COOLER KOLLAPS. DEUTSCHLAND KÜHLT SICH KRANK

Dokumentarfilm von Birgit Wuthe, 2015, 43 Min.

11. Festival des Umwelt- und Naturfilms Ökofilmtour 2016

Die Sommerhitze macht uns träge – bei über 25 Grad Celsius drückt jedes zusätzliche Grad die Produktivität. Der Bedarf an Kühlung ist enorm und steigt kontinuierlich. Kaum ein Auto, das heute ohne Klimaanlage vom Band rollt. Büros, Einkaufszentren und Hotels sind oft moderne Gebäude aus Glas, das soll einladend wirken, Transparenz suggerieren und möglichst nicht die Transpiration fördern. Eine enorme Herausforderung für Klimatechniker – und ein gutes Geschäft. In den warmen Monaten verbraucht eine Metropole wie Frankfurt am Main jetzt schon 20 Prozent mehr Strom als im Winter – und zwar mit Klimaanlagen – Tendenz steigend.
Aktuell wird der Sommer jedoch in der Energiedebatte ausgeklammert, es geht immer nur um die optimale Wärmedämmung von Gebäuden und um Energieeinsparungen im Winter. „Wir müssen aber die Energiebilanz von Bauten über das ganze Jahr betrachten,“ fordert Gerhard Schmitz, Thermodynamiker und Klimatechniker der Technischen Universität Hamburg-Harburg.
Klimaanlagen sind wartungsintensiv und anfällig für Schadstoffe. In Industrieländern leiden bis zu 30 Prozent der Büroangestellten unter dem Sick-Building-Syndrom, das sich in Kopfschmerzen, Schwindel, Augen- und Schleimhautreizungen sowie Konzentrationsschwäche zeigt. „Das sind alles Hypochonder – so argumentieren viele Firmen“ erklärt der Berliner Pneumologe Prof. Christian Witt von der Charité. „Doch angesichts der hohen Zahl von Betroffenen gehen Mediziner inzwischen von einer normalen Reaktion des Menschen auf unnormale Innenraum-Verhältnisse aus.“
Wenn 20 Prozent einer Firmenbelegschaft über Symptome klagen, wird von den Forschern zuerst geprüft, ob physikalisch, biologisch oder chemisch mit der Raumluft etwas nicht stimmt. Oft reicht es dann schon, die Klimaanlage stärker aufzudrehen, damit die Luftwechselrate steigt. Dann ist die Raumluft weniger belastet, aber auch sehr kalt. Es kommt noch eine psychologische Komponente dazu: Wer das Raumklima nicht individuell so regulieren kann, dass er sich wohlfühlt, weil sich die Fenster nicht mehr öffnen lassen oder weil Heizung bzw. Klimaanlage zu stark oder zu schwach ausgelegt sind, fühlt sich ausgeliefert.
In einigen Bereichen sind Klimaanlagen allerdings kein Luxusproblem. In Krankenhäusern und Pflegeheimen können Klimaanlagen zum Wohlbefinden beitragen, indem sie Hitzespitzen abfedern. Und auch die vielen Technik- und Rechenzentren benötigen zum einwandfreien Funktionieren eine gleichmäßig kühle Raumtemperatur. Das große Problem von Klimaanlagen ist die warme Abluft und die Entfeuchtung der Luft, die besonders viel Energie erfordern – mehr als die Kühlung selbst. In Hamburg entwickelt das Team von Gerhard Schmitz an der Technischen Universität Hamburg derzeit eine umweltverträgliche Klimaanlage. Ihre Mission ist es, ein angenehmes Humanbioklima mit geringerem Hitzestress zu schaffen – dieses könnte dann auch in Schulen Einzug erhalten. Dort gibt es aus Kostengründen nur sehr selten Klimaanlagen. Aber dann wäre auch Schluss mit „hitzefrei“ – ob das den Schülern gefallen würde?

Gespräch mit Prof. Dr. Dieter Scherer (Leiter des Fachgebiets Klimatologie, TU Berlin)

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