Der Liberalismus veränderte sich in den 1970/80er Jahren rasant und wurde international durch neue Spannungslinien herausgefordert. Neoliberale Ansätze gewannen an Bedeutung, aber auch linksliberale Milieus profilierten sich neu. Liberale Grundideen diffundierten im Zuge der postulierten „Fundamentalliberalisierung“ in die Gesellschaft. Zugleich waren es gerade liberale Innenminister, die zum Schutz der „inneren Sicherheit“ Einschränkungen vornahmen. Dies alles sorgte zwar für eine neuartig starke Präsenz liberaler Vorstellungen in der Öffentlichkeit, Politik und Gesellschaft, doch ebenso verloren die Liberalen und der Liberalismus durch die Fragmentierung an Profil.
Ziel der Tagung ist, diese Veränderungen nicht nur aus der Perspektive der Ideen- und Parteiengeschichte, sondern auch aus der Politik-, Sozial- und Kulturgeschichte des Liberalismus zu untersuchen. Was kann überhaupt unter „Liberalismus“ im späten 20. Jahrhundert gefasst werden? Lässt sich so etwas wie „eine irreduzible liberale Grundausstattung“ (Michael Freeden) erkennen? Dabei rücken neben den intellektuellen Vordenkern auch die gesellschaftlichen Ursachen und die politischen Praktiken in den Vordergrund – etwa die Perzeption von und Reaktionen auf Wirtschaftskrisen und Inflation, der Wandel der politischen Kultur mit der Etablierung der Dienstleistungsgesellschaft und dem Ende des Kalten Kriegs oder auch Formen des liberalen Engagements und Lebensweisen von Liberalen. Inwieweit trug der Umbruch von 1989/90 zur Transformation des Liberalismus, aber auch zur Diffusion (neo-) liberaler Konzepte bei?
Der Schwerpunkt der Tagung liegt auf der bundesdeutschen Entwicklung, diese wird aber mit Seitenblicken auf Transferbeziehungen zu westlichen Nachbarn verbunden.
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