Betrachtet man die gesellschaftliche Wirklichkeit des "Dritten Reiches" durch das Prisma des Holocaust, scheint der Alltag des Nationalsozialismus durchgängig gewaltvoll und totalitär gewesen zu sein. Dabei war die Massenvernichtung erst das Ergebnis eines gerade acht Jahre jungen, ungeheuer beschleunigten gesellschaftlichen Wandlungsprozesses, der nicht in einer gleichgeschalteten, sondern in einer durchaus heterogenen, funktional differenzierten Gesellschaft stattfand.
Wenn man das Handeln von Menschen im Referenzrahmen des "Dritten Reiches" rekonstruieren möchte, muss man den Prozess der Nationalsozialisierung verfolgen, also die Melange aus dem, was nach der Machtergreifung neu in die gesellschaftliche Praxis Deutschlands eingeführt wurde, und dem, was auch nach dem 30. Januar 1933 so blieb wie zuvor.
In diesem sozialen Parallelogramm verbesserte sich die emotionale und materielle Lage der nichtjüdischen Deutschen in gleichem Maße, wie sich die Situation der "Nichtarier" verschlechterte.
Vor diesem Hintergrund präsentieren namhafte internationale Experten 80 Jahre nach der sogenannten Machtergreifung auf der Konferenz den aktuellen Stand wissenschaftlicher Diskurse um Eingrenzungs- und Ausgrenzungsprozesse, die schließlich in die Massenvernichtung einmünden. Zum Thema der Konferenz werden in parallelen Praxisforen Anschlüsse an heutige Lebenswelten hergestellt und neueste wissenschaftliche Befunde für die Vermittlungsarbeit politischer Bildung vorgestellt.
Eine Konferenz der Bundeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit der Universität Flensburg und der Humboldt-Universität zu Berlin
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KommentierenHolocaustforschung
Seit gestern berichtet die BpB im Blog unter www.bpb.de/holocaustforschung von der 4. Internationalen Konferenz zur Holocaustforschung in Berlin. Expertinnen und Experten diskutieren hier die unterschiedlichen Aspekte, die zu einer Radikalisierung Deutschlands ab 1933 führten. Zahlreiche Videointerviews und Textbeiträge sind im Blog zu finden.
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