Mal ganz verträumt

Die Halbzeit auf dem Weg zu meiner ersten Wahl habe ich schon längst hinter mir. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass ich das Pferd von hinten aufgezäumt habe. Bevor ich überhaupt ans Wählen denke, sollten da noch ein paar mehr Gedanken vorhanden sein. Was ich damit meine? Nun, auf den Punkt gebracht: Zuerst sollte mensch den eigenen Willen kennen.

Über den wusste ich schon immer recht gut Bescheid. Sogar bevor ich die Wörter „politische Meinungsbildung“ kannte, wusste ich, was ich gern wollte. Denn träumen und wünschen können doch alle, wenn sie gelassen werden.

Und jetzt fordere ich zu einem deutschlandweiten Flashmob auf: Einfach mal spinnen, bitte! Je mehr, desto besser. Je verrückter, desto freier.

Mit zehn Jahren fand ich es unfassbar, dass in den Menschenrechten kein Speiseeis vorkommt. Jeder Mensch auf der Welt hat das Recht, freitags eine Kugel Eis zu bekommen. Vom Staat für den Weltfrieden. Das wäre doch mal Politik nach meinem Geschmack. Nix da mit „gut und schön, aber das ist so ja gar nicht möglich“ oder „wo soll das Geld herkommen“. Erst einmal zu Ende denken, bevor gemeckert wird. Beim Eis wären doch Einwände wie Sortenwahl, Lactoseunverträglichkeit oder andere Vorlieben viel wichtiger - und überzeugender.

Heute bin ich um einiges älter und weniger in Eis vernarrt. Aber das mit der Alltagsutopie hat sich damit nicht erledigt. Da greife ich auch gern den Gedanken von Herrn Punkt auf: Direktabstimmungen bei Diskussionen. Debatten, die wirklich öffentlich, also von der Öffentlichkeit geführt werden.

Ich gehe noch weiter. Die zur Debatte stehenden Entscheidungen werden nicht von Politikern mit abenteuerlichen Lebensläufen vorbereitet, sondern von Experten. Der Berufsverband für Altenpflege ermittelt zusammen mit führenden Ärzten den Bedarf in der Bevölkerung und entwirft Haushaltspläne. Jugendpolitik wird vom Jugendparlament zusammen mit Streetworkern gemacht. Bildungspolitik wird Angelegenheit der Bildungsforschung. Und und und... So ein Träumen hat nichts mit schlafen zu tun, sondern mit wahrer Aufgewecktheit. Denn zuerst muss gedacht werden und dann gemacht.

Hier gilt wie bei so vielen Dingen: Reihenfolge beachten!

Euer Froylein Puze