
In den letzten Jahren nutzen einige Landesämter für Verfassungsschutz intensiver ihren gesetzlichen Auftrag zur Information der Öffentlichkeit. Die frühere Informationsarbeit im Rahmen des Konzepts „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ bestand im Wesentlichen in der Publikation des jährlichen Verfassungsschutzberichtes und einzelner Ausarbeitungen zu aktuellen Schwerpunktthemen sowie Vorträgen bei Fachtagungen. Damit erreichte man das fachlich interessierte Publikum.
Die neue Entwicklung geht jetzt dahin, die Wirkung des Verfassungsschutzes zu erweitern. Welche Chancen und welche Probleme sind damit verbunden, wenn der Verfassungsschutz beispielsweise an Schulen informiert? Darf er Partner in der politischen Bildung sein? Wo beginnt der Informationsauftrag des Verfassungsschutzes und wo endet er? Darf ein Verfassungsschutz als Demokratiedienstleister verstanden werden? Wofür soll und darf ein Verfassungsschutz seine Erkenntnisse nutzen und ist Aufklärungsarbeit an Schulen tabu?
Je nachdem, wie diese Fragen beantwortet werden, ergeben sich neue juristische und bildungspolitische Konsequenzen. Darüber wurde in der Veranstaltung diskutiert.
Gäste:
- Dr. Michael Kohlstruck, Politikwissenschaftler
- Dr. Hartwig Möller, Jurist, langjähriger Leiter des Verfassungsschutzes NRW
Thesen:
Dr. Michael Kohlstruck:
Der Verfassungsschutz ist ein Fremdkörper in der Zivilgesellschaft. Er hat keinen Bildungsauftrag. Er darf als Nachrichtendienst und wegen seiner repressiven Praxis nicht zugleich auch als Bildungsakteur anerkannt werden.
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Dr. Hartwig Möller:
Als Einrichtung der wehrhaften Demokratie muss der Verfassungsschutz gezielt an die Öffentlichkeit herantreten, um aufzuklären. Eine aufgeklärte Öffentlichkeit ist das Fundament einer demokratischen Kultur. Der Verfassungsschutz betreibt auch politische Bildung und konkurriert insofern mit anderen Bildungsträgern. Konkurrenz sollte aber nicht blockieren sondern motivieren.
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Eine Kooperationsveranstaltung mit dem Verfassungsschutz des Landes Brandenburg
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Kommentare
KommentierenFachlicher Diskurs?
Ich war etwas verwundert über die unsouveräne Art und Weise mit der Frau Schreiber als Verfassungsschutzleiterin in Brandenburg und Herr Möller als ehemaliger Leiter des VS NRW mit den aus meiner Sicht sehr stichhaltigen Argumenten des Herrn Kohlstruck umgegangen sind.
Sie haben auf Erfolge in der Islam-Terror-Prävention verwiesen, anstatt auf die gut begründeten Argumente von Kohlstruck einzugehen. Man hat Herrn Möller seine dem VS selbst attestierte Theorieferne angemerkt. Er blieb allen Teilnehmern der Veranstaltung Gegenthesen und sogar einfache Antworten schuldig. Wie bewertet denn nun Herr Möller oder auch die anwesende und direkt angesprochene Frau Schreiber den Widerspruch, dass sie mit ihrer Innenministeriums-Abteilung und deren geheimdienstlicher Sonderrolle die Macht hat Teilnehmer aus dem demokratischen Diskurs auszuschließen und gleichzeitig aber als Gleiche unter Gleichen in der Zivilgesellschaft und Bildungslandschaft agieren will? Das ergibt neben den bildungstheoretischen auch eine Menge demokratietheoretischer Probleme. Das Publikum staunte nicht schlecht: Von Seiten der anwesenden Verfassungsschutzvertreter, angefangen bei Herrn Homburg über Frau Schreiber bis zu Herrn Möller - nichts. Absolute argumentative und theoretische Leere.
Geheime Bildungsarbeit
Kommentar von Henning Kraudzun in der MOZ vom 23.03.2012
Perspektivenvielfalt ein neues Wort für mich
Gestern kam ich zum ersten Mal zu einer Veranstaltung in die Landeszentrale. Ich bin in der Jugendsozialarbeit zu Hause... Mich interessierte das Thema, weil ich mir unsicher bin, im Umgang mit dem VS. So ein Streitgespräch erlebte ich das erste Mal und war doch beeindruckt, wie fair alle miteinander umgingen. Danke Frau Weyrauch, dass Sie immer wieder auf das Recht auf Perspektivenvielfalt gepocht haben... keiner hat die Wahrheit gepachtet. Das Wort war mir neu. Aber es ist wichtig! Ich komme wieder.
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