Ist es eigentlich ok, mit dem Flugzeug in den Urlaub zu fliegen?

Fliegen ist nicht nur Luxus, sondern aus dem beruflichen Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken, findet Julius Niewisch. Vorschnelles Verbieten oder Ächten sei daher keine geeignete Lösung.

Die Ferien in Brandenburg sind gerade vorüber und schon stecke ich in einer hitzigen Nachurlaubsdebatte: Ist es eigentlich ok, wenn wir mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen? Oder beruflich mal schnell von Berlin nach Stuttgart, statt stundenlang in überfüllten, überhitzten und verspäteten Zügen zu sitzen? Noch dazu ist Fliegen günstiger.

Ich musste in den Italien-Urlaub mit meiner Familie in diesem Jahr ein paar Tage später nachreisen. Da stand auch die Frage im Raum: Bahn oder Flugzeug? Diesmal ist die Entscheidung auf die Bahn gefallen, zu anderen Gelegenheiten aber fliege ich dann eben doch. Einige Freunde fliegen aus Klimaschutzgründen gar nicht mehr, andere wiederum fahren kaum mit der Bahn. Immerhin wird in Deutschland jetzt über Alternativen zu Inlandsflügen heiß diskutiert. Bahntickets sollen für Reisende billiger werden, Inlandsflüge sollen abgeschafft oder Fluggesellschaften gar verstaatlicht werden – die Vorstellungen der Parteien gehen darüber auseinander. Diese überfälligen Vorstöße sind aus meiner Sicht aber oft nur Aktionismus. Denn Druck für schnelle Lösungen ist nicht zuletzt durch die Aktivisten der „Fridays for Future“ entstanden. Durch diejenigen im Übrigen, die während der Ferien keineswegs mit dem Demonstrieren aufgehört haben, wo es doch gar keine Schule mehr zu „schwänzen“ gab.

Mir drängt sich die Frage auf, warum ausgerechnet Inlandsflüge jetzt so im Fokus stehen, denn diese machen gerade mal zwei (!) der knapp 170 Mio. Tonnen ausgestoßenen CO2-Äquivalente des Verkehrssektors aus. Das Problem sind doch vielmehr die Mittel- und Langstreckenflüge und da brauchen wir europäische oder idealerweise weltweite Lösungen. Über klimafreundliche Treibstoffe und Anreize über einen Zertifikatehandel ginge das – auch wenn das kompliziert ist. Die Politik muss es nur wollen. Gleichzeitig Bahntickets günstiger zu machen und den Schienenverkehr auf Vordermann zu bringen, ist ganz sicher nicht verkehrt. Nicht aber, um die Inlandsflüge überflüssig zu machen, sondern vielmehr, um mehr Menschen – und vor allem auch Güter – von der Straße auf die Schiene zu bringen.

Für mich stellt sich deshalb mittelfristig die Frage gar nicht, ob Fliegen – gerade die Inlandsflüge – überhaupt vertretbar sind. Zwar kann man sicherlich manche Reisen durch Videokonferenzen einsparen, aber Fliegen ist  eben nicht nur Luxus, sondern wegen  seiner Geschwindigkeit, Einfachheit und Verlässlichkeit aus dem beruflichen Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Und schnelle und für eine breite Masse verfügbare Fernreisen mit dem Flugzeug haben den kulturellen Austausch, Völkerverständigung und wirtschaftliche Bande und nicht zuletzt den weltweiten Warenverkehr erst möglich gemacht. Sie sind also ein integraler Baustein der Welt von heute und werden nicht einfach wieder verschwinden können. Wir sollten dem Fliegen daher dieselbe Chance lassen wie dem Auto mit der E-Mobilität oder der Stromerzeugung mit den Erneuerbaren. Denn vorschnelles Verbieten oder Ächten führt dann eben doch zu keiner brauchbaren Lösung.

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Julius Niewisch

Julius Niewisch wohnt in Potsdam und hat 2019 seit Abitur gemacht. Er bloggte zur Landtagswahl 2019 und schrieb über seine Erfahrungen. Er ist Mitglied der CDU und als Beisitzer im Kreisvorstand Potsdam der Jungen Union aktiv.

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Ich finde es sehr wichtig das ein ökologischer Treibstoff gefunden wir denn wir wollen was von der Welt sehen also müssen wir fliegen ( zumindest wenn wir außerhalb von Europa Ferien machen wollen ) . Ich möchte aber die Umwelt auch nicht so dolle verschmutzen das es der Natur und generell Umwelt schlecht geht .
Deshalb finde ich es ziemlich richtig und gut wie du dich geäußert hast Julius Niewisch
Lg anna

Bequemlichkeit wird am Ende ein wesentlicher Aspekt in einer Nachbetrachtung sein. Nämlich insofern, dass sie es erschwert und/oder verunmöglicht hat zu dekarbonisieren. Und warum? Weil Leute meinen: - entschuldigen Sie bitte die Zugespitztheit - "ich nehme die Plastiktüte vom Dönerladen mit, darin noch zwei Getränkedosen, ein Döner mit extra Fleisch aus Massentierhaltung. Und nach der Mittagspause dann der Inlandsflug. So kann das wirklich nichts werden mit den massiven Umwälzungen, die innerhalb kürzester Zeit in Gang gesetzt werden müssen, um die Kipppunkte nicht zu überschreiten.

Das ist eine globale Aufgabe. Die Aufgabe der Menschheit. Ich kann andere Priorisierungen einfach schwerlich nachvollziehen.

Alles vermeintlich Klimaschädliche mit dem Endziel totale Dekarbonisierung eigentlich sofort zu verbieten, wird letztlich nur für ganz kurze Zeit helfen. Das hat nichts mit Bequemlichkeit zu tun, sondern damit, dass ein Wandel ohne die Menschen und ihre Bereitschaft dazu eben nicht geht. Das gilt übrigens nicht nur für die überflussverwöhnten Europäer - gerade die großen CO2-Verursacher in Asien (Russland, China, Indien) haben entweder nicht die staatlichen Kapazitäten, dem ganzen Land in kürzester Zeit die Klimaneutralität einzupeitschen, oder keinen ausreichenden Willen zur Selbstdemontage.
Dass es nur so schleppend vorangeht, ist nicht nur eine Frage fehlgeleiteter Priorisierungen, sondern mit Blick auf die Realität leider nur begrenzt besser möglich. Es ist erschreckend, dass die Trumps und Bolsonaros dieser Welt aus ideologischer Verblendung die Zukunft des Planeten aufs Spiel setzen, aber das ist ja nur Ausdruck dessen, dass es scheinbar genug Menschen gibt, die noch nicht eimal bereit sind, langsam den Klimawandel anzugehen. Radikales Am-Menschen-Vorbeiregieren wird das einfach nicht lösen können - sondern das genaue Gegentiel bewirken. Da hilft nur Innovation, Investition in echte Alternativen und viel Bildung.

Vielen Dank für Ihren Kommentar, Herr Niewisch. Sie greifen einige Punkte auf, die m.E. einer Erklärung bedürfen.
Zitat: "Mir drängt sich die Frage auf, warum ausgerechnet Inlandsflüge jetzt so im Fokus stehen, denn diese machen gerade mal zwei (!) der knapp 170 Mio. Tonnen ausgestoßenen CO2-Äquivalente des Verkehrssektors aus."
Antwort: Weil es im Falle der Inlandsflüge klare Alternativen gibt. Mit einer gut ausgebauten Bahn-Infrastruktur (Schnellstrecken, Knotenpunkte, Zubringer in ländliche Räume auch via intelligenter Steuerungen, Rufbusse etc) könnte man auf Inlandsflüge ohne Mobilitätseinschränkungen verzichten. Und spart -zig Tonnen CO2 und weitere schädliche Stoffe ein.

Zitat: "Für mich stellt sich deshalb mittelfristig die Frage gar nicht, ob Fliegen – gerade die Inlandsflüge – überhaupt vertretbar sind. Zwar kann man sicherlich manche Reisen durch Videokonferenzen einsparen, aber Fliegen ist eben nicht nur Luxus, sondern wegen seiner Geschwindigkeit, Einfachheit und Verlässlichkeit aus dem beruflichen Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Und schnelle und für eine breite Masse verfügbare Fernreisen mit dem Flugzeug haben den kulturellen Austausch, Völkerverständigung und wirtschaftliche Bande und nicht zuletzt den weltweiten Warenverkehr erst möglich gemacht."
Leider lassen Sie an dieser Stelle Phantasie und Weitsicht vermissen.
1. Beruflicher Austausch in Konferenzen und Tagungen: Ja, das ist gut und auch sinnvoll. Vieles davon wird künftig noch einfacher virtuell möglich sein (und preiswerter in jedem Fall). Natürlich sind auch persönliche Kontakte wichtig, deshalb werden auch reale Konferenzen etc. auf der Tagesordnung bleiben. Allerdings müssen Firmen bei "realen Preisen" dieser Reisen auch kalkulieren, ob sich der Aufwand in jedem Fall lohnt oder man ggf. für zwischendurch eine virtuelle Konferenz einplant.
2. Wissenschaftler haben längst errechnet, wieviel CO2 wir als Menschheit noch "in die Luft blasen" können, bis uns die Folgen derart einholen, dass wir sie vermutlich nicht mehr händeln können. Das bedeutet, dass wir nach Wegen suchen müssen, CO2 nicht nur einzusparen, sondern den Ausstoß faktisch auf Null zu drücken. Wenn eine Reduktion des Flugverkehrs dazu einen wesentlichen Schritt ermöglicht, dann darf es keine Denkverbote in diese Richtung geben. Ein kleines Kontingent von Mittel- oder Fernstreckenflügen pro Jahr und Person könnte mittelfristig ein Weg sein. An umweltfreundlicheren Treibstoffen wird ja schon geforscht. Verbunden sein muss ein solcher Einschnitt mit anderen Maßnahmen, nämlich einer Neustrukturierung unserer Wirtschaft. Die basiert auf umgehemmten Wachstum und ungehemmten weltweiten Warenaustausch. Dieses Modell kann (wenn überhaupt) nur solange funktionieren, wie dieser Warenaustausch unschädlich ist für das Klima bzw. den Menschen (das Klima überlebt alles, es ist neutral). Wenn also dieser Weg des Wirtschaftens unsere Zukunft gefährdet, gehört er auf den Prüfstand gestellt und auf Alternativen untersucht.
3. Zitat: "Denn vorschnelles Verbieten oder Ächten führt dann eben doch zu keiner brauchbaren Lösung."
Genau! Deswegen plädiere ich gegen vorschnelle Denkverbote in neue, vielleicht auch unbequeme Richtungen des Wirtschaftens und Handelns.
Jeder einzelne Schritt wird nötig sein, um die Welt für UNS (!), nicht für "die Umwelt" lebenswert zu erhalten. Der kleine (innerdeutsche Flüge überflüssig machen z.B.) und große (u.U. zurück zu mehr regionalem Warenaustausch, weg von den "ungehemmten Warenflüssen" des internationalen Freihandels z.B.)

Fazit:
Es gibt nicht die "eine Lösung" für unser Klimaproblem. Bahn und Bus stärken und Flüge einsparen sind EIN teil einer Lösung. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wer glaubt, z.B. mit dem Umstellen von Verbrenner auf E-Mobilität die Zukunftsprobleme lösen zu können und sonst alles beim alten zu lassen, der irrt schwer. So unbequem das ist: Vermutlich werden wir sehr, sehr viel ändern müssen, damit es so bleibt, wie es ist.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Wirth, Panketal

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