Keine Wahl ohne Wahlhelfer – doch was machen die eigentlich?

Eine Wahlhelferin im Gespräch

Rund 28.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger sind zur Bundestagswahl als Wahlhelfer im Einsatz. Ute Hinze ist eine von ihnen. Seit über 20 Jahren ist sie schon dabei. Uns hat sie erzählt, was sie als Wahlhelferin macht und wie ein Wahltag abläuft.

Halma-Figuren mit Abstimmungszetteln
Bild: Ingo Bartussek| fotolia.com

Frau Hinze, wie oft sind Sie schon als Wahlhelferin im Einsatz gewesen?

Oh, das kann ich Ihnen gar nicht sagen, ich habe keine Strichliste geführt. Ich bin schon mindestens 20 Jahre Wahlhelferin im Wahlvorstand. Also schon sehr, sehr lange und seitdem bin ich eigentlich bei jeder Wahl dabei gewesen. Wie viele das waren, das habe ich nicht gezählt.


Wie sind Sie dazu gekommen?

(Lacht!) Ich habe mir im Vorfeld unseres Gesprächs schon darüber Gedanken gemacht, aber ich weiß es einfach nicht mehr. Ich bin schon viele Jahre bei der Stadt angestellt, da hat sich das einfach irgendwann so ergeben. Seitdem bin ich immer wieder als Wahlhelferin im Wahlvorstand eingeteilt worden und seit ein paar Jahren bin ich nun schon Wahlvorsteherin. Ich habe auch nie dagegen protestiert. Für die Bediensteten der Stadt gibt es zu dieser Zeit eine Urlaubssperre und man weiß ja auch im Vorfeld, wann die Wahlen sind. Ich habe das immer eingeplant, denn für mich war klar, ich bin wieder dabei.

Was macht eine Wahlvorsteherin?

Als Wahlvorsteherin bin ich dafür verantwortlich, dass die Wahl in meinem Wahllokal ordnungsgemäß abläuft. Ich werde von der Stadtverwaltung berufen und nehme ein paar Tage vor der Wahl an der Einweisung der Wahlvorstände durch die Stadtverwaltung teil, bei der den Wahlvorstehern und ihren Stellvertretern noch einmal genau erklärt wird, wie die Wahl abläuft, wie die Stimmzettel ausgefüllt werden müssen und wie später die Auszählung erfolgt. Diese Informationen gebe ich dann am Wahltag an mein Team weiter. Außerdem muss ich als Wahlvorsteherin am Wahltag als Erste im Wahllokal sein.

Ute Hinze
Zur Person


Ute Hinze ist Wahlvorsteherin im brandenburgischen Wuthenow. Seit über 20 Jahren ist sie als Wahlhelferin aktiv.

Wer ist außer Ihnen noch im Wahllokal?

Der Wahlvorstand besteht aus sechs Mitgliedern, die in zwei Schichten eingeteilt sind. Jede Schicht besteht aus einem Wahlvorsteher beziehungsweise einem Stellvertreter, einem Schriftführer beziehungsweise dessen Stellvertreter und einen Beisitzer. Falls jemand krank wird oder aus anderen Gründen ausfällt, gibt es aber auch immer noch einen Pool an Ersatzpersonen.


Was macht ein Wahlhelfer in einem Wahlvorstand?

Wir sind dafür verantwortlich, dass alles korrekt abläuft, das Wahlbüro besetzt ist und alle in Ruhe wählen können. Damit niemand durch Wahlwerbung abgelenkt wird, müssen wir außerdem darauf achten, dass in der näheren Umgebung des Wahllokals – ich sage mal im Umkreis von Pi mal Daumen 20 bis 30 Meter – keine Wahlwerbung hängt. Die müssen wir ansonsten entfernen.

Der Wahlvorsteher oder sein Stellvertreter überprüft, ob der jeweilige Wahlberechtigte im Wählerverzeichnis steht. Der Schriftführer – so ist es zumindest in meinem Wahllokal – händigt dem Wähler die Stimmzettel aus und gibt noch mal kleine Hinweise. Zum Beispiel weist er die Leute noch einmal daraufhin, dass sie die maximale Anzahl von Kreuzen nicht überschreiten dürfen, da sonst der Stimmzettel ungültig wird.

Der Beisitzer führt eine gesonderte Strichliste, für jede Wählerin und jeden Wähler setzt er einen Strich. Am Ende müssen wir im Wählerverzeichnis genau die gleiche Anzahl an Wählern wie auf der Liste des Beisitzers haben. Das wird dann später noch einmal verglichen. Sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Schicht zählen wir, wie viele Wählerinnen und Wähler anwesend waren.


Was passiert, wenn das Wählerverzeichnis und die Strichliste des Beisitzers nicht übereinstimmen?

(Lacht!) Das wäre nicht so gut, aber das ist mir bisher noch nicht passiert. Das hat immer gepasst. Wir zählen zwischendurch auch schon mal durch. Wie gesagt, bis jetzt – toi, toi, toi – hat das immer gestimmt.


Was darf ein Wahlhelfer auf keinen Fall tun?

Man darf keine Diskussionen im Wahllokal anfangen und keine Wahlpropaganda betreiben.


Wie läuft so ein Wahltag denn konkret ab?

In der Regel bin ich am Wahltag so gegen 7:30 Uhr im Wahllokal. Dann kommt der Fahrer von der Stadtverwaltung und bringt die Wahlunterlagen vorbei. Dazu zählen unter anderem Gesetzestexte, das Wählerverzeichnis, das Siegel für die Wahlurnen, eine Präsentation für die Einweisung der Wahlvorstände und natürlich die Stimmzettel. Wenn alles da ist, bereite ich das Wahllokal vor. Ich gucke, ob die Wahlkabinen und Wahlurnen alle in Ordnung sind, sorge für die Anordnung der Tische und Stühle, damit pünktlich um acht Uhr die Wahl beginnen kann.

Wenn alles vorbereitet ist, dann heißt es warten auf den ersten Wähler. Gemeinsam mit der- oder demjenigen wird nachgeschaut, ob die Wahlurne wirklich leer ist. Diese wird erst im Beisein des ersten Wählers versiegelt. Tja und danach kann es offiziell losgehen.

Ich leite die Schicht bis zum Mittag. Gegen 13 Uhr werden wir vom Stellvertreter und seinem Team abgelöst, sie übernehmen die Nachmittagsschicht. Zwischen den zwei Schichten gibt es auch immer einen kleinen ‚Konkurrenzkampf‘. So nach dem Motto: ‚Wir hatten 100 Wähler, das müsst ihr jetzt überbieten‘. Nach Schluss des Wahllokals um 18 Uhr treffen wir uns alle wieder und dann geht es ans Auszählen der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses für unseren Wahlbezirk.


Wie organisieren Sie die Auszählung?

Um 18 Uhr ist das ganze Team vor Ort, die Stimmen zählen wir alle gemeinsam aus. In der Regel ist um 18 Uhr kein Wähler mehr da. Dass die Wahlbeteiligung so hoch war, dass die Leute um 18 Uhr noch anstehen mussten, das habe ich in den ganzen Jahren noch nie erlebt. Bisher konnten wir das Wahllokal immer pünktlich um 18 Uhr schließen.

Kompakt  erklärt

Wahlhelfer und Wahlhelferinnen

Dann bereiten wir erst einmal den Raum vor, wir schieben die Tische zusammen, denn wir brauchen Platz zum Auszählen. Wir kippen die Wahlurnen aus und vergewissern uns, dass diese auch wirklich leer sind. Dann beginnt das Auszählen der Stimmen. Der Schriftführer führt Protokoll, denn alles wird genau dokumentiert.
 

Ist die Auszählung geheim?

Nein, es kann sein, das interessierte Bürger bei der Auszählung anwesend sind. Das habe ich aber relativ selten erlebt. Einmal hatten wir eine Schulklasse, die zugeschaut und uns Fragen gestellt hat.

Wie lange dauert es, bis alle Stimmen ausgezählt sind?

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal dauert es eine halbe Stunde, manchmal auch zwei bis drei Stunden. Ich habe auch schon bis nach Mitternacht gesessen. Mit den Jahren sind wir ein gut eingespieltes Team, aber manchmal rutscht eben doch ein Zettel durch, das ist menschlich und dann müssen wir noch einmal von vorne anfangen. Wichtig ist, dass man ruhig und konzentriert arbeitet. Hektik, um schnellstmöglich nach Hause zu kommen, bringt überhaupt nichts.


Wie geht es weiter, wenn alle Stimmen ausgezählt sind?

Sobald alle Stimmen ausgezählt sind und wir die Niederschrift fertig haben, erfolgt die Schnellmeldung an die Stadtverwaltung.  Das heißt, dass wir bei der Stadtverwaltung in Neuruppin anrufen und unser Ergebnis durchgeben. Danach wird alles ordnungsgemäß verpackt und der Fahrer der Stadtverwaltung verständigt. Der holt dann die Unterlagen ab.

Missing Produkt.


Ist Ihnen ein Ereignis aus den vergangenen Jahren besonders im Gedächtnis geblieben?

Ich kann mich an ein Mal erinnern, da haben wir wirklich bis nach Mitternacht ausgezählt und wir haben den Fehler einfach nicht gefunden. Wir haben uns im Kreis gedreht, das war wirklich sehr heftig. Letztendlich war dann alles in Ordnung, aber es war Wahnsinn. An diesem Abend waren wir wirklich alle am Limit.

Was passiert eigentlich, wenn im Wahllokal Probleme auftreten?

Wenn es wirklich mal Probleme gibt und wir uns nicht einig sind, wie wir damit umgehen sollen, dann können wir jederzeit bei der Wahlorganisation der Stadtverwaltung anrufen und Fragen stellen. Auf keinen Fall sollte man bei einer Unsicherheit einfach so aus dem Bauch heraus entscheiden, sondern lieber noch mal Rücksprache mit der Wahlorganisation halten.


Könnten Sie sich vorstellen, dass Wahl ist und Sie nicht im Wahllokal sitzen?

(Lacht!) Das kann ich mir eigentlich gar nicht mehr vorstellen. Ich glaube, dann würde ich fragen, wie war es? Lief alles gut? Wie war die Stimmung? Vor der Wahl denke ich zwar manchmal ‚Oh Gott, es ist Wahl, wir müssen wieder sitzen‘, aber letztendlich macht es auch Spaß. Ich sehe Menschen wieder, die man sonst nicht so oft sieht. Außerdem kriege ich mit, wer neu dazugekommen ist. Im Wahllokal trifft man sich, macht einen netten Plausch – das ist es, was mir Spaß macht.


Vielen Dank für das Gespräch.

BLPB, August 2017

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