Da sind sie wieder, die Rufe nach Tilgung der Schuld, die Deutschland mit dem Holocaust auf sich geladen hat. Doch konträr dazu hat sich in den letzten Jahrzehnten die Erinnerungskultur als fester Bestandteil des Leitbildes Deutschlands etabliert. Gerade die Aufarbeitung der Schuld, die Weitergabe der historischen Erzählung und die Verantwortung für die Folgen prägen Deutschland und sein Bild in Europa. Erinnerungskultur ist zunehmend Teil eines positiven Patriotismus in Deutschland und damit auch Teil einer Anerkennung von Schuld und Verantwortung.
Gleichzeitig steht die Vermittlung von Erinnerungskultur vor der Herausforderung, die Geschichte ohne lebende Zeugen zu erzählen. Wo knüpfen wir an und wie verfolgen wir das Thema weiter? Womit kann heute Sensibilisierung für Diskriminierung und Ausgrenzung entwickelt werden und gleichzeitig der historische Rückbezug auf die Zeit vor 1933 thematisiert werden?
Doch derzeit wird die Erinnerungskultur, der Diskurs über Schuld und Verantwortung für den Holocaust und für die nationalsozialistische Diktatur auf deutschem Boden, den von Deutschland ausgelösten Krieg und seine Folgen in Frage gestellt. Diese Infragestellung soll das Geschichts- und Selbstbild von Deutschland hin zu nationaler Größe verschieben. Damit wird der Weg rückwärts angetreten. Dazu zeigt sich diese Welle neuer nationaler Kleingeistigkeit in breiteren Bevölkerungs-schichten, als lange gedacht. Ein Zeichen der gefühlten Machtlosigkeit, der eigenen Bedeutungs-losigkeit nach Mauerfall und Flüchtlingsstrom? Die Aggression richtet sich gegen Flüchtlinge, Migrantinnen oder Europa als politische Instanz, kurz, gegen das neue große Andere.
Zum Abschluss des dreijährigen Projekts „Zeitspuren“ soll ein Workshop stattfinden, um die aktuelle politische Relevanz von Erinnerungskultur auszuleuchten und in die Zukunft hinein zu diskutieren. Was kann der Konsens für ein weltoffenes und zukunftsfähiges Deutschland sein? Ist es möglich, einen Patriotismus zu entwickeln, der „Stolz ohne Vorurteil“ sein kann? Der aus der Schuld und Beschämung, die die deutsche Geschichte unzweifelhaft hervorrufen, die Stärken der Selbstreflexion, der Offenheit und Diversität ins Zentrum rückt?
Agenda:
Erinnerungskultur heute – Zwischen Ablehnung und Anteilnahme
15.00h Begrüßung durch Inka Thunecke, Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg
15.10h Input und Gespräch mit Prof. Dr. Christoph Kopke (angefr.), Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin
Erinnerungskultur - Lokale Ansätze und Perspektiven
16.00h Input und Gespräch mit Dr. Astrid Ley, Archiv Gedenkstätte Sachsenhausen und Barbara Schieb, Gedenkstätte für den Deutschen Widerstand, Berlin
17.00h Vorstellung des Projekts „Zeitspuren“ durch Robert Rostoski, Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg
17.30h Pause
Erinnerungskultur – Bestandteil der Antidiskriminierungsarbeit
18.00h Input und Diskussion mit Asal Dardan, Kulturwissenschaftlerin und Pascal Begrich, Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Offenheit e.V.
19.15h Expert/innen-Tische; Gelegenheit zum Gespräch mit den anwesenden Referentinnen und Referenten in den Ecken des Raumes
19.45h Zusammenfassung und Abschluss des Tages
Veranstaltungsdatum:
15. Dezember 2017
15:00h-19:45h
Veranstaltungsort:
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
Am Neuen Markt 9
14467 Potsdam
Der Workshop richtet sich an Multiplikator/innen, Jugendbildner/innen, Mitarbeiter/innen aus Gedenkstätten, Lehrer/innen und alle Interessierten.
Anmeldung und Kosten:
Der Eintritt ist frei. Um eine Anmeldung an anmeldung@boell-brandenburg.de wird zu Planungszwecken gebeten.
Kontakt:
Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg e.V.
Tel.: 0331 20057810
Bettina Hermann
hermann@boell-brandenburg.de
www.boell-brandenburg.de
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