Horst Golz wird nach seinem Lichtbildervortrag im persönlichen Gespräch auf die Fragen der Gäste antworten. Eine Auswahl seiner Sammelobjekte wird er in das Mehrgenerationenhaus im Original mitbringen.
„Flugblätter zu besitzen, war lebensgefährlich …“
Seit 1941 wurden von den Engländern während der nächtlichen Bombardements über dem faschistischen Deutschland Flugblätter abgeworfen. Als Teil der psychologischen Kriegsführung sollte die deutsche Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg informiert werden. Ab 1944 tauchten alliierte Flugblätter auf. „Nachrichten für die Truppe“ sollten über den Frontverlauf informieren. Ein Flugblatt in den Händen eines deutschen Soldaten konnte auch das Zeichen des Ergebens sein …
Der Potsdamer Horst Goltz, Jahrgang 1930, Biologe, hat sich seit seiner Kindheit mit Flugblättern beschäftigt. „Ich bin Sammler durch und durch“, sagt er. So suchte er Flak- und Bombensplitter nach den Angriffen der Alliierten, aber auch Flugzeugteile. Das machten viele Kinder. In der Schule wurden die Fundstücke getauscht. Auf dem Eis der Havel waren die „Raritäten“ am deutlichsten zu sehen - sie zu erreichen war nicht ungefährlich.
Im Juni 1943 fand Horst Goltz bei einem Rundgang sein erstes Flugblatt. Erschrocken knüllte er es zusammen und warf es in die Büsche. „Flugblätter der Alliierten zu besitzen, war lebensgefährlich …“, erzählt er, denn es war „Feindpropaganda“. Vom Unterricht wurden Schüler zum Einsammeln und Vernichten der abgeworfenen Blätter abkommandiert. Die Feindpropaganda durfte in der Bevölkerung nicht wahrgenommen werden.
… Neugierig kam Horst Goltz in der Dunkelheit zurück und fand das Papier wieder. Er hätte es abgeben müssen, versteckte es aber im elterlichen Schuppen auf Hermannswerder. Jetzt fing er systematisch an, zu suchen. An Zäunen blieben sie hängen, wo der Wind sie hin wehte ...
Er war einer der Wenigen, der mit Kriegsende „heiße Ware“ im Versteck hatten. Nach dem Krieg begann er, Tauschpartner zu suchen. 200 selbst gefundene Flugblätter bildeten den Grundstock seiner heutigen Sammlung von über 1000, ausschließlich amtlichen und damit meist „codierten“, Flugblättern. „Von jedem meiner Flugblätter kann ich sagen, wer es wann und wo verbreitete“, sagt Horst Goltz.
In der Zeit des „Kalten Krieges“ tauchten erneut Flugblätter auf. Sie wurden mit Ballons entlang der deutsch-deutschen Grenze verteilt. Der Wind bestimmte, wo sie niedergingen. „Am hellen Tag kamen die runtergeregnet“, erinnert sich Horst Goltz und fing wieder zu sammeln an, obwohl es verboten war…
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