Seit 25 Jahren gibt es die DDR nicht mehr und jeder zweite Deutsche hat genug von DDR-Geschichte. Die politische Debatte zum Thema bleibt indessen streitbar und junge Menschen, vor allem die 14- bis 29-Jährigen, wollen mehr erfahren.
Ja, was denn sonst!, rief der Journalist Werner Sonne 2014 entrüstet aus. Natürlich sei die DDR ein Unrechtsstaat gewesen. Mit dieser Meinung steht Sonne nicht allein. Immer wieder flammt die politische Debatte darüber auf, quer durch die Parteien. Schon allein der Aufbau von Mauer und Stacheldraht genüge als Beweis für den Unrechtsstaat.
Eben das sieht Ernst-Wolfgang Böckenförde anders. Die pauschale Verurteilung der DDR als Unrechtsstaat sei "eine Verzerrung der Wirklichkeit in politischer Absicht.", so der wohl namhafteste deutsche Jurist.
Auch die DDR hat nicht darauf verzichtet, in vielen Bereichen in der Weise des Rechts zu handeln und für ihre Bürger und Bürgerinnen Gerechtigkeit anzustreben. Entsprechend haben die ostdeutschen Bürger und Bürgerinnen in vielen Bereichen ein Leben in rechtlich-ethischer Normalität geführt, in Achtung und Befolgung bestehenden Rechts und getragen von einem darauf bezogenen Ethos. Dies gehört ebenso zur Wirklichkeit der DDR wie das vielfache Unrecht, die vielfache Ungerechtigkeit."
Bockenförde trifft damit das Gefühl vieler Ostdeutscher, die sich in der Debatte über die DDR nicht wiederfinden. 59 Prozent der Ostdeutschen meinen, die Aufarbeitung der Geschichte habe zu wenig mit der damaligen Welt der Menschen in der DDR zu tun.*
Dies ist sicher ein Grund für eine bestimmte Nostalgie, mit der zuweilen in den neuen Bundesländern auf die DDR zurück geschaut wird. Von Zusammengehörigkeitsgefühl ist dann oft die Rede. Es bedeutet aber nicht, dass staatliches Unrecht nicht auch als solches gewertet wird. So erkennt die übergroße Mehrheit der Deutschen in den (unrechtmäßigen) Bestrebungen der SED-Führung, die massenhafte Flucht in den Westen zu unterbinden, das wichtigste Motiv für den Mauerbau.*
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Eine Geschichte aus der Friedlichen Revolution
Jüngere Menschen wissen deutlich weniger über die DDR. Nur jeder Dritte unter 30 Jahren kann den Mauerbau zum Beispiel eindeutig zuordnen. Gerade diese Altersgruppe will aber mehr wissen. Um so wichtiger erscheint ein Generationendialog darüber, was die DDR für ein Staat war. Einen Konflikt, wie es ihn in den 1960er Jahren in der alten Bundesrepublik zur NS-Vergangenheit gab, wird es allem Anschein nach nicht mehr geben. Doch können alte Fragen immer wieder neu gestellt werden.
NEL, der Karikaturist, aus dessen Feder die Zeichnung am Anfang dieser Seite stammt, hat es treffend zusammengefasst. Die Antwort des Großvaters lässt viel Raum für eigene Betrachtungen. Bananenrepublik ist ein schönes Wort, es ist aber nichts Schönes damit gemeint. Es wird abwertend gebraucht für Staaten, in denen es kein Rechtssystem gibt oder in denen es durch Korruption und Willkür praktisch nicht funktioniert. Die DDR war ein Unrechtsstaat, behauptet dann auch fragend der Enkel.
Andererseits, Bananen gab es in der DDR so gut wie nie. Die Banane wurde geradezu zum Symbol für die Mangelwirtschaft in der DDR. Dann hat er also Recht, der Opa? Die DDR war alles. Alles, außer einer Bananenrepublik.
BLPB, August 2015
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