Das Projekt befasst sich mit den Herausforderungen des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion im Land Brandenburg. Welche Herausforderungen, welche Chancen bringen die bestehenden und neu entstehenden interkulturellen Nachbarschaften?
Kunst dient hier als Türöffner für Wohn- und Denkräume: Ein kleiner temporärer Wohnraum wird im öffentlichen Aussenraum installiert und bietet über einen kurzen Zeitraum die Möglichkeit, sich auf kreative Weise mit dem Thema Leben mit Flüchtlingen Tür an Tür auseinanderzusetzen. Auf einer im Raum installierten alten elektrischen Schreibmaschine kann man bei einer Tasse Kaffee seine Meinungen und Gedanken zu Papier bringen.
Parallel dazu wird die Möglichkeit geboten, sich an ausgesuchten Orten von Kathrin Ollroge direkt im Anschluss oder nach Terminvereinbarung fotografisch portraitieren zu lassen. Zur Wahrung der Anonymität werden die Statements nicht den einzelnen Portraits gegenüber gestellt, sondern als Gedankensammlung zusammen gefasst. Die entstandenen Bild- und Textmaterialien werden zum Ende des Jahres an den jeweiligen Entstehungsorten ausgestellt und für eine spätere Publikation aufbereitet.
Der Schulplatz in Neuruppin ist die erste Station dieser mobilen Wohnrauminszenierung im öffentlichen Raum, die anschließend über Lentzke/Fehrbellin in weitere Orte durch das Land Brandenburg reist, um Bilder und Gedankenblätter aus der Bevölkerung zusammenzutragen.
Die Förderung des Projektes „Raum für Gedanken“ erfolgt im Rahmen des Lokalen Aktionsplan Ostprignitz-Ruppin durch das Bundesprogramm TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN sowie die Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung.
Konzept: Kathrin Ollroge in Trägerschaft des „Potsdamer Kunstgenossen“ e.V.
2018 erhielt Kathrin Ollroge für ihr Engagement mit dem "Raum für Gedanken" das Bundesverdienstkreuz. Aus diesem Projekt entwickelte sie die Idee für ein weiteres Vorhaben, den "Gedanken-Koffer".
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KommentierenWenn plötzlich Flüchtlinge in der Nachbarschaft leben
Was denken die Menschen, wenn Flüchtlinge plötzlich zu Nachbarn werden? Die Fotokünstlerin Kathrin Ollroge baut einen „Raum für Gedanken“ auf und sammelt Eindrücke.
Auszüge aus dem Interview mit Kathrin Ollroge und Anne Lena Mösken in der Berliner Zeitung:
Gerade beim Thema Flüchtlinge gibt es viel Unwissenheit, aus der sich Vorurteile und Ressentiments speisen. Müsste man nicht eher aufklären als diesen Gehör zu verschaffen?
Meine Aufgabe ist es zuzuhören. Gerade in den Dörfern ist die Berührung mit anderen Kulturen oft eine neue Erfahrung. Da fühlen sich die Menschen alleingelassen. Sie werden viel zu wenig gehört. Es gibt zwar Bürgerversammlungen, da wird ihnen aber meistens nur erzählt, wie viele Flüchtlinge wann ankommen. Ich habe selbst in Potsdam eine besucht und gesehen, wie überfordert die Kommunen sind. Sie können es gar nicht leisten, auf jeden einzelnen einzugehen. Und der Gesprächsbedarf ist hoch. Bei mir können sich die Menschen ihre Gedanken von der Seele reden.
Was erzählen Ihnen die Menschen?
Sie sind zunächst oft aufgebracht, weil der Frust tief sitzt. Das hat meist gar nichts mit den Flüchtlingen zu tun, wird aber auf sie abgewälzt, etwa weil die eigene soziale Situation schwierig ist und die Angst groß, dass man abgeben muss von dem Wenigen, das man hat. [...]
Welche Aussagen haben Sie überrascht?
Die Angst einiger älterer Menschen vor dunkler Hautfarbe. Es gab aber auch immer wieder großes Mitleid, gerade von denen, die zur Kriegsgeneration gehören. Die erinnern sich an ihre eigene Flucht. Das Problem ist: Das Bild des Flüchtlings ist heute ein anderes als damals: Viele tragen moderne Kleidung, besitzen ein Mobiltelefon. Das verstehen die Menschen nicht. [...]
zum vollständigen Interview in der Berliner Zeitung vom 14.12.2014
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