Besonders manche Gegner des Nationalsozialismus und Angehörige von Opfern sahen in der DDR eine Chance auf einen Neuanfang. Ein antifaschistischer Staat, getragen von Menschen, die unter Hitler im KZ gesessen hatten, galt auch für Juden als das "bessere Deutschland". Aber wie kam es dazu, dass vor 60 Jahren, im Laufe des Jahres 1953 Hunderte Juden nach West-Berlin flüchteten?
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten viele der nach Deutschland zurückkehrenden Juden erst die SBZ und später die DDR zu ihrer Heimat gewählt, weil sie dort die klarere Abkehr vom NS-System erwarteten. Andererseits meinen Kritiker, dass in der DDR der nationalsozialistische Judenmord nie seinem Stellenwert entsprechend gewürdigt wurde. Welche Ausstrahlung hatten zudem die antisemitischen Schauprozesse in den kommunistischen Bruderländern Ungarn und ČSSR? Und was war von einem Staat zu halten, in dem Antifaschismus als Staatsräson galt, dessen kommunistische Führung zugleich von den ostdeutschen jüdischen Gemeinden eine öffentlichen Erklärung forderte, in der Zionismus mit Faschismus gleichgesetzt werden sollte?
Dr. Karin Hartewig hat über Kommunisten jüdischer Herkunft und deren politische Karrieren in der DDR publiziert. Im einleitenden Vortrag beleuchtet sie besonders die Nachkriegszeit und die Entwicklung in Ostdeutschland bis zum Jahr 1953 und diskutiert anschließend mit Salomea Genin sowie der Historikerin Dr. Ulrike Offenberg, die zur Geschichte der jüdischen Gemeinden in der DDR geforscht hat.
Salomea Genin, als Kind polnisch-russischer Juden im Mai 1939 mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten nach Australien geflüchtet, kam als glühende Jungkommunistin 1954 nach Berlin zurück, um in der DDR ein besseres, antifaschistisches Deutschland mit aufzubauen. Sie lebte zunächst in West-Berlin, bevor man sie 1963 endlich in die DDR hinein ließ. Sie wurde Mitglied der SED und trat 1971 der Jüdischen Gemeinde bei. Den Mut, aus der SED auszutreten, fand sie nach einem langen Erkenntnisprozess im Mai 1989.
Referat:
- Dr. Karin Hartewig, freiberufliche Historikerin
Podium:
- Salomea Genin, Publizistin
- Dr. Karin Hartewig,
- Dr. Ulrike Offenberg, Historikerin
Moderation:
- Dr. Bernd Florath, Mitarbeiter beim BStU
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Die Veranstaltung wird unterstützt durch den Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen