten die USA ein Vorbild für Deutschland sein oder ist der Weg in die digitale Gesellschaft doch noch ferner als häufig angenommen?
Diese und weitere Fragen können in der Veranstaltung mit unseren Podiumsgästen diskutiert werden.
Gäste:
- Markus Beckedahl, Blogger auf netzpolitik.org, Autor des Buches "Die digitale Gesellschaft"
- Henrik Flor, Redaktionsleiter des Online-Magazins Enter, US-Wahlkampfbeobachter, 2009 ausgedehnte Studienreise in die USA
- Jean-Pierre Winter, Europäischer Medienwissenschaftler und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur medienlabor (Potsdam)
Standpunkte:
Jean-Pierre Winter
1. Hätten wir in Deutschland eine so stark ausgeprägte digitale Kommunikationskultur wie in den USA in Bezug auf die Verbreitung und Nutzung von Diensten wie twitter und von sozialen Netzwerken wie facebook etc., würden die Parteien und ihre Kandidaten in Deutschland diese Kanäle viel stärker nutzen. Allein aus Kostengründen.
2. Es herrscht seitens der Politik in Deutschland immer noch eine sehr große Angst, in einen Shitstorm zu geraten bzw. mit einem entsprechend umzugehen.
Henrik Flor
Ein furioser Online-Wahlkampf, wie 2008 von Obama absolviert, lässt sich in Deutschland nicht reproduzieren. Das hat viele Gründe (Fehlen einer Botschaft/charismatischen Person, Datenschutzbestimmungen, die dem Sammeln von Wählerdaten Grenzen setzen, keine Notwendigkeit in großem Umfang (online) Spenden sammeln zu müssen, starkes Kontrollbedürfnis über Contents).
Dennoch: Die deutschen Parteien/Kandidaten könnten und sollten sich eine Menge von Obama und Romney abgucken - das würde den Wahlkampf beleben, attraktiv speziell für jüngere Wähler sein, neue Partizipationskanäle eröffnen, die eigene Innovationsfähigkeit unterstreichen - und man bräuchte sich keine Sorgen um die Piratenpartei machen...
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