Für Vietnamesen ist die Möglichkeit, politisch eine Wahl zu haben, schwer vorstellbar. In Vietnam gibt es ein Einparteiensystem mit der Kommunistischen Partei als Einheitspartei. Wahlen zum Parlament, der Nationalversammlung, finden alle fünf Jahre statt. Für einen Europäer ist es da schon merkwürdig zu hören, dass der Einzelne auch mal für die ganze Familie das eine Kreuz ins einzige Kästchen auf dem Wahlschein setzt!
Vermutlich empfinden es deshalb Vietnamesen als ebenso merkwürdig, zumindest die Studenten, mit denen ich gesprochen habe, wenn man dort, wo man eine Wahl hat, nicht wählen geht. Und damit bin ich wieder in Deutschland, bei den Bundestagswahlen - und den Nichtwählern.
Der Nichtwähler! Man trifft ihn manchmal in Talkshows, eher in der Lokalkneipe und oft an den Bushaltestellen unserer Republik. Zugegeben, das war jetzt etwas pauschal und es gibt selbstverständlich auch Nichtwähler fernab solcher Stereotypen. Aber dennoch, die Botschaft, die sie aussenden, ähnelt sich: Protest durch Verweigerung, Verdrossenheit gegenüber den politischen Parteien.
Ich muss gestehen, dass ich diese Art von Protest schwer nachvollziehen kann (das seh ich ähnlich wie Froylein Puze). So versinkt man doch samt den „Politik-ist-mir-generell-egal“-Menschen in ein und demselben Topf. Dann doch lieber zur Wahl gehen und die Stimme ungültig machen oder - besser noch - die „Partei der Nichtwähler“ wählen. Da wäre die Botschaft wenigstens Abneigung gegen die Parteien und nicht Politikverdrossenheit an sich!
Nichtsdestotrotz bleibt die Wahl für mich ein Recht und weder ein kleiner 18-jähriger Blogger noch sonst irgendwer sollte aus diesem Recht eine Pflicht machen. Sonst treibt dieser Umstand noch solche Blüten wie in Vietnam: Ich jedenfalls möchte nicht, dass zum Beispiel mein Großvater für unsere ganze Familie wählt.
Vielleicht sind es die Eindrücke, die ich gerade in Vietnam über das politische System sammle, die mich dazu bringen, Wahlen als große persönliche Chance zu sehen. Zu guter letzt ist es doch so: Wer mitsprechen will, muss sich entscheiden. Die Stimme nicht abzugeben, bedeutet doch auch, sich aus allem rauszuhalten. Wer den Protest will, sollte in meinen Augen daher wählen gehen, nicht umgekehrt!
Ansonsten bleibt er für unserer Land genau das, was ich wohl für die Regierung von Vietnam bin: stimm(en)los. Belanglos!
euer Punkt.
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen