Spezifisch für Brandenburg sind die sehr großen Unterschiede hinsichtlich Wirtschaftskraft und sozialer Lage zwischen dem „Speckgürtel“ um Berlin und der Peripherie.
Wie arbeiten wir?
Heute arbeiten in Brandenburg knapp drei Viertel der Erwerbstätigen im Dienstleistungsbereich und nur noch 22 Prozent in der Produktion. Dieser Wandel betrifft ganz Europa. Manche Branchen sind durch die Globalisierung in andere Erdteile gewandert oder brauchen in der Fertigung nur noch wenige Mitarbeitende, weil vieles von Maschinen übernommen wird.
Brandenburg wird seit Jahrhunderten von der Landwirtschaft geprägt. In der DDR arbeiteten hier wie auch in der Lebensmittelverarbeitung überdurchschnittlich viele Menschen. Weil aus politischen Gründen große landwirtschaftliche Flächen in der DDR für eine gemeinsame Bewirtschaftung zusammengelegt wurden, konnten sie nach 1990 mit modernen Maschinen bewirtschaftet werden. Heute wird knapp die Hälfte der Fläche des Landes landwirtschaftlich genutzt. Es arbeiten aber nur noch circa drei Prozent der brandenburgischen Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Wie abhängig diese Branche von ausländischen Saisonarbeitskräften ist, hat sich gezeigt, als diese wegen der Corona-Pandemie nicht einreisen konnten.
In Führungspositionen sieht man Brandenburgerinnen und Brandenburger selten. Nur 1,7 Prozent der Spitzenpositionen auf Bundesebene sind von Ostdeutschen besetzt, obwohl sie 17 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Selbst in den neuen Bundesländern, wo 87 Prozent der Bevölkerung ostdeutsch sozialisiert sind, kommt nur jede fünfte Führungskraft auch von dort.
Die Corona-Pandemie bedeutet für viele Branchen einen tiefen Einschnitt in ihre Arbeitsweisen und ihr Geschäftsmodell. Mit Homeoffice, Onlineverkauf und Lieferdiensten versuchten auch kleine und mittlere Unternehmen sich anzupassen. Was davon auch in Zukunft Teil der märkischen Arbeitswelt sein wird, bleibt abzuwarten.
Plötzlich arbeitslos
Arbeitslosigkeit gab es in DDR offiziell nicht. Arbeit war als Beitrag zum Sozialismus zentral für die Gesellschaft. Fast alle Industriebetriebe in der DDR waren „Volkseigene Betriebe“ (VEB). 1990 gingen sie und damit die Hälfte aller Beschäftigen der DDR in die Hände der Treuhandanstalt über. Sie hatte die Aufgabe, das Volkseigentum entweder an private Eigentümer zu verkaufen oder die Betriebe zu schließen. Die Treuhand schloss fast jeden dritten.
Weitere gaben die neuen Eigentümer nach 1994 auf, weil sie nicht konkurrenzfähig waren oder andere Unternehmensstandorte erhalten werden sollten. Mit den Arbeitsplätzen verschwanden auch die staatlich organisierten Freizeitangebote wie Betriebssport- oder Volkskunstgruppen.
Die andere Hälfte der Erwerbstätigen arbeitete zu DDR-Zeiten in der Regierung, Verwaltung, Forschung und Bildung. Sie waren selbstständig oder Mitglied in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Im öffentlichen Dienst konnte nur bleiben, wer nicht für das Ministerium für Staatssicherheit als offizieller oder inoffizieller Mitarbeiter gearbeitet hatte. Während Naturwissenschaftler ihre Positionen an den Hochschulen meist behalten konnten, mussten Geistes- und Sozialwissenschaftler wegen der inhaltlichen Nähe zum Sozialismus gehen.
Bis 1993 hatte die Arbeitslosigkeit in Brandenburg eine Quote von 18 Prozent erreicht, also fast jeder fünfte Brandenburger war arbeitslos. Frauen über 50 und Männer über 55 schieden 1990 aus dem Arbeitsleben aus und gingen in den Vorruhestand. Um Arbeit zu finden, zogen viele junge Menschen in andere Bundesländer oder ins Ausland. Diese Generation fehlt Brandenburg bis heute.
Arbeit heute und in Zukunft
Die Herausforderungen für die Arbeitswelt in Brandenburg sind heute vielfältig: Digitalisierung, attraktive Jobs, Bildung und der Ausbau einer vielfältigen Unternehmenslandschaft sind einige Beispiele dafür. Auch auf das erste Unternehmen im Deutschen Aktienindex (DAX) wartet Brandenburg noch.
Durch die fortschreitende Digitalisierung können mehr Menschen ortsunabhängig arbeiten. Das Leben auf dem Brandenburger Land wird dadurch attraktiver. Überall in Brandenburg entstanden in den letzten Jahren Co-Working-Spaces, also Orte, wo man einen Schreibtisch mit schnellem Internet gegen Gebühr nutzen kann. Sie bieten Selbstständigen, Kunstschaffenden und digital Arbeitenden einen Anlaufpunkt. Die meisten dieser Projekte werden von Vereinen oder Genossenschaften getragen, die sich in den Orten einbringen, (wieder) einen Gemeinschaftsort schaffen wollen und zum Beispiel das Dorffest ausrichten.
Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus? Die Landeshauptstadt Potsdam
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Auch wenn die Digitalisierung helfen kann, Herausforderungen wie die medizinische Versorgung Älterer zu meistern, braucht es für viele Lebensbereiche gut ausgebildete Menschen vor Ort. Zum Beispiel in der Verwaltung um EU-Fördergelder für den Breitbandausbau zu beantragen, im Baugewerbe um Radwege zu bauen oder im Handwerk. Dort verabschiedet in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein Viertel der Brandenburger Betriebe seinen Chef oder seine Chefin in den Ruhestand und sucht einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin.
Wirtschaft und Tourismus
Die wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen waren von einer Reihe negativer Faktoren bestimmt. Veraltete Produktionskapazitäten, niedrige Arbeitsproduktivität und Strukturdefizite trafen besonders jene Regionen, in denen arbeitsintensive Wirtschaftszweige vorherrschten: der Kohlebergbau, der noch 1991 mehr als ein Viertel der gesamten nicht-landschaftlichen Produktion ausmachte, und vor allem die Landwirtschaft. Die Umstellung von Plan- auf Marktwirtschaft wurde zusätzlich erschwert, weil sie mit globalen Strukturveränderungen und dem Ausfall traditioneller Wirtschaftsbeziehungen zu Osteuropa zusammenfiel. Schwach entwickelt war die Schwerindustrie.
Was lange Zeit als nachteilig erschien, erwies sich aktuell als vorteilhaft. Weil die Brandenburger Wirtschaft weniger exportorientiert und von mittelständischen Unternehmen geprägt ist, ist sie gegenüber internationalen Konjunkturschwankungen weniger anfällig.
Spezifisch für Brandenburg sind die sehr großen Unterschiede hinsichtlich Wirtschaftskraft und sozialer Lage zwischen dem „Speckgürtel“ um Berlin und der Peripherie. In einem aktuellen Vergleich der Wirtschaftskraft aller deutschen Kreise und Kreisfreien Städte rangieren sieben Berlin-ferne Brandenburger Kreise unter den letzten 25. Die Landesregierung stellte sich auf all diese Gegebenheiten ein. Ihre Wirtschaftspolitik galt sowohl der Erhaltung industrieller Kerne als auch der Unterstützung von Neugründungen. Der „Brandenburger Weg“ in der Landwirtschaft ließ den Bauern die freie Entscheidung darüber, ob sie in den aus LPG hervorgegangenen Großbetrieben weiterarbeiten wollten.
Wirtschaftliche Förderung erfuhren später insbesondere jene Regionen, in denen Investitionen effektiv erschienen. Diese Förderkonzentration hat zur Folge, dass sich unter den zehn deutschen Regionen mit den stärksten Zuwanderungsgewinnen vier Brandenburger Kreise befinden, die allesamt an Berlin grenzen. Andererseits sind Regionen abseits der Bundeshauptstadt von erheblichen Bevölkerungsverlusten betroffen; viele Schulen mussten bereits geschlossen werden.
„Neue Perspektiven entdecken“ lautet die Devise, mit der die Landesregierung seit langem den wirtschaftlichen Herausforderungen begegnet. Zwar hat sich bei einigen der neuen Ideen nicht der erhoffte Erfolg eingestellt: dazu gehörten z. B. eine Chip-Fabrik in Frankfurt/Oder oder der inzwischen zum „Tropical Island“ umfunktionierte „Cargo-Lifter“. Andere zukunftsorientierte Branchen hingegen werden kontinuierlich ausgebaut. Dazu gehören die Biotechnologie oder erneuerbare Energie. In der Lieberoser Heide entsteht das derzeit größte Solarkraftwerk Europas.
Als Wirtschaftszweig gewinnt auch der Fremdenverkehr an Bedeutung. Brandenburg favorisiert einen naturverbundenen Tourismus. Wirtschaftliche Entwicklungen stehen in Brandenburg unter dem von der Landesverfassung gebotenem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Schon ein Jahrzehnt nach der Bildung des Landes gehörte fast ein Drittel seines Territoriums zu Landschaftsschutz- und etwa 5 % zu Naturschutzgebieten. Mit dem grenzüberschreitenden Nationalpark Unteres Odertal, dem Spreewald oder dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin brachte Brandenburg wertvolles Gut in das vereinte Deutschland ein.
BLPB, September 2020
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Kommentare
KommentierenJa, es stimmt. Das Reiseland
Ja, es stimmt.
Das Reiseland Brandenburg nimmt an Attraktivität zu. Durch seine wunderbare Landschaft.
Doch die Mentalität der Brandenburger ist manchmal schon peinlich. Kaum ein "Guten Tag" oder etwa ein Lächeln.
Man fühlt sich als Besucher ganz und gar nicht willkommen sondern eher als Eindringling. Und am schlimmsten ist es eben im Tourismus. Für schlechtes Essen und miese Unterkünfte wenig Geld zu verlangen ist dann auch keine Entschädigung. Nach dem Motto "kost ja nix". Eine Unterkunft für 30,00€ die Nacht, erinnert mich eher an Campingurlaub mit DDR Charme. Und das wollen die meisten Touristen nicht mehr haben.
Gott sei Dank gibt Ausnahmen so zum Beispiel das Café am Weinberg Templin. Tolle kleine Küche, super Weine und gute Servicequalität. Und was meint der hämische Uckermärker? "Na die machen es nicht lange".
Ebenso das Hotel am Döllnsee oder als Ferienhaus das alte Fortshaus am Lübbesse (www.ferienhaus-direkt-am-see.com), sind leider zu wenige gute Beispiele für Gastfreundschaft.
Liebe Uckermärker, heißt Eure Gäste willkommen mit allen Mittel, sonst wird der Tourismus sich nicht weiterentwickeln
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