Straftaten, die sich auf Religion und Weltanschauung beziehen

Beispielsweise jene Gesetze, die Straftaten, die sich auf Religion und Weltanschauung beziehen, unter Strafe stellen. Betrachtet man § 168: Störung der Totenruhe, Absatz 2, dann wird deutlich, dass er im allgemeinen Sprachgebrauch von „Friedhofsschändung“ handelt.

Der Verfassungsschutzbericht nennt für 2004 26 Delikte gegen § 168 mit rechtsextremen Hintergrund, die polizeiliche Kriminalstatistik nicht ein einziges ohne politische Motivation. Tatsächlich liegt die Zahl der Schändungen jüdischer Friedhöfe jedoch ungleich höher, wie der Verfassungsschutzbericht weiß: So wurden in 2004 insgesamt 101 Schändungen jüdischer Friedhöfe, Synagogen und Gedenkstätten gezählt (der Unterschied ergibt sich daraus, dass jede Straftat nur einmal gezählt wird. Wenn bei einer Tat mehrere Straftatsbestände erfüllt sind, so geht nur jener Tatbestand mit der höheren Strafandrohung in die Statistik ein. Wurde etwa eine Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Volksverhetzung begangen, bspw. durch Beschmieren von Grabsteinen mit der Parole, „Juda verrecke!“, dann wird nur die Volksverhetzung in der Statistik Erwähnung finden.)

Der strafrechtliche Schutz von Orten, an denen die Angehörigen um ihre Verstorbenen trauern, wird wohl von allen Teilen der Bevölkerung befürwortet – das belegt auch oben zitierte Zahl der Polizeilichen Kriminalstatistik, nach der nicht ein einziges Vergehen ohne politisch motivierten Hintergrund in 2004 zu verzeichnen war. In diesem Zusammenhang wird sehr deutlich, dass Rechtsextremisten mit zweierlei Maß messen, wo sie von „Gesinnungsjustiz“ sprechen: Sie nehmen für sich die Freiheit in Anspruch, Taten zu begehen, die sie zu Recht mit Empörung beklagten, würden sie ihr Opfer.

Dass sich vor dieser Folie selbst noch schwerste Gewaltverbrecher zu Opfern der Justiz stilisieren, zeigen zahlreiche Knastberichte und Häftlingsinterviews in Neonazi-Zines. So ein Strafgefangener in der JVA Mannheim, der wegen versuchter schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Körperverletzung und Vergehen nach §§ 86a und 130 StGB zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Der Häftling, der sog. „Molotov Cocktails“ auf ein Wohnhaus schleuderte, in dem „linke“ Jugendliche feierten (so der Angeklagte vor Gericht zum Tatmotiv), diktierte dem Neonazi-Zine Final Destination Nr. 9 (2005) in die Feder:

Man klagte mich wegen 7-fachen versuchten Mordes, versuchter Brandstiftung, mehrfacher Körperverletzung u. A. an, verurteilt wurde ich wegen dieser versuchten Brandstiftung, Körperverletzung, zuzüglich Verstöße gegen die Verräter-Paragraphen 86a und 130. Mein Verbrechen, wenn man es so nennen möchte, besteht darin, dass ich ein Aktivist für Deutschland und Verfechter der eurasischen Rasse bin. In dieser Hinsicht schließe ich mich dem Zitat von Rudolf Hess an: ‚Ich bin nicht schuldig und habe mir nichts vorzuwerfen!‘ [...]
Somit rufe ich alle anständigen Deutschen dazu auf, dass Ihr mir, im Sinne unserer gemeinsamen heiligen Sache Eure Solidarität zeigt [...] und Euren Unmut über die ungerechte Behandlung [in der JVA Frankenthal; J. B.] von Deutschen Ausdruck verleiht. [...] Denn: wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zu Pflicht! 

Gesetze, die Straftaten, die sich auf Religion und Weltanschauung beziehen, unter Strafe stellen:

§ 166 StGB: Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

§ 167 StGB: Störung der Religionsausübung

(1) Wer

1. den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder
2. an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Dem Gottesdienst stehen entsprechende Feiern einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigung gleich.

§ 168 StGB : Störung der Totenruhe

(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

 

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