Musealisierung von Rechtsterrorismus?

Geschichte von der Antike bis zum NSU. Über die Schwierigkeiten Rechtsterrorismus im Museum auszustellen

Jüngst blickte das Deutsche Historische Museum in Berlin auf die vergangenen 25 Jahre seines Bestehens zurück und nutzte die Gelegenheit, einen Ausblick in die Zukunft zu geben. Die Ausstellungen des Museums sollten verstärkt aktuelle Themen aufgreifen und den Besucher – man ahnt es – dort abholen, wo er steht.  Z.B. wäre eine inhaltliche Verknüpfung von Nationalsozialismus und Rechtsterrorismus denkbar. STOP.

Der Gedanke wirft viele Fragen und noch mehr Zweifel auf. Wie muss ich mir eine derartige Ausstellung ausmalen? Die Waffen des NSU neben denen der SS in einem Raum? Die Akten der Nürnberger Prozesse in einer Reihe mit den Gerichtsprotokollen gegen Beate Zschäpe? Eine befremdliche Vorstellung. Nicht weniger eine fatale Geschichtskonstruktion, die fast schon teleologische Züge annimmt, mehr noch, die NS-Zeit relativiert und den Rechtsterrorismus erhöht.

Zwangsläufig stellt sich die Frage, ob es die Aufgabe eines Museums ist, in dieser Form an aktuellen Debatten teilzunehmen?

Die Definition eines Museums lässt zunächst alles offen. Nach Angaben des Museumsbundes handelt es  sich um eine Einrichtung, die eine „aus erhaltenswerten kultur- und naturhistorischen Objekten bestehende Sammlung“ besitzt, die wissenschaftlich ausgewertet dem Publikum zu Bildungszwecken zugänglich gemacht wird. Wie aber soll man „brandaktuellen Themen“ Rechnung tragen, ohne der wissenschaftlichen Einordnung durch Historiker vorzugreifen? Es bedarf einer demokratischen Auseinandersetzung mit dem Rechtsterrorismus, um ihn historisch zu verorten.

Wie sagt man noch gleich…? Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

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Kommentare

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Lieber Herr Matzer,

grundsätzlich spricht nichts dagegen ideologische Linien zwischen der NS-Zeit und dem NSU aufzuzeigen. Die Frage ist jedoch, welches Bild vermittelt das? Eine rechtsextreme Terrorgruppe als ideologische Erben der NS-Zeit? Für mich würde das bedeuten, ein Erfüllungsgehilfe rechtsextremen Wunschdenkens zu sein, indem man ihnen den Platz einzuräumt, den sie sich selbst anmaßen.

Der Streit über die grundsätzliche Vergleichbarkeit des Nationalsozialismus bleibt ungeklärt. In der Nachfolge der Totalitarismusdebatte haben die Versuche, totalitäre Systeme (d.h. in den meisten Fällen der NS und kommunistische Diktaturen) zu vergleichen, abgenommen, wenn auch die Bemühungen nie aufgegeben wurden (siehe z.B. Diskussion um das Hannah-Arendt-Institut in Dresden).

Allein jedoch der Gedanke, ein staatliches System der gezielten Vernichtung und Unterdrückung mit einer rechtsextremen Terrorgruppe zu vergleichen, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

Danke für diesen Eintrag. Ich wusste gar nicht, dass momentan solche Überlegungen im Museum anstehen. Aber warum sollte das eine Relativierung des NS sein, wenn man zum Beispiel ideologische Gemeinsamkeiten mit dem Rechtsterrorismus der Gegenwart herausarbeitet? Dass dies nicht Aufgabe eines Museums sein sollte, da stimme ich zu, aber der Nationalsozialismus muss vergleichbar sein können, was wohlgemerkt nicht Gleichsetzung bedeutet.

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