Der Linkspopulismus ist eine besondere Form des Populismus. Er verwendet Ideen, Sprachregelungen und politische Methoden der politischen Linken. Ziel ist es, weniger privilegierte Bevölkerungsschichten stärker in gesellschaftspolitische Prozesse einzubinden.
Linkspopulismus ist traditionell vor allem in Lateinamerika verbreitet. Doch auch in Europa ist er in einigen Ländern wieder erstarkt. So ist in Spanien seit einigen Jahren die linkspopulistische politische Bewegung "Podemos" aktiv.
Linker Populismus lenkt die Ängste in der Bevölkerung in eine bestimmte Richtung: die Angst vor Arbeitslosigkeit, prekären Beschäftigungsverhältnissen, Altersarmut und nachlassender sozialer Sicherung soll das „Volk“ gegen den oder die „Gegner“ in Stellung bringen. Diese sind, je nach politischer Schattierung: „die Reichen“, die Globalisierung, der Neoliberalismus, die Eliten, Wohnungskonzerne oder Automobilbauer. Linkspopulismus setzt auf eine Feinddefinition, die den Konflikt betont und den Konsens ablehnt.
Weil Populismus in der Öffentlichkeit hauptsächlich als Rechtspopulismus wahrgenommen wird, nicht zuletzt auch durch Wahlerfolge, rückt der Linkspopulismus im Vergleich dazu häufig in den Hintergrund.
Linker Populismus wird teilweise auch unterschätzt, weil Verbrechen vorgeblich linker Politik gegenüber den Verbrechen rechter Populisten als weniger "schlimm" betrachtet werden.
Merkmale
Linkspopulismus ist nicht eindeutig zu definieren. Er zeichnet sich gegenwärtig durch eine Reihe von Merkmalen aus, die im Grunde allen Populismus-Spielarten gemeinsam ist:
- Berufung auf das "Volk"
-
-
Der Linkspopulismus beruft sich auf das „Volk“ als eine besondere Instanz. Dabei wird das Volk je nach Spielart als nationale Körperschaft, soziale Gemeinschaft, Generation oder besondere Interessengruppe konstruiert.
- Alleinvertretungsanspruch für das "Volk"
-
-
Linkspopulistinnen und -populisten behaupten, die Stimme des wie auch immer konstruierten „Volks“ zu sein, im Namen der Ungehörten zu sprechen. Linkspopulismus sät Misstrauen in die repräsentative Demokratie und deren Institutionen und propagiert in diesem Zusammenhang plebiszitäre Entscheidungsverfahren wie Volksabstimmungen.
- Scharfe Gegenüberstellung von "Wir" und das "Andere"
-
-
Der Linkspopulismus zieht eine Trennlinie zwischen den etablierten politischen Kräften und dem eigenen politischen Machtanspruch. Das populistische "Wir" steht dem "Anderen" schroff gegenüber. Das Andere kann das System, die Herrschenden, die Elite, die politische Klasse, die Tatenlosen, die Globalisierung, die Unterdrückung, der Neoliberalismus und mehr sein.
- Propagierung der Alternativlosigkeit
-
-
Der Linkspopulismus stellt das eigene politische Konzept als alternativlos dar. Darum sind Linkspopulisten – wie alle Populisten – auch wenig interessiert am Dialog, am Meinungsstreit, am Diskurs, am Interessenausgleich. Statt Alternativen aufzuzeigen und anzubieten, steht die Behauptung im Raum, selbst die Alternative zu sein. Auch wenn sie dem klassischen Marxismus-Leninismus abgeschworen haben, nehmen Linkspopulistinnen und -populisten für sich in Anspruch, im Besitz der geschichtlichen Wahrheit zu sein und sehen sich als Vollstrecker des Richtigen und Guten.
- Konzentration auf Einzelthemen
-
-
Linskpopulismus geht oft monothematisch vor. Das heißt, es wird ein einzelnes, aktuelles Reizthema herausgegriffen und versucht, damit das "Volk" zu mobilisieren. So versuchte die PDS in den 1990er-Jahren die Benachteiligung der Ostdeutschen politisch auszunutzen. Auch Vorschläge zu Enteignungen und Vergesellschaftungen können in ein linkspopulistisches Muster passen.
- Drang nach charismatischer Führung
-
-
Populisten scharen sich gern um charismatisches Führungspersonal, das ein hohes Sendungsbewusstsein für die eigene Rolle in der Geschichte empfindet: Beispiele für linkspopulistische Persönlichkeiten in der jüngeren deutschen Geschichte sind Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. In Griechenland kann Alexis Tsipras dazu gezählt werden, in Lateinamerika beispielsweise Fidel Castro und Hugo Chavez.
Die gegenwärtig namhafteste Theoretikerin des Linkspopulismus ist die belgische Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe. Sie bezieht sich auf die Hegemonie-Theorie des italienischen Sozialisten Antonio Gramsci. Dessen Theorie hatte schon der deutsche Kommunist Walter Ulbricht und spätere Staatschef der DDR schon 1945 auf eine pragmatische Forderung gebracht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“
Mouffe fordert von der politischen Linken, sich bestimmte Methoden rechter Populisten zum Vorbild zu nehmen. Dazu gehört eine Stärkung der nationalen Handlungsebene. Dies kann sich, wie zum Beispiel in Griechenland unter Alexis Tsipras, in feindlichen Parolen gegen die Europäische Union und Deutschland zeigen.
Links- wie Rechtspopulisten neigen zur Bildung von sogenannten Querfronten aus Rechten und Linken gegen die demokratischen Institutionen. Sie eint die Ablehnung beispielsweise der EU, des „Amerikanismus“ oder der liberalen politischen Ordnung oder des „Westens“ schlechthin.
Linkspopulistische Konzepte sind nicht an bestimmte Parteien und Gruppierungen gebunden. Sie tauchen in Deutschland nicht nur in der Partei Die Linke auf, sondern können auch aus Teilen der SPD herauswachsen oder sich in überparteilichen Bewegungen (zum Beispiel „Aufstehen“, eine Sammelbewegung, die sich „gegen die herrschende Linie bei Grünen, SPD und Linken“ wandte) entwickeln.
Den Linkspopulismus vom Linksextremismus abzugrenzen, ist schwierig. Linkspopulisten nehmen notwendigerweise (im Sinne Chantal Mouffes) extreme, andere ausgrenzende Positionen ein. Allerdings erklären Linkspopulisten, dass sie den Systemwechsel innerhalb und mit den Regeln des demokratischen Verfassungsstaates herbeiführen wollen, während Linksextremisten die staatliche Ordnung oft grundsätzlich ablehnen.
BLPB, Juni 2021
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen