Sie wird in Brandenburg für eine Wahlperiode von fünf Jahren gewählt (§ 27 (2) Kommunalverfassung) und besteht aus Gemeindevertretern/Stadtverordneten und dem Bürgermeister als stimmberechtigtem Mitglied. Sie ist zuständig für alle Angelegenheiten der Gemeinde (soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist). Es gibt in Brandenburg 25 so genannte vorbehaltene Angelegenheiten, die nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen werden dürfen, z.B.:
- Aufstellung und Beschluss der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung (§ 28 Kommunalverfassung)
- Bildung der Ausschüsse, die Feststellung über die Sitzverteilung und Ausschussbesetzung
- Wahl der Beigeordneten
- Bestellung der Vertreter der Gemeinde in wirtschaftlichen Unternehmen und sonstigen Einrichtungen
- Übernahme neuer Aufgaben, für die keine gesetzliche Verpflichtung besteht
Zu den wichtigsten Aufgaben gehört die Kontrolle der Verwaltung (§ 28 Kommunalverfassung)
Unterrichtungspflicht: Die Gemeindevertretung ist vom hauptamtlichen Bürgermeister (oder Amtsdirektor) über alle wesentlichen Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten.
Auskunftspflicht: Der hauptamtliche Bürgermeister (oder Amtsdirektor) und die Beigeordneten sind verpflichtet, jedem Gemeindevertreter auf Verlangen Auskunft zu erteilen oder vor der Gemeindevertretung Stellung zu nehmen.
Akteneinsicht: Jedem Gemeindevertreter ist vom hauptamtlichen Bürgermeister (oder Amtsdirektor) Einsicht in Akten zu gewähren (soweit diese im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Kontrolle von Beschlüssen der Gemeindevertretung oder von Ausschüssen stehen). Unabhängig davon ist auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder der Gemeindevertretung oder einer Fraktion Akteneinsicht zu gewähren. Akteneinsicht darf nur verweigert werden, wenn dem schutzwürdige Belange Betroffener oder Dritter oder ein dringendes öffentliches Interesse entgegenstehen.
Rechte der Gemeindevertreter
(§ 30 Kommunalverfassung)
Freies Mandat: Gemeindevertreter üben ihr Amt nach dem Gesetz und nach ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus. Sie sind an Aufträge nicht gebunden.
Schutzrechte: Gemeindevertreter (sowie sachkundige Einwohner) dürfen an der Übernahme und Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gehindert werden, in ihrem Dienst- oder Arbeitsverhältnis nicht benachteiligt werden, aus diesem aufgrund ihrer Tätigkeit als Gemeindevertreter (oder sachkundiger Einwohner) nicht entlassen oder gekündigt werden, ihnen ist die für ihre Tätigkeit erforderliche freie Zeit zu gewähren.
Vorschlagsrecht: Gemeindevertreter haben das Recht, Vorschläge einzubringen, Anträge zu stellen und zu begründen.
Teilnahmerecht: Gemeindevertreter haben das Recht an nichtöffentlichen Sitzungen der Ausschüsse, in denen er nicht vertreten ist, ohne Stimmrecht teilzunehmen.
Recht auf Entschädigung: Gemeindevertreter (und sachkundige Einwohner) haben Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen und ihres Verdienstausfalls und können eine Aufwandsentschädigung erhalten. Zusätzliche Aufwandsentschädigung können der ehrenamtliche Bürgermeister, der Vorsitzende der Gemeindevertretung und ihre Vertreter sowie die Vorsitzenden von Fraktionen erhalten.
In den kommunalen Vertretungen verfügen bereits die einzelnen Mitglieder über umfangreiche Rechte. Um voll arbeitsfähig zu sein, ist jedoch bisher eine Mitgliedschaft in einer Fraktion erforderlich. So werden u.a. die Sitze in den Ausschüssen und deren Vorsitze nach Fraktionsstärke verteilt. Nach einem ungeschriebenen Gesetz steht der stärksten Fraktion die Position des Vorsitzenden der Vertretung zu. Aus diesen Gründen empfiehlt es sich auch für parteilose Mitglieder der Vertretungen sich entweder bestehenden Fraktionen anzuschließen oder mit anderen partei- bzw. fraktionslosen Abgeordneten eine eigenständige Fraktion zu bilden. Der hauptamtliche Bürgermeister darf nicht Mitglied einer Fraktion sein (Überparteilichkeit und sachorientierte Entscheidungsfindung gewährleisten).
Pflichten der Gemeindevertreter
(§ 31 Kommunalverfassung)
Mitwirkungspflicht: Gemeindevertreter haben die ihnen aus der Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung erwachsenen Pflichten zu erfüllen - Teilnahme an deren Sitzungen und der Sitzungen der Ausschüsse, denen sie angehören.
Offenbarungspflicht: Die Gemeindevertreter oder Mitglieder eines Ausschusses haben eine Offenbarungspflicht über Ausschließungsgründe (bei Gemeindevertretern gegenüber dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung, bei Ausschussmitgliedern gegenüber dem Ausschussvorsitzenden jeweils vor Eintritt in die Verhandlung).
Mitteilungspflicht: Gemeindevertreter (und sachkundige Einwohner) haben dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung ihren Beruf sowie andere vergütete oder ehrenamtliche Tätigkeiten mitzuteilen.
Haftung der Gemeindevertreter: Erleidet die Gemeinde infolge eines Beschlusses der Gemeindevertretung einen Schaden, so haften die Gemeindevertreter, wenn sie vorsätzlich ihre Pflicht verletzt haben oder gegen ein Mitwirkungsverbot verstoßen haben.
Treuepflicht: Gemeindevertreter sind verpflichtet, in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien Überzeugung zu handeln.
Organisation der Gemeindevertretung
Fraktionen (§ 32 Kommunalverfassung)
Gewählte Gemeindevertreter bilden Fraktionen. Diese wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Gemeindevertretung mit.
Vorsitz in der Gemeindevertretung (§ 33 Kommunalverfassung)
Der ehrenamtliche Bürgermeister ist Vorsitzender der Gemeindevertretung. In amtsfreien Gemeinden und kreisfreien Städten wählt die Gemeindevertretung aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden.
Einberufung der Gemeindevertretung (§ 34 Kommunalverfassung)
zur ersten Sitzung durch den Bürgermeister, ansonsten durch deren Vorsitzenden. Die Gemeindevertretung tagt so oft es die Geschäftslage erfordert, mindestens alle drei Monate. Die Gemeindevertretung ist auf Verlangen eines Fünftels der gesetzlichen Zahl der Mitglieder der Gemeindevertretung oder des hauptamtlichen Bürgermeisters, des Amtsdirektors oder des Landrats unverzüglich einzuberufen.
Ausschüsse
(§ 43 Kommunalverfassung)
Die Gemeindevertretung kann neben dem in der Gemeindeordnung vorgeschriebenen Pflichtausschüssen (Hauptausschuss, Rechnungsprüfungsausschuss) zur Vorbereitung ihrer Beschlüsse und zur Kontrolle der Verwaltung aus ihrer Mitte ständige oder zeitweilige Ausschüsse bilden, die ihr Empfehlungen geben. Sie kann diese jederzeit wieder auflösen.
Die Gemeindevertretung kann Einwohner (jedoch nicht Bedienstete der Gemeinde oder des Amtes) als sachkundige Einwohner zu beratenden Mitgliedern ihrer Ausschüsse berufen.
Beispiel: Stadt Luckenwalde (22.000 Einwohner), Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung
- Hauptausschuss
- Wirtschaftsausschuss
- Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt
- Ausschuss für Gesundheit, Soziales und öffentliche Ordnung
- Finanzausschuss
- Rechnungsprüfungsausschuss
- Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport
Hauptausschuss (§§ 49 - 50 Kommunalverfassung)
In amtsfreien Gemeinden ist ein Hauptausschuss zu bilden, andere Gemeinden können in ihrer Hauptsatzung bestimmen, einen solchen Ausschuss zu bilden. Besteht kein Hauptausschuss, so nimmt die Gemeindevertretung dessen Aufgaben wahr.
Der Hauptausschuss besteht aus von der Gemeindevertretung bestimmten Mitgliedern und dem Bürgermeister, Amtsdirektor und Beigeordneten können an seinen Sitzungen mit beratender Stimme teilnehmen.
Zuständigkeiten:
- Koordinierung der Arbeiten aller Ausschüsse
- Entscheidung über die Planung der Verwaltungsaufgaben von besonderer Bedeutung
- Vorbereitung der Beschlüsse der Gemeindevertretung (wenn in der Hauptsatzung so festgelegt)
- Beschlussfassung über diejenigen Angelegenheiten, die nicht der Beschlussfassung der Gemeindevertretung bedürfen und die nicht nach § 54 Kommunalverfassung dem hauptamtlichen Bürgermeister oder dem Amtsdirektor obliegen
Der Hauptausschuss kann seine Zuständigkeit in Einzelfällen oder für Gruppen von Angelegenheiten auf den hauptamtlichen Bürgermeister (oder Amtsdirektor und Landrat) übertragen.
Gemeindevertretung - Parlament oder Verwaltungsorgan?
Gleiche Merkmale | Unterschiede |
Wahlverfahren (gleich, frei, geheim) Kontrollrecht gegenüber der Verwaltung Freies Mandat in örtlichen Angelegenheiten Anspruch auf Aufwandsentschädigung | Unvereinbarkeit von Amt und Mandat Staatliche Kommunalaufsicht über die Entscheidungen der GV keine Immunität der gewählten Vertreter |
Die Gemeindevertretung ist das oberste Organ der kommunalen Selbstverwaltung, sie beschließt die Angelegenheiten, die die Verwaltung umsetzt. Sie ist von den Bürgern gewählt, gleichwohl unterscheidet sie sich von einem Parlament. |
Kommunale Entscheidungsprozesse
Wie läuft eine typische Entscheidung in der Kommunalpolitik ab?
Ein Antrag kann sowohl aus den Reihen den Gemeindevertreter als auch – über den Bürgermeister – aus der Verwaltung kommen. In der Regel wird das zuständige Fachamt/der Fachbereich prüfen, ob eine Entscheidung durch die Gemeindevertretung möglich ist und auf die Kosten der Entscheidung hinweisen. Dann wird dieser Antrag den Fraktionen übergeben, die ihn in den jeweiligen Fachausschuss überweisen. Nach der Stellungnahme der Fachausschüsse bildet sich auch der Hauptausschuss – als der wichtigste Ausschuss – eine Meinung:
Das letzte Wort hat allerdings die Gemeindevertretung / Stadtverordnetenversammlung, die über den Antrag abstimmt und ihn dann zur Ausführung an die Verwaltung überweist. Sie kontrolliert dann die Ausführung. Während des gesamten Prozesses hat die Öffentlichkeit Einflussmöglichkeiten auf den Entscheidungsprozess, z.B. über die lokale Presse oder über die sachkundigen Einwohner in den Ausschüssen.
Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung
Klare Grenzen? Zum Verhältnis von Gemeindevertretung und Gemeindeverwaltung
Die Gemeindevertretung ist vom Volk gewählt und damit der „Souverän“ in der Kommunalpolitik. Ihr obliegt es, Prioritäten in der Politik zu setzen, Entscheidungen zu treffen und von der Verwaltung zu fordern, diese umzusetzen. Diese Entscheidungen können Richtlinien sein, an denen sich die Verwaltung bei ihrer Arbeit zu orientieren hat oder auch Satzungen – also Gesetze auf kommunaler Ebene.
Die Gemeindeverwaltung – vertreten durch den Bürgermeister – muss diese Beschlüsse umsetzen und sich an den Willen der Politik halten. Da die Politiker auf kommunaler Ebene ehrenamtlich tätig sind, kommt es der Verwaltung auch zu, einzelne Beschlüsse vorzubereiten, d.h. Spezialwissen aufzubereiten und Alternativvorschläge zu erarbeiten. Außerdem vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen, also zum Beispiel im Rechtsstreit vor Gericht oder zu repräsentativen Zwecken.
eigene Darstellung in Anlehnung an Gisevius, Wolfgang, Leitfaden durch die Kommunalpolitik, Berlin; Dietz Nachf. 1999
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