Der staatstragende Antifaschismus gehörte zu den Gründungsmythen der DDR, den noch heute viele Ostdeutsche als „bestes Erbe“ des untergegangenen Staates ansehen. Die SED- und Staatsführung beanspruchte für sich das Erinnerungs- und Deutungsmonopol, das andere Möglichkeiten, sich mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen, tabuisierte oder in den privaten Bereich verwies. Spätestens 1990, als dieses Monopol sich auflöste, traten darunter viele unterschiedliche Facetten eines Antifaschismus-Verständnisses hervor.
In ihrem Vortrag wird Annette Leo einige dieser Facetten untersuchen und zugleich die historische Entstehung des Begriffes Antifaschismus nachzeichnen: als Bezeichnung für die Gegnerschaft zum erstarkenden Faschismus in den 20er Jahren, als Kampfbegriff, der die Verfolgung aller wirklichen oder vermeintlichen Gegner der Kommunisten bemäntelte, als Motto für einen demokratischen Neubeginn nach dem Ende des Krieges, als allgemeines – auch gegenwärtiges – Eintreten für Menschlichkeit, Toleranz, Zivilcourage gegen Ausländerfeindlichkeit und Neonazismus, und, in Verbindung mit dem Vorsatz DDR, die Bezeichnung für den machtpolitisch und legitimatorisch begründeten Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit im ostdeutschen Staat.Annette Leo ist Historikerin und Publizistin. Sie hat sich an der Neukonzeption der Brandenburgischen Gedenkstätten beteiligt und sich in ihrer Forschung und in ihren zahlreichen Publikationen mit dem DDR-Antifaschismus und auch im weiteren Sinne mit Erinnerung, Geschichtsbildern und Geschichtsbewusstsein beschäftigt.
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