13. Deutsch-Russische Herbstgespräche: Russland und die EU
Trotz gemeinsamer Interessen und enger werdender Zusammenarbeit bestimmen in den vergangenen Jahren vor allem Konflikte die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Mit der Auseinandersetzung um den Krieg in Georgien haben die Spannungen einen neuen Höhepunkt erreicht. Hinter den Kulissen der aktuellen Politik wirken dabei tiefe Differenzen mit historischen Wurzeln fort.
Wenige Jahre nach der „Osterweiterung“ hat die Russlandpolitik auch innerhalb der EU neue Trennlinien geschaffen. Die historischen Erfahrungen der neuen Mitgliedsländer als „russische“ Kolonien oder als nichtsouveräne Staaten unter sowjetischer Herrschaft nähren ein Grundmisstrauen gegenüber Russland. Die EU rückt näher an jene Regionen Europas, die Russland als sein „vitales Interessensgebiet“ und „nahes Ausland“ betrachtet.
Während für die ostmitteleuropäischen EU-Staaten die Integration in den Westen eine Absicherung der neu gewonnenen Freiheit bedeutet, begreifen die meisten Menschen in Russland das Ende der Sowjetunion als eine Niederlage, die eine enorme narzisstische Kränkung hinterlassen hat. Freiheit assoziieren sie vor allem mit dem „Chaos“ der Jelzin-Jahre. Das macht es dem Kreml und der politischen Elite Russlands leicht, die öffentliche Meinung im Land zugunsten eigener Machtinteressen zu manipulieren und die Skepsis gegenüber dem Westen in der Bevölkerung zu bestärken. Umgekehrt fällt es mittel- und osteuropäischen Politikern umso leichter, Russland neoimperialistischer Ambitionen zu zeihen, je weniger demokratisch, je „sowjetischer“ im Stil sich Russland gibt. Auch in Mittel- und Osteuropa gibt es Versuche, die Geschichte für politische Zwecke zu instrumentalisieren
Die diesjährigen deutsch-russischen Herbstgespräche wollen solchen Konflikten der Erinnerung auf die Spur gehen. Im Mittelpunkt steht die zentrale Erfahrung des 20. Jahrhunderts in Europa – die totalitären Diktaturen und das Ende des Kalten Krieges.
Zum Mit-Denken und Mit-Sprechen laden wir herzlich ein.
Dr. Azra Dzajic-Weber, Heinrich-Böll-Stiftung
Ludwig Mehlhorn, Evangelische Akademie zu Berlin
Stefan Melle, Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Während der Veranstaltung in der Franz. Friedrichstadtkirche Fotoausstellung „BEZHIN LUUG“ der russischen Künstlerin Anastasia Khoroshilova
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