"Eingemauert"

Am 13. Dezember 1961 wurde der West-Berliner Student Manfred Görlach während der Fluchtvorbereitungen für eine Potsdamer Kommilitonin von der Stasi in eine Falle gelockt, festgenommen und zur Vernehmung in das Stasi-Gefängnis nach Potsdam überführt. Dort verbrachte er ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Im März 1962 wurde er wegen „Abwerbung“ zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen er ab Mai 976 Tage in der berüchtigten Haftanstalt Brandenburg-Görden absitzen musste, bevor er im Juli 1964 von der Bundesrepublik freigekauft wurde. Nach Wiedererlangung der Freiheit beendete er sein Studium und begann eine wissenschaftliche Karriere in Heidelberg und Köln. In seinem Vortrag schildert Görlach die Umstände seiner Verhaftung und berichtet über die Erlebnisse während seiner Gefangenschaft im Potsdamer Stasi-Untersuchungsgefängnis und im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Er spricht über die entwürdigenden Haftbedingungen, das Zusammenleben mit Gewaltverbrechern, die beschwerliche Zwangsarbeit und die Möglichkeiten, sich durch Nichtanpassung einen gewissen Freiraum zu verschaffen. 2001 erschien sein Erfahrungsbericht „Eingemauert – Erinnerungen an Potsdam und Brandenburg 1961-1964“, der ein eindringliches Zeitzeugendokument darstellt. Zur Person: Prof. Dr. Manfred Görlach, geb. am 12.7.1937 in Berlin; 1957 Abitur in Bad Harzburg; 1957-61 und 1964-70 Studium der Anglistik/Latein in Berlin, Durham, Heidelberg und Oxford; 1970 Promotion; 1967-84 Assistent und Akademischer Oberrat am Anglistischen Seminar der Universität Heidelberg; 1984-2002 Inhaber des Lehrstuhls für Englische Sprachwissenschaften und Mediävistik an der Universität Köln.