Wählen? Ja, bitte!

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Eine Ausstellung der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung mit Karikaturen zur Bundestagswahl von Martin Erl, Horst Haitzinger, Barbara Henniger, Kriki, Gerhard Mester, Heiko Sakurai und Klaus Stuttmann

Wer noch vor einigen Monaten dachte, die nächste Bundestagswahl sei ein Selbstläufer und sich schon an den Gedanken gewöhnt hatte, dass die ewige Kanzlerin noch eine Amtszeit dranhängt, reibt sich plötzlich verwundert die Augen: Mit der Wahl des SPD-Kanzlerkandidaten ging ein Ruck durch die Gesellschaft – und plötzlich werden die Debatten wieder spannend, der Wahlkampf interessant und der Ausgang ungewiss.

Über den Umgang mit Geflüchteten, Obergrenzen, Integration wird schon seit über einem Jahr hitzig diskutiert. Neue Themen braucht die Wahl und findet sie unter anderem in der Familienpolitik. Mit kostenlosen Kitas, dem Ausbau vom Elterngeld zum Familiengeld und flexibleren Arbeitszeiten wird heftig geworben. Ausgelöst durch den Brexit gibt es auch eine starke Diskussion um Europa und Deutschlands Rolle in der Gemeinschaft. Die Parteien positionieren sich.

Geht es darum, sich für die eine Kandidatin oder den anderen Kandidaten und deren oder dessen Partei zu entscheiden, sprechen Politologen inzwischen von der „Herrschaft des Irrationalen“. Das macht es nicht leicht. Weder für die Wählerinnen und Wähler noch für die Partei und die jeweiligen Kandidierenden an der Spitze. Ist es das Wahlprogramm oder doch die Frisur oder die Brille? Überzeugt Leidenschaft? Oder besser nüchterne Sachlichkeit?
 

Die politische Karikatur kann hilfreich sein, um die Informationsflut zu ordnen, Wahrheiten von alternativen Fakten zu unterscheiden und Nachrichten statt Fake News zu vertrauen. Mit viel Witz und noch mehr Sachkenntnis stehen sechs Karikaturisten und eine Karikaturistin bereit, um Hintergründe zu erhellen und Aussagen zu verdeutlichen.

Altmeisterin Barbara Henniger gelingt das auf vorzügliche Weise. Was bei ihr auf den ersten Blick als fröhlich-harmlose Alltagsbeobachtung daherkommt, entpuppt sich auf den zweiten Blick als politische Analyse mit hintergründiger Pointe – treffsicher und zeitlos.

Klaus Stuttmann liefert mit seinen satirischen Porträts der politischen Akteure zugleich genaue Charakterstudien. Dennoch mischt sich trotz manch komischer Elemente auch Ernüchterung in seine Karikaturen, so dass die Analyse bei den Betrachterinnen und dem Betrachter eher Nachdenklichkeit als lautes Lachen auslöst. Seine Blätter besitzen eine Langzeitwirkung weit über den tagesaktuellen Anlass hinaus.

So wie Stuttmann reagiert auch Heiko Sakurai mit mindestens einer Karikatur täglich auf das politische Geschehen. Dabei nimmt er das Handeln der Vertreter aller Parteien unter die Lupe, bemüht sich um Ursachenforschung und liefert Ideen für den Wahlkampf. Sein lakonischer Witz kommt leichtfüßig daher, egal, ob er die Albträume der Kanzlerin zeichnet, den Siegeszug des Herausforderers oder die Auseinandersetzung der Schwesterparteien.

Ein Sonderfall ist Kriki: Seine Werkzeuge sind zunächst Schere und Klebstoff und erst zuletzt der Stift, mit dem er Denk- und Sprechblasen platziert und das so entstandene Werk zur humorvollen Aussage bringt. Grafischer Ausgangspunkt sind dabei einhundert Jahre alte Gebrauchsanweisungen und Benimmregeln, die ihm in ihrer speziellen Ästhetik wie ein Bühnenbild für seinen subtilen Humor dienen.

Seit bald sechs Jahrzehnten kann Horst Haitzinger noch der schlechtesten Nachricht eine heitere Seite abgewinnen. Fast täglich greift er zu Feder und Pinsel und bringt mit anhaltender Lust seine gezeichneten Kommentare zu Papier. Sein unverkennbarer Strich ist porträtsicher, ironisch und detailreich; die Aussage von spöttischem Biss.

Ganz anders Martin Erl. Seine Karikaturen sind minimalistisch in der Darstellung und deutlich in der Botschaft, sein Zeichenstil ist flächig, farbig und direkt. Ob er den Populismus-Burger kreiert oder zum Schlagabtausch über das „Weiter so“ der Kanzlerin aufruft – immer ist sein Witz mit einer politischen Wertung verknüpft.

Niemand kann fragendes Nichtverstehen so gut zeichnen wie Gerhard Mester. Beispielhaft erklärt er in seinen Karikaturen die Mechanismen der Macht und stellt die wachsende Kluft zwischen „oben“ und „unten“ dar. Dabei sind seine Blätter nicht an ein Tagesereignis gebunden. Mester hat die grundsätzliche Aussage im Blick, die er mit bitterer Komik darzustellen weiß.
 


Wieso, weshalb, warum? Fragen und Antworten rund um das Thema Bundestagswahl sind im Katalog zur Ausstellung zusammengefasst. Erststimme, Zweitstimme, Wahlablauf, Kostümierung und Selfies in der Wahlkabine – das alles finden Sie kompakt erklärt am Ende des Kataloges, der in der Ausstellung für Sie bereit liegt oder hier bestellt werden kann.

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Martina Schellhorn; zuständig für die Ausstellungen der Landeszentrale, nimmt den Zuschauer im Potsdam-TV auf eine kurze Reise durch "Wählen? Ja, bitte!" mit.

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