Anlässlich 30+ Jahren politischer Bildung in Brandenburg haben wir mit Ilona Tkocz, Bildungsreferentin im Schloß Trebnitz Bildungs- und Begegnungszentrum e. V. gesprochen, vor welchen Herausforderungen sie steht und welche Wünsche sie für die Zukunft hat.
In 3 Worten: Was ist politische Bildung in Brandenburg für Sie?
Politische Bildung in Brandenburg ist für mich aufregend und aktuell, weil immer am Puls der Zeit. Das heißt, sie ist wirklich bedarfsorientiert und nah an der Praxis und der Lebenswirklichkeit der Menschen, die in Brandenburg leben.
Aber politische Bildung ist für mich auch immer ein Prüfstand gelebter Demokratie, das heißt wirklich der Lackmustest gelebter Demokratie.
Was war Ihr bislang prägendstes Erlebnis?
Die prägendsten Erlebnisse in meiner Arbeit sind zum einen die Selbstwirksamkeitserfahrungen, die die Teilnehmenden in Bildungsformaten machen und die man miterleben darf. Das heißt, wenn Teilnehmende sich zum Beispiel auf politische Diskussionen in Seminaren vorbereiten und dann wirklich selbstbewusst auftreten und auf Augenhöhe diskutieren können, das ist natürlich toll, das miterleben zu dürfen.
Prägend für meine Arbeit ist aber sicherlich auch die Evaluationskultur hier vor Ort bei uns in der Bildungsstätte, wo nach jedem Format ehrliche Manöverkritik geübt wird, wo Teamerlebnisse gefeiert werden, aber auch durchaus Verbesserungsvorschläge und Änderungen offen diskutiert werden.
Das ist anstrengend. Aber oft entstehen in den intensivsten Diskussionen auch die innovativsten Ideen.
Und die dritte Komponente, die meine Arbeit stark prägt, das ist tatsächlich die Zusammenarbeit mit den Förderern. Also, wenn man merkt, es geht nicht nur darum, einen guten Sachbericht zu schreiben und eine korrekte Abrechnung zu machen, sondern dass ein echtes Interesse besteht an einer Diskussion über Inhalte, über mögliche Formate, dann prägt das meine Arbeit auch, denn ich weiß, es geht darum, gemeinsam politische Bildung zu gestalten und etwas zu bewegen.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung für die politische Bildung in Brandenburg steht für mich im Zusammenhang mit den Vereinfachungen vielschichtiger Sachverhalte, die ja sehr präsent sind und zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Diesem Prozess etwas entgegenzusetzen, halte ich für sehr wichtig. In diesem Zusammenhang sehe ich die Demokratiebildung als sehr wichtig an.
Es ist aber so, dass politisches Wissen und demokratisches Handeln zu stärken, eine differenzierte Auseinandersetzung erfordert. Und das erfordert Zeit.
Insofern besteht eine sehr große Herausforderung darin, Menschen zu motivieren, sich Zeit zu nehmen für politische Bildung. Das heißt, es ist an uns politischen Bildnern und Bildnerinnen, Angebote zu schaffen, die attraktiv sind, die einen konkreten Mehrwert auch für die Teilnehmenden in sich tragen, sodass Menschen motiviert sind, diese Angebote wahrzunehmen und sich die Zeit dafür zu nehmen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Für die Zukunft wünsche ich mir Fortschritte in der Beteiligungskultur.
Politische Bildung funktioniert nicht in einem luftleeren Raum, sondern immer in einem komplementären System. Das heißt, Politik und Verwaltung müssen Gestaltungsräume schaffen für glaubwürdige Partizipationsmöglichkeiten, damit der Mehrwert aus politischer Bildung sich tatsächlich entfalten und Zivilgesellschaft mitgestalten und auch mitbestimmen kann.
Ilona Tkocz ist Bildungsreferentin im Schloß Trebnitz Bildungs- und Begegnungszentrum e. V. und Leiterin der Akademie der Dorfhelden.
2021 haben wir mit ihr über Bürgerbeteiligung im ländlichen Raum gesprochen.
BLPB, April 2022
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