Darf man über Hitler lachen?

Hitler als Witzfigur - dabei ist nicht jedem zum Lachen zumute. Über den Konflikt von Gesellschaft und Generationen im Umgang mit Satire über Adolf Hitler.

Adolf Hitler ist wieder da – und wie. Seit über zehn Wochen steht unangefochten an der Spitze der Bestsellerlisten ein Titel: Timur Vermes‘ „Er ist wieder da“. Der Debütroman des Journalisten erzählt die Geschichte von Adolf Hitler, der - zu seinem eigenen Erstaunen – im Berlin der Gegenwart erneut zum Leben erwacht und alsbald zu einem gefeierten Liebling der Unterhaltungsindustrie wird.

Die knappe Zusammenfassung der Handlung verrät den satirischen Ton des Erzählten. Trotz oder gerade wegen dieser zweifelsfrei  geistreichen Verspottung schlug das Erscheinen des Romans große Wellen:  Darf man sich über Hitler amüsieren?

Erst zu Beginn dieser Woche diskutierte eine illustre Runde in einer Fernsehsendung über selbiges Thema. Empört zeigten sich hierbei einige der Gäste und warnten eindringlich, Hitler der Lächerlichkeit preiszugeben, denn dies verneble seine abscheulichen Verbrechen.

Bereits vor einigen Jahren hatte Daniel Levys Komödie „Mein Führer“ ähnliche Entrüstung hervorgerufen, die schließlich sogar vom Unternehmen statista in einer Umfrage festgehalten wurde: Knapp 60% der Befragten hießen den Klamauk um Adolf Hitler nicht gut.

Kann man den Nationalsozialismus satirisch behandeln?  Charlie Chaplin, der mit seinem Spielfilm „Der große Diktator“ aus dem Jahre 1940 die Tradition der Hitler-Parodien begründete, zweifelte angesichts der Enthüllungen über den Holocaust nach Kriegsende selbst an seinem Werk.

Parodie und Satire besitzen die Fähigkeit, einen bestimmten Sachverhalt noch deutlicher hervortreten zu lassen  – so Martin Dietzsch vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung.  Und doch gibt es dieses Unbehagen, im Ernsten heiter zu sein.

Im Falle des Nationalsozialismus ist es nicht nur die Angst, im Moment des Lachens über Adolf Hitler den Schrecken der Vergangenheit zu vergessen Es ist vielmehr  –  das zeigt das Beispiel Charlie Chaplins –  der Zweifel, oft auch ein unbestimmtes Gefühl, ob mit dem Lachen nicht  zugleich die Opfer des Holocaust ins Lächerliche gezogen werden. Die Differenzierung zwischen einem Witz über Hitler und dem Lachen auf Kosten der Opfer ist ein schmaler Grat, den viele vor allem Ältere schon vorsorglich scheuen – aus Pietät, aus dem pflichtbewussten Benehmen gegenüber Mensch und Gott.

Und doch ist es so: Es wird über die Person Adolf Hitler gelacht. Vor diesem Hintergrund erweist es sich als müßig zu fragen, ob man sich über „den Führer“ amüsieren darf oder nicht. Wenn allen Vorbehalten zum Trotz der Unterhaltungswert offenbar so groß ist, drängt sich mir vielmehr die Frage auf: Warum wird gelacht? In der Parodie der historischen Person Hitler sieht der Autor des ‚Hitler-Blogs‘, Daniel Erk, eine „Abwehr gegen verordnete Betroffenheit und leere Floskeln“, ein Widerspruch gegen die „bürgerliche Version des Antifaschismus“. Insbesondere der jungen Generation widerstrebe die ‚Kultur der Gedenkfeiern und Schweigeminuten‘, denn ihnen fehle der persönliche Bezug zu diesem Kapitel der Geschichte, und doch hänge auch ihnen im öffentlichen Diskurs die Schuld von damals nach. Die humoristische Annäherung an das Thema hingegen nehme ihm die Schwere – drohe jedoch auch in Banalisierung zu enden, so die Kritiker.

Fast unbemerkt, so scheint es mir, entbrennt an der Frage „Darf man sich über Hitler amüsieren?“ ein Streit der Generationen über Gegenwart, Zukunft und die Formen von  Erinnerungskultur an den Holocaust in Deutschland. Während sich die einen historisch verpflichtet fühlen, das Gedenken dadurch zu wahren, die Kollektivschuld der Deutschen mahnend lebendig zu halten, betrachten die anderen die Ereignisse aus einer Distanz, weit genug entfernt, um auch Lachen zu dürfen und nah genug, dies mit Respekt vor den Opfern zu tun.

Linktipps

Schlagworte

Bewertung
10 Stimmen, Bewertungen im Durchschnitt: 3.1 von 5

Kommentare

Kommentieren

Toll Toll Suppertoool

Ich hab das Buch gelesen und mich amüsiert. Weil ich jung bin? Nein, weil die Idee schräg ist und die story gut geschrieben. Hitler wirkt lächerlich und darüber musste ich lachen ohne die ganze Zeit an KZs zu denken. Die Engländer gehen in Naziuniform zum Fasching und lachen sich darüber einen Ast. Das muss hier auch möglich sein.

Wenn Cicero sagt, wir müssen, dann müssen wir wohl ... über Hitler lachen. http://www.cicero.de/berliner-republik/nazi-witze-humor-man-muss-ueber-hitler-lachen/53855

Neuen Kommentar hinzufügen

Eingeschränktes HTML

  • Erlaubte HTML-Tags: <a href hreflang> <em> <strong> <cite> <blockquote cite> <code> <ul type> <ol start type> <li> <dl> <dt> <dd> <h2 id> <h3 id> <h4 id> <h5 id> <h6 id>
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.